Das Fitnesscenter an der Zürcher Schanzengasse ist eines der spartanischen Sorte. Nackte Betonwände, dunkelgrauer Hartboden, stählerne Lüftungsrohre vermitteln den martialischen Rocky-Groove ebenso wie der Name: Balboa Bar & Gym. An den Wänden stapeln sich Gewichte und Kugelhanteln, schmucklose Neonröhren müssen das spärliche Tageslicht der Deckenluken ergänzen. Dreimal die Woche kommt Lars Förberg hierher ins Bankenviertel, häufig auf seinem Fahrrad, Modell «Bad Boy», und spult sein Programm ab: Medizinbälle stemmen, Klimmzüge, Liegestütze, Sprints, Ausfallschritte mit Hanteln.

35 Minuten geht das Crossfit-Training jeweils, plus Aufwärmen und Dehnen. «Das scheint wenig, aber es ist extrem schweisstreibend», sagt Lars Förberg.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Mit seiner schmächtigen Statur, den verschmitzten Augen, der leisen Stimme und seiner ausgesuchten Höflichkeit macht Förberg äusserlich überhaupt nicht den Eindruck, als wären Sylvester Stallone und Bad Boy passende Attribute für ihn. Und dennoch haben Konzernchefs in ganz Europa Angst vor dem 53-jährigen Schweden: Förberg ist Co-Gründer und -Chef von Cevian Capital Partners, dem grössten aktivistischen Investor des Kontinents.

Grosserfolge in der Schweiz

Mit rund 13,5 Milliarden Euro ist Cevian derzeit an elf Grosskonzernen beteiligt – und treibt sie vor sich her. In den letzten Wochen konnte Förberg allein in der Schweiz zwei Grosserfolge erzielen: Nach einem Interview in BILANZ musste der von ihm hart kritisierte Panalpina-Präsident Peter Ulber den Rücktritt ankündigen. Und als Verwaltungsrat von ABB setzte Förberg durch, dass der Industriekonzern seine historische Keimzelle Stromnetze an Hitachi verkauft, die mit zehn Milliarden Dollar Umsatz und 36 000 Mitarbeitern ein Viertel des Konzerns ausmacht. Es ist ein wichtiger Punktsieg für Förberg: Konzernchef Ulrich Spiesshofer hatte den Schritt jahrelang abgelehnt. Ein noch bedeutenderer Punktsieg freilich ist die Tatsache, dass Spiesshofer gleichzeitig die Matrixstruktur abschaffen will – jene Organisationsform also, die den Konzern seit der Fusion von Asea und BBC zu ABB im Jahr 1988 prägt. Doch die Matrix passt nicht mehr in die heutige Zeit, in der die Anforderungen an Flexibilität und Geschwindigkeit unendlich viel höher sind als vor 30 Jahren.

Lars Foerberg Cevian Capital

Vorbereitet: Förberg setzt auf tiefgehende eigene Analysen. «Quartalsberichte interessieren mich gar nicht.»

Quelle: Anne Gabriel-Jürgens für BILANZ

Nun werden also die Länderorganisationen im Konzern aufgelöst, die vier Sparten übernehmen die alleinige Geschäftsführung in den Märkten. Die Länderchefs sollen nach erfolgtem Umbau lokale Einheiten leiten, für die drei Regionenleiter in der Konzernleitung wird man eine neue Verwendung finden müssen. «Es ist zu komplex, wir müssen Schnittstellen eliminieren», gibt Spiesshofer zu. Auch darauf – es ist der grösste Umbau der Konzerngeschichte – hatte Cevian seit langem gedrängt. «Die Beseitigung der Matrix vereinfacht die Prozesse, darauf folgen fast automatisch die Verbesserungen», kommentiert Förberg den Schritt: «Dieses Rezept hat bei unseren Beteiligungen Volvo und Danske Bank bereits bestens funktioniert.»

Schicksalstag 11. September 2001

Sein ganzes Berufsleben hat Förberg nichts anderes gemacht, als in Firmen zu investieren und sie profitabler zu machen. Nach dem Studium in Stockholm und einem MBA in Michigan (ermöglicht durch ein Stipendium der Stiftung der Familie Wallenberg, des grössten ABB-Aktionärs) begann er 1990 bei Nordic Capital, einer der ersten Private-Equity-Gesellschaften in Europa. Dort lernte er seinen heutigen Mitstreiter Christer Gardell kennen.

1996 wechselten beide zur börsenkotierten Beteiligungsgesellschaft Custos, Gardell als CEO, Förberg als Chief Investment Officer. 2001 gründeten sie in Stockholm Cevian Capital Partners, die ersten 100 Millionen Kapital stammten von der Zürich-Versicherung: Den Vertrag unterschrieben sie am 11. September 2001, zwischen dem ersten und dem zweiten Einschlag der Flugzeuge im World Trade Center, als man noch von einem Unglück und nicht von einem Anschlag ausging. Ein paar Minuten später, und das Geld wäre vermutlich nie geflossen.

Christer Gardell, Lars Förbergs kongenialer Partner bei Cevian Capital.

Haudegen: Christer Gardell (rechte Seite oben), Förbergs kongenialer Partner bei Cevian Capital.

Quelle: Keystone

Als Partner sind Förberg und Gardell gleichberechtigt, für einen Entscheid müssen beide einer Meinung sein. Häufig eine grosse Hürde. Gardell als Förbergs kongenialer Partner ist vom Typ her sehr anders gestrickt: direkt, impulsiv, laut, ein Haudegen. Seine Präsenz in der schwedischen Tageszeitung «Dagens Industri» sei die dritthöchste nach dem Premierminister und dem König, heisst es. Dass Cevian von den Medien bisweilen mit wenig schmeichelhaften Titeln wie «Konzernzerleger» oder «Schlachter aus Stockholm» bedacht wird, liegt primär an Gardell. Mit Förberg hält er die Mehrheit der Cevian-Aktien, die übrigen Partner halten zusammen rund ein Drittel, ein paar Prozent liegen bei Investoren aus der Anfangszeit.

«Wir treten häufig gegen das Establishment an, wir verändern, was CEOs tun und wie sie es tun.»

Lars Förberg

Von seinem grosszügigen Büro im fünften Stock eines grauen Steinhauses in Pfäffikon SZ hat Förberg einen wunderbaren Blick auf den Zürichsee, die Insel Ufenau, Schloss Rapperswil bis zum Säntis. Auf dem Schreibtisch steht ein Pioneer-Receiver aus den späten siebziger Jahren mit Holzgehäuse, an der Wand hängt ein Werk von Clay Ketter: ein aufgeschnittenes Puppenhaus. Das firmeneigene Fitnessstudio – natürlich Crossfit-tauglich – ist gleich nebenan.

17 der 42 Angestellten arbeiten hier in Pfäffikon, neben Förberg auch drei weitere Partner, der Rest in Stockholm und London. Sieben der Partner sind damit betraut, neue Investitionsziele zu finden, diese mit Hilfe der 24 hauseigenen Analysten bis ins Detail zu sezieren und die Fälle so weit aufzubereiten, dass Förberg und Gardell über einen Einstieg in die Firma entscheiden können. Aus kulturellen Gründen kommen dabei nur europäische Ziele in Frage: «Wir treten häufig gegen das Establishment an, wir verändern, was Konzernchefs tun und wie sie es tun», sagt Förberg. «Dazu muss man nicht nur die Fakten kennen, sondern auch verstehen, wie diese Menschen funktionieren.»

Kein Ruhmesblatt

Dass Cevian bei ABB überhaupt aktiv wurde, ist für VR-Präsident Peter Voser und CEO Ulrich Spiesshofer kein Ruhmesblatt. Die Investitionsziele von Cevian sind typischerweise «undervalued, undermanaged and underperforming», so drückt es ein betroffener VR aus. ABB war sogar die erste Firma, die Förberg und Gardell nach dem Schritt in die Selbständigkeit anschauten, in der internen Cevian-Buchhaltung trägt der Konzern bis heute die Kostenstellennummer 001. Nach der grossen Krise um die Jahrtausendwende schwand das Interesse, erst im Frühling 2014 wur den die Analysten um Förberg erneut aktiv: Über 100 Gespräche führten sie während eines Jahres mit dem Management, Ex-Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten und Branchenexperten, bevor Gardell und Förberg sich für den Einstieg bei ABB entschieden.

Nur ein bis zwei Investments tätigen sie pro Jahr, aber wenn, übernehmen sie Verantwortung und wollen die Firma mitgestalten. Im Unterschied zu anderen aktivistischen Investoren wie Elliott, TCI oder Pershing Square, die häufig als Heuschrecken verunglimpft werden, setzt Cevian dabei nicht auf kurzfristige Massnahmen, die den Aktienkurs hochtreiben sollen, sondern auf langfristige Wertsteigerung: Eine Kursverdoppelung innerhalb von vier Jahren ist das Ziel.

Das gelingt nicht immer, aber oft, etwa bei dem deutschen Kranbauer Demag Cranes, dem britischen Versicherer Old Mutual und dem Baumaterialhersteller Wolseley (heute Ferguson), einem Milliardenkonzern mit Hauptsitz in Zug. Bei der Danske Bank verdreifachte Förberg den Einsatz in sechs Jahren. Bei Volvo Trucks stieg Cevian 2006 mit 800 Millionen Euro ein, vergangenen Frühling konnte man den Anteil für stolze 2,8 Milliarden Euro verkaufen.

Ulrich Spiesshofer und Peter Voser

ABB-Chef Ulrich Spiesshofer (r.) wehrte sich lange gegen die von Cevian geforderte Abspaltung der Sparte Stromnetze. ABB-Präsident Peter Voser nahm Förberg 2017 ins Board auf – «völlig unkontrovers».

Quelle: ZVG

Nachdem Cevian im Juli 2015 ihre Investition bei ABB bekannt gemacht hatte, versuchte Förberg zunächst von aussen, seine Vorstellungen im Konzern zu platzieren, primär die Vereinfachung der Strukturen und die Abspaltung der Stromdivision – mit wenig Erfolg. Eineinhalb Jahre lang ging das Tauziehen, immer wieder traf Förberg in dieser Zeit ABB-Präsident Peter Voser. Doch weil dieser die Interna des VR nicht mit Förberg teilen durfte, war der Austausch beschränkt. Als ABB Ende 2016 einen «Strategic Review» ankündigte, fragte Förberg Voser, ob es nun nicht Sinn machen würde, im Board Einsitz zu nehmen: «Der Schritt war völlig unkontrovers», so Förberg.

Nach seiner Wahl an der GV 2017 bereiste er Konzernstandorte in Asien, den USA und dem Mittleren Osten und führte weitere rund 100 Gespräche. Im Board wurde Förberg mehrheitlich willkommen geheissen, nur die beiden Verwaltungsräte Louis Hughes und David Meline äusserten intern zunächst Bedenken: Sie hatten in ihrer Heimat USA negative Erfahrungen mit aktivistischen Investoren gemacht. Förberg war darauf vorbereitet, vor der ersten Sitzung hatte er psychologische Profile aller Verwaltungsräte erstellen lassen: «Er weiss, wie er seine Karten spielen muss», sagt einer, der mit ihm viel zu tun hat.

Inzwischen hat sich die Situation im Board eingerenkt, die Beiträge Förbergs werden anerkannt. Als «Mann mit hohen analytischen und intellektuellen Fähigkeiten» beschreibt ihn Voser, «davon profitieren wir auch im Board». Die Zusammenarbeit sei «konstruktiv». Auch das lange Zeit angespannte Verhältnis mit Konzernchef Ulrich Spiesshofer hat sich etwas beruhigt, wohl auch, weil Cevian trotz aller Differenzen nie auf seine Absetzung gedrängt hat.

Gute Zusammenarbeit

«Ich arbeite sehr gut mit allen Verwaltungsräten und Konzernleitungsmitgliedern zusammen», sagt Förberg. Es ist das Einzige, was er sich zu seiner Arbeit im Board entlocken lässt: Seit er in den VR eingezogen ist, schweigt er selbst gegenüber den eigenen Mitarbeitern ebenso eisern wie gegenüber den Medien. Die Rolle des Einpeitschers von aussen spielt nun Gardell, Förberg nimmt sie dafür bei Panalpina wahr, wo er sein VR-Mandat 2013 an Cevian-Partner Ilias Läber übergeben hat.

15 Prozent seiner Arbeitszeit investiert Förberg in ABB. Zudem macht einer seiner Analysten den ganzen Tag nichts anderes, als Berichte zu erstellen: über die Kunden von ABB, über die Konkurrenten und wie sie auf dem Markt agieren, wie sich bestimmte Produktkategorien entwickeln, was die Technologietrends sind. Die meisten Board-Mitglieder – egal, in welcher Firma – haben kaum Zeit für ähnlich tief gehende Analysen. «Diese Reports sind ein unglaublicher Vorteil für mich als Verwaltungsrat», sagt Förberg: «Quartalsberichte interessieren mich dagegen gar nicht.» Und sie erlauben ihm, sich in den verschiedensten Branchen zurechtzufinden. Ausser bei ABB war er unter anderem im Board der Danske Bank, beim Schuldeneintreiber Intrum Justitia, beim Modehändler Lindex oder beim norwegischen Büroausstatter C. Tybring-Gjedde.

Leitmotiv Abspaltungen

Nach dem Einstieg stellt Cevian erst einmal sicher, dass alle Verwaltungsräte über den tatsächlichen Zustand der Firma informiert sind – was etwa bei Panalpina nicht der Fall war. Und schlägt jeweils ein Paket von 20 bis 40 Massnahmen vor, um die Firma besser aufzustellen. «Ihre Analysen hatten Hand und Fuss», erinnert sich Straumann-CEO Marco Gadola, der 2010 als Finanzchef von Panalpina Cevians Einstieg miterlebt hat.

Abspaltungen sind dabei ein wiederkehrendes Motiv: «Viele Unternehmen haben einen guten Kern, aber haben dann vielleicht im Lauf der Zeit zu viel zugekauft oder die Zukäufe nicht richtig integriert», sagt Förberg. Häufig drängt er daher auf den Verkauf der Nebengeschäfte, um die Komplexität in der Firma zu reduzieren und um den Erlös ins Kerngeschäft zu investieren – wie bei der Münchener Rück, Bilfinger oder dem englischen Versicherungskonzern Old Mutual. Den deutschen Stahlkoloss Thyssenkrupp, den finnischen Industriemischkonzern Metso und den britischen Anlagenbauer Cookson hat Cevian sogar zerschlagen. Kapitalerhöhungen sind ebenfalls häufig ein probates Mittel, auch wenn sie den Wert der eigenen Beteiligung erst einmal mindern, etwa bei der Danske Bank oder Thyssenkrupp. Auch bei Volvo und bei Panalpina wurde dieser Schritt diskutiert.

Auch vor dem Austausch von Entscheidungsträgern schreckt Cevian nicht zurück. Nachdem Förberg im Panalpina-VR Einsitz genommen hatte, mussten in weniger als zwei Jahren drei Divisionsleiter, vier Regionalverantwortliche, der Finanz- sowie der IT-Chef gehen. Schliesslich sorgte Förberg auch noch für die Absetzung von Konzernchefin Monika Ribar (sie will sich seither nicht mehr zum Thema Cevian äussern). Danach stieg der Aktienkurs markant. Bei Thyssenkrupp musste der CEO ebenfalls gehen, bei Bilfinger gleich zweimal. Und jetzt eben Peter Ulber, VR-Präsident von Panalpina. Weil Cevian-Partner Ilias Läber im Panalpina-Board gegen den Widerstand des Grossaktionärs Ernst Göhner Stiftung seit Jahren nichts erreichen konnte, griff Förberg zum verbalen Zweihänder: «Es braucht einen neuen Chairman an der Spitze von Panalpina. Peter Ulber ist untragbar», wetterte er im BILANZ-Interview, warf ihm und seinem Vize Beat Walti Untätigkeit und Interessenskonflikte vor: «Sie schaden der Firma!»

Acht Jahre ist Cevian bereits bei Panalpina investiert, deutlich mehr als die typische Beteiligungsdauer von vier bis fünf Jahren. «Wir hatten zu viel Geduld», sagt Förberg inzwischen. Anders als bei den meisten aktivistischen Investoren gehört der Weg über die Presse eigentlich nicht zum Standardrepertoire von Cevian. Doch in letzter Zeit sind sie ihn wiederholt gegangen, ausser bei Panalpina auch bei Thyssenkrupp oder ABB. Dabei stellten sie immer einen Partner ans Mikrofon, der nicht im jeweiligen Board sitzt.

«Viele meinen, sie müssten jeden Kampf gewinnen. Ich fokussiere mich darauf, den Krieg zu gewinnen»

Lars Förberg

Es liegt nicht nur an der Qualität der zugrunde liegenden Analysen, dass Förberg mit seinen Forderungen im VR häufig Gehör findet. Sondern auch an der Art, wie er sie vertritt. Der Schwede kann schnell Vertrauen schaffen, ist transparent und ein guter Kommunikator, argumentiert auf den Punkt. Und er gilt als ausgesprochen freundlich und höflich, auch wenn er auf Widerstand stösst. «Ich habe nie erlebt, dass er laut geworden wäre», erinnert sich Chris Muntwyler, der vier Jahre mit Förberg im Panalpina-VR sass. Seine Ziele verfolgt er dennoch mit gnadenloser Hartnäckigkeit: «Er lässt sie sich nicht zerreden», sagt ein langjähriger Board-Kollege. «Man kann sich an ihm die Zähne ausbeissen, wenn er sich erst mal festgelegt hat», beschreibt es einer, der mit ihm regelmässig zu tun hat. «Weiche Schale, harter Kern»: Diese Einschätzung hört man häufig über den Mann mit dem Teddybär-Bart.

Auch wenn Förberg mit seiner Arbeit im Board bisweilen heftigen Widerstand provoziert – einschüchtern lässt er sich nicht: «Leute, die das Alphatier spielen, beeindrucken mich nicht.» Aber er weiss, wann er Kompromisse im Kleinen eingehen muss, um Erfolge im Grossen zu erreichen: «Viele meinen, sie müssten jeden Kampf gewinnen. Das muss ich nicht. Ich fokussiere mich darauf, den Krieg zu gewinnen», sagt er.

Family Offices, Pensionskassen wie Swedish API, Canada Pension Plan oder die Fonds zahlreicher US-Bundesstaaten haben in Cevian investiert, aber auch der US-Milliardär Carl Icahn. Entsprechend rasant verlief das Wachstum: 2002 startete Cevian mit 340 Millionen Dollar Assets under Management, Ende 2017 war man bei 15 Milliarden. Auch wenn der Wert aufgrund der schlechten Börsenentwicklung zuletzt zurückging, bleibt Cevian mit 13,5 Milliarden Dollar der fünftgrösste aktivistische Investor der Welt.

Dank der Gebühren erhält Förberg jedes Jahr zwischen 120 und 150 Millionen Franken.

Das lohnt sich finanziell auch für Förberg: Cevian erhebt von seinen Kunden eine Performance Fee von 15 bis 20 Prozent der jährlich erwirtschafteten Gewinne, die an alle Partner verteilt wird. Hinzu kommt eine jährliche Gebühr von 1,5 bis 2 Prozent auf den Assets under Management, die nur den beiden Gründern zugutekommt. Mit anderen Worten: Förberg erhält – ebenso wie Gardell – beim derzeitigen Börsenstand jedes Jahr zwischen 120 und 150 Millionen Franken!

Vergleichsweise bescheiden

Dennoch ist sein Lebensstil vergleichsweise bescheiden. Seit zehn Jahren wohnt er mit Frau Lena (57) und den beiden Kindern (19 und 22) in einem Doppeleinfamilienhaus in Rüschlikon. Er fährt einen elf Jahre alten Volvo-Kombi. Die Familie besitzt eine Ferienwohnung in Klosters und – typisch schwedisch – ein einfaches Sommerhaus auf den Schäreninseln vor Stockholm. Als einzige Extravaganz bekannt ist, dass Förberg einmal im Jahr Schneehühner jagen geht.

Er hat ein Faible für moderne Kunst und für Belletristik: Mit fünf Bekannten («Leute, die gleichzeitig unterhaltsam und intellektuell sind») hat er einen Buchclub gegründet. Mehrmals im Jahr diskutiert die Runde bei gutem Essen und Rotwein Werke von Tom Wolfe, Stefan Zweig, Karl Ove Knausgård oder Thomas Mann: «Die Charakterstudien in den ‹Buddenbrooks› sind auch eine gute Vorbereitung für die Arbeit im Board Room», sagt Förberg.

Erst einmal in ihrer Geschichte hat Cevian einen Verlust realisiert, als man in der Finanzkrise eine Drei-Prozent-Beteiligung am Rückversicherer Munich Re mit fünf Prozent Verlust abstiess, um das Geld in Volvo investieren zu können – im Nachhinein die richtige Entscheidung. Dass Cevian die Flinte nicht ins Korn wirft, wenn es nicht gut läuft, hat die Firma bewiesen. Bei Panalpina natürlich, aber auch bei der deutschen Bilfinger, wo man 2011 einstieg und den Kurszerfall seither nutzte, um die Position sogar noch auszubauen. Oder beim Traditionskonzern Thyssenkrupp, wo man kürzlich, fünf Jahre nach dem Einstieg, die Hauptforderung einer Aufteilung durchsetzen konnte.

Auch die ABB-Aktie liegt unter Cevians durchschnittlichem Einstiegskurs von 20.56 Franken. Doch hier beginnt das Wirken Förbergs gerade erst Resultate zu zeigen: Als ABB die Verkaufsgespräche über die Stromsparte nach entsprechenden Presseartikeln offiziell bestätigen musste, stieg die Aktie um viereinhalb Prozent. Doch sie ist noch weit entfernt vom Kursziel 35 Franken, das Gardell als realistisch ausgegeben hat, wenn die ABB-Einheiten so gut performen würden wie jene der fokussierten Konkurrenten, und an dem sich auch Spiesshofer nach eigenen Worten messen lässt. Auch die Ankündigung, dass der Erlös aus dem Stromnetzverkauf vollständig den Aktionären zugutekommt, hat den Kurs nicht bewegt.

Viel Zeit gewonnen

Dennoch hat Konzernchef Spiesshofer, der seine selbst gesteckten Ziele seit Jahren mehrheitlich verfehlt und über dessen bevorstehende Absetzung deswegen bereits spekuliert wurde, nun viel Zeit gewonnen: Mindestens zwei Jahre dürfte es dauern, die Abspaltung der Stromnetzsparte durchzuziehen und die Matrix aufzulösen. Dann erst werden sich die erhofften Einsparungen von 500 Millionen Franken pro Jahr realisieren lassen. Und die Tatsache, dass er die Stromnetzsparte nicht sofort verkaufte, als Cevian dies 2015 zum ersten Mal forderte, sondern sie drei Jahre sanierte und so den Preis hochtrieb, lässt Spiesshofer nach innen wie nach aussen das Gesicht wahren. Doch wie er in Zukunft endlich seine Wachstumsziele erreichen will, bleibt weiterhin unklar.

Diese ersten Erfolge werden Förberg nicht reichen: «Ich bleibe bei ABB, bis meine Mission beendet ist», sagt er. «Wenn die Strategie, die Struktur und die Leute stimmen, wird die Firma automatisch besser.» Auch bei Panalpina hat er noch viel Arbeit vor sich: Derzeit wird ein neuer VR-Präsident gesucht – geht es nach Cevians Willen, soll es jemand sein, der den Verkauf des Konzerns an einen Konkurrenten abwickelt. Und zwar schnell: «Starke Wettbewerber eilen davon, und Panalpina droht uneinholbar abgehängt zu werden», warnt Förberg. Dass die Firma es aus eigener Kraft schafft, glaubt man in Pfäffikon nicht mehr.

Und der Schwede arbeitet noch eine weitere Pendenz ab. Nach zehn Jahren im Land hat sich Familie Förberg um die Schweizer Staatsbürgerschaft beworben. Im Einbürgerungstest in seiner Gemeinde Rüschlikon erreichte Lars diesen Sommer 99 Punkte. Seine Frau und die Tochter holten jeweils das Maximum von 100 Punkten. «Seither gelte ich als Loser der Familie», lacht Förberg. Und dennoch: ABB-Chef Ulrich Spiesshofer erzielte kurz zuvor in Zollikon, direkt gegenüber am anderen Zürichseeufer, nur 95 Punkte. Es ist ein weiterer Punktsieg für Förberg.

Dieser Text erschien in der Januar-Ausgabe 01/2019 der BILANZ.