Wie nehmen Sie aktuell die Situation auf dem Immobilienmarkt wahr? 

Mir scheint, dass bei den Marktteilnehmern eine angespannte Ruhe herrscht, da die mittel- bis längerfristige Entwicklung mit grossen Unsicherheiten verbunden ist.

Ist es die Ruhe vor dem Sturm?

Ob das Bild von der Ruhe vor dem Sturm zutrifft, ist schwierig zu sagen. Sicher ist, dass sich innert kurzer Zeit viele Parameter geändert haben.  

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Vor einem Jahr fand ein Runder Tisch zum Mietrecht unter der Leitung von Bundesrat Guy Parmelin statt. Was war das Fazit beziehungsweise wo haben Sie die grössten Probleme im Mietwohnungsmarkt geortet?

Verschiedene Probleme sind schon länger bekannt. So gibt es eine Diskrepanz zwischen Bestandes- und Angebotsmieten. Dass langjährige Mietverhältnisse vergleichsweise günstig sind, ist sozialpolitisch zu begrüssen; das schafft aber wenig Anreize für Mieterinnen und Mieter, Wohnungen zu wechseln, wenn die Wohnung zu gross geworden ist oder der Arbeitsort ändert. Weiter gibt es unterschiedliche Methoden, um festzustellen, ob ein Mietzins allenfalls missbräuchlich ist. Deren Anwendung ist komplex und einige gesetzliche Kriterien lassen sich kaum anwenden. Vermutlich würde zudem gemäss den Regeln des Bundesgerichts derzeit ein rechter Teil der Mieten als missbräuchlich gelten. Und schliesslich führt ein Bundesgerichtsurteil vom Oktober 2020 dazu, dass bei steigendem Referenzzinssatz eine Rechtsunsicherheit bei der Renditenberechnung zu entstehen droht. 

Sie geben das Stichwort vor. Das Schweizer Mietrecht ist so aufgebläht und kompliziert, dass es ein Erklärungs-Handbuch benötigt, das mittlerweile 1600 Seiten umfasst. Wäre eine Totalrevision nicht das Beste? 

Eine grundlegende Revision scheint derzeit nicht realistisch und wird auch von der Mehrheit der Akteurinnen und Akteure im Mietwesen abgelehnt. Hingegen haben sich viele für punktuelle Anpassungen ausgesprochen. Ein Ansatz der kleinen Schritte ist wohl am sinnvollsten. Im Vordergrund stehen Klärungen und Präzisierungen zu Fragen rund um die Mietzinsgestaltung. Dies mit dem Ziel, drohende Rechtsunsicherheiten zu vermeiden und das Mietrecht besser anwendbar zu machen. 

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