Bei der OECD/G20-Mindestbesteuerung geht es um eine Mindestbesteuerung von 15 Prozent für Unternehmen mit einem Umsatz von mindestens 750 Millionen Euro im Jahr. Unternehmen, deren Gewinn tiefer besteuert wird, sollen eine Ergänzungssteuer abliefern. Das Wichtigste zur Verfassungsänderung in Kürze.

Die Ausgangslage

OECD und G20 wollen vor dem Hintergrund der Globalisierung für grosse, international tätige Unternehmensgruppen besondere Regeln einführen. Diese Unternehmen sollen künftig mindestens 15 Prozent Steuern auf ihrem Gewinn zahlen. Das trifft rund ein Prozent der in der Schweiz tätigen Unternehmen. Die Besteuerung von 15 Prozent wird in der Mehrheit der Kantone nicht erreicht.

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Die EU-Staaten und weitere Länder wollen die Mindestbesteuerung 2024 einführen. Folgt die Schweiz nicht gleichzeitig oder noch nicht, können andere Staaten die Differenz zwischen der tieferen Steuerbelastung in der Schweiz und der Mindestbesteuerung von 15 Prozent einziehen.

Das bringt die Vorlage

Eine Verfassungsänderung soll die ungleiche Behandlung der betroffenen multinationalen Unternehmen und den übrigen 99 Prozent der Unternehmen im Land ermöglichen. Gestützt darauf will der Bundesrat die Mindestbesteuerung ab 2024 zunächst mit einer Verordnung und danach mit einem Gesetz umsetzen. Besonders betroffen sind Kantone mit tiefer Steuerlast, die Standorte vieler grosser und profitabler Unternehmen sind.

Wird die Mindeststeuer nicht erreicht, wird eine Ergänzungssteuer fällig. Die Einnahmen daraus werden beim Bund auf 1 bis 2,5 Milliarden Franken im ersten Jahr nach der Einführung geschätzt. Wie es danach weitergeht, hängt von der Reaktion der multinationalen Unternehmen auf die steuerlich weniger attraktive Schweiz ab.

Was die Ergänzungssteuer einbringt, geht zu 75 Prozent an die Kantone und zu 25 Prozent an den Bund. Die Kantone können selbst entscheiden, wie sie die Mittel einsetzen wollen, müssen aber Städte Gemeinden angemessen berücksichtigen. Der Nationalrat hätte den Bundesanteil bei 50 Prozent festsetzen wollen, drang damit aber nicht durch. In den Debatten über das Gesetz kann das Parlament diesen Verteilschlüssel anpassen.

Das sagen die Befürworter

Hinter die Vorlage stellen sich Bundesrat, die Mehrheit des Parlaments, die Kantone und auch die Städte und die Gemeinden. Die Vorlage schaffe stabile Rahmenbedingungen und sichere dem Land Steuereinnahmen und Arbeitsplätze, lautet ihr Tenor. Es gelte, die Steuern in der Schweiz zu behalten.

Bundesraetin Karin Keller-Sutter spricht waehrend einer Medienkonferenz zur OECD Mindestbesteuerung, am Montag, 24. April 2023 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)

Laut Finanzbundesrätin Karin Keller-Sutter ist die OECD-Mindestbesteuerung im Interesse der Schweiz.

Quelle: Keystone

Hinter die höhere Mindestbesteuerung stellen sich auch die Wirtschaftsverbände. Den Ausschlag für das Ja gibt die weltweite Umsetzung der Steuerreform. Mache die Schweiz nicht mit oder müsste die Vorlage nach einem Nein an der Urne neu aufgegleist werden, würde Steuergeld ins Ausland abfliessen und Firmen müssten zusätzliche Besteuerungen und Verfahren im Ausland durchlaufen, gab Swissholdings zu bedenken.

Die bürgerlichen Parteien SVP, FDP, Mitte und GLP haben die Ja-Parole beschlossen.

Das sagen die Gegner

Die SP lehnt die OECD-Mindeststeuer-Vorlage ab. Die Mehrheit ihrer Delegierten vertrat die Auffassung, dass die Reform hauptsächlich den finanzstarken Kantonen zugute käme und die Ungleichheit unter den Kantonen so verstärkt würde. Das wiederum würde den interkantonalen Steuerwettbewerb weiter anheizen. Die Parteileitung der SP hatte Stimmfreigabe beantragt. Stimmfreigabe beschlossen haben die Grünen.

Cedric Wermuth, links, und Mattea Meyer, Co-Praesidium der SP Schweiz, posieren fuer eine Portraitaufnahme am 29. Oktober 2020 im Progr in Bern. (KEYSTONE/Christian Beutler)

Die SP – im Bild das Präsidium um Cedric Wermuth und Mattea Meyer – lehnt als einzige Partei die Mindeststeuer-Vorlage ab.

Quelle: Keystone

Die Entwicklungshilfe-Organisation Alliance Sud bemängelt, dass mit der Vorlage das Ziel von mehr Steuergerechtigkeit nicht erreicht werde. Vielmehr profitierten Tiefsteuerkantone und die Unternehmen selbst davon. Gewinne würden nicht dort versteuert, wo sie erarbeitet worden seien, nämlich in Ländern des Globalen Südens. Tiefsteuerländer wie Singapur, Irland und die Schweiz hätten die Steuerreform zu einem Belohnungsprogramm für sich selbst umgebaut.

(sda/mth)