Es ist vollbracht: 113 Ja zu 69 Nein bei 15 Enthaltungen im Nationalrat. Das tönt nach einem klaren Resultat zur lange debattierten Pensionskassen-Reform (BVG). Noch deutlicher die Zustimmung im traditionell bürgerlich dominierten Ständerat. In anderen Ländern wäre das eine klare Sache. Das Gesetz ist durch, die Reform wird umgesetzt. Hosianna!

Doch so klar das Abstimmungsresultat ist, noch klarer sind die Bruchlinien. Die SP stimmte im Nationalrat geschlossen gegen das Gesetz, die Grünen sagten bis auf 4 Enthaltungen ebenfalls Nein. Ähnlich einheitlich das Ja auf der bürgerlichen Seite. Und somit ist klar, dass es nach dem bereits angekündigten Referendum zu einem altbekannten Links-rechts-Abstimmungskampf kommen wird. Und den haben bei der Rentenfrage bisher noch fast immer die Linken gewonnen.

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Eine kleine Ausnahme war die Abstimmung zur AHV-Revision im letzten Jahr, die als erster Akt der Rentenreform vorausging. Die Vorlage kam damals haarscharf mit 50,5 Prozent Ja durch. Unter anderem, weil im Vorfeld gewisse Versprechen mit Blick auf die nun nachgezogene Pensionskassen-Reform gemacht wurden. Auch von den Bürgerlichen. Und zumindest der Vorwurf im Raum steht, dass da nicht alles eingelöst wurde.

Und das ist das Problem. So gut das jetzt verabschiedete BVG-Gesetz materiell ist; vor dem Volk könnte sich rächen, dass die bürgerliche Mehrheit im Parlament das eine oder andere Zückerchen verweigerte. Verrat, werden die Linken rufen. Und mit genau dem Argument in den Abstimmungskampf ziehen.

Und gut ist die Vorlage. Einerseits wurde die längst fällige Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6 Prozent beschlossen. Fällig deshalb, weil alleine schon die seit Einführung des BVG stark angestiegene Lebenserwartung eine solche Senkung verlangt. Man kann mit gleich viel Geld schlicht nicht immer mehr Jahre finanzieren.

Gut ist die Vorlage auch, weil künftig grössere Teile des Lohns in der Pensionskasse versichert sind.

Pensionskassen, die mehr als bloss die obligatorischen Minimalleistungen erbringen, haben diese Senkung denn auch längst schon vollzogen. Die grösste Mehrheit der Versicherten wird von der Gesetzesänderung daher gar nichts mehr spüren.

Gut ist die Vorlage auch, weil künftig grössere Teile des Lohns in der Pensionskasse versichert sind. Zwar gibt es noch immer eine hohe Eintrittsschwelle von fast 20’000 Franken. Jahreslöhne darunter müssen wie bisher nicht versichert werden. Wer allerdings mehr verdient, bezahlt künftig auf 80 Prozent des Lohnes eine PK-Abgabe. Nachteil: Tendenziell sinkt damit der ausbezahlte Nettolohn. Vorteil: Gerade bei Personen, die stark betroffen sind, wird deutlich mehr Geld angespart, weshalb im Alter dann mehr für die Rente vorhanden ist. Und das ist wichtig.

Doch gerade dieser Punkt könnte eine unheilige Allianz provozieren. Dem Gewerbe und offenbar auch den Bäuerinnen und Bauern sind diese Mehrabgaben ein Dorn im Auge. Denn nicht nur die Angestellten bezahlen mehr in die Pensionskasse ein, sondern auch die Arbeitgeber. Sollten am Ende auch Gewerbler die Reform angreifen, hat sie vor dem Volk erst recht keine Chance.

Und so bleibt das klare Ja im Parlament ein Pyrrhussieg. Die klare bürgerliche Phalanx dürfte zum stärksten Argument der Linken werden. Dass man die AHV- und die BVG-Revision nicht zusammen verabschiedet und als Kompromisspaket vors Volk brachte, war rückblickend wohl ein Fehler. Dass man der ursprünglichen Rentenvorlage des Bundesrats (dem «Sozialpartner-Kompromiss»), hinter der sowohl die Gewerkschaften als auch der Arbeitgeberverband standen, keine zweite Chance gab, ebenfalls.

Michael Heim Handelszeitung
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