Herr Putin suche ab 2028 Krieg mit dem Westen. Das sagen viele. Aber muss er es nicht gerade deshalb früher tun? Bis 2028 schwinden seine Chancen, falls der Westen endlich effektiv rüstet. Oder träumt Putin davon, bis 2028 die ukrainische Armee umzupolen und dann gemeinsam mit ihr zu marschieren? So oder so: Die Schweiz muss dringend aufrüsten.

Deutschland, England, Frankreich, Italien und Polen haben je 160’000 bis 200’000 Soldaten. Die Schweiz hat in Westeuropa mit rund 100’000 weit am meisten Soldaten pro Einwohner. Dumm nur, dass sie keine Drohnen abschiessen können. Für die Aufrüstung ist höchste Effizienz gefragt. Die dafür naheliegende Lösung ist: mehr und bessere Waffen sowie weniger und bessere personelle Ressourcen. Wie geht das?

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Die Schweiz braucht ältere, erfahrenere Soldaten. Ein Grund für die hohe Kampfkraft der ukrainischen Armee ist ihr hohes Durchschnittsalter. Anfänglich wurden nur über 27-Jährige eingesetzt, jetzt auch über 25-Jährige. In der Schweiz hingegen haben die meisten Soldaten mit 27 ihre Dienstpflicht erfüllt.

Der Gastautor

Reiner Eichenberger ist Professor für Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg.

Wie lange Putin noch regiert und ob auch seine Nachfolger Krieg suchen werden, ist unklar. Das Schweizer Armeemodell muss also langfristig tragfähig sein. Das aber ist die heutige Zwangsmiliz nicht. Wehrpflichtig sind nur junge Männer. Sie stehen im Arbeitsmarkt voll im Wettbewerb mit Frauen und Ausländern. Der Anteil Letzterer liegt bei über 40 Prozent bei den 30- bis 40-Jährigen. Da zugleich nur etwa die Hälfte der Männer ihre Pflicht erfüllen, liegt die Last auf rund 15 Prozent eines Jahrgangs. Die Wehrgerechtigkeit ist also tot.

Statt so wie heute eine kleine Minderheit im Alter von 20 bis 26 zu 245 Tagen – mehr als einem Arbeitsjahr – Dienst zu zwingen, ist es klüger, Menschen zwischen 20 und etwa 60 als Freiwillige zu gewinnen – für angemessen entschädigte Milizdienste. Freiwillige sind besser motiviert, lernen schneller und bleiben lange im Dienst. So steigt die Kampfkraft, sinken die Ausbildungskosten, fliesst mehr ziviles Wissen ins Militär und steigt die Altersdurchmischung. Dadurch wird die Truppe psychisch robuster, und die militärischen Netzwerke gewinnen an Wert. Zudem wäre eine solche Armee auch für Frauen, später Eingebürgerte und Auslandheimkehrer attraktiv.

Der Übergang zur freiwilligen Miliz geht sanft: Langfristig sollten alle Soldaten freiwillig rekrutiert werden. Für eine Übergangszeit könnte die Dienstpflicht beibehalten werden, aber den besten Soldaten am Ende ihrer Dienstpflicht ein attraktives Bleibeangebot gemacht werden. Das brächte eine schnelle Stärkung der Armee zu sehr tiefen Kosten.

Freiwillige müssen angemessen entschädigt werden. Da sie länger in der Armee bleiben und so mehr Diensttage pro Ausbildungstag leisten, ist eine freiwillige Miliz volkswirtschaftlich weit günstiger als die heutige Zwangsmiliz. Aber die Kosten werden offen sichtbar, da sie nicht mehr von den Wehrpflichtigen «geschluckt» werden müssen. Woher also sollen die finanziellen Mittel für eine freiwillige Miliz kommen?

Wer sich jährlich 4 Milliarden Franken für eine 13. AHV, 8 Milliarden Subventionen für den ÖV und ungezählte Milliarden für wertarmen Flatterstrom leisten kann, der kann sich erst recht das beste und volkswirtschaftlich günstigste Armeemodell leisten.

Die Finanzierung könnte mit einer indirekten Zuwanderungsabgabe erfolgen. Jeder Mensch, der in der Schweiz durch seinen 18. Geburtstag oder Zuwanderung ins Erwachsenenleben tritt, soll einen «Gesellschaftsbeitrag» im Wert von 50’000 Franken durch Wehrdienst, gemeinnützige Arbeit oder einen Finanzbeitrag leisten. Umgekehrt soll auch der Staat mehr für seine Bürger tun. Er soll jedem Kind ein Grundkapital aufbauen – durch ein jährliches «Chancengeld» von 3000 Franken plus einer angemessenen Verzinsung. Das resultierende Grundkapital von rund 65’000 Franken könnten die Jungen dann ab Volljährigkeit für Verschiedenes einsetzen, das für ihre Entwicklung und Freiheit wichtig ist: Ausbildungskosten, Bezüge in schwierigen Lebenslagen wie etwa Arbeitslosigkeit und auch die Bezahlung ihres Gesellschaftsbeitrags. Als Ergebnis könnten die Jungen frei wählen, ob sie Dienst leisten wollen, und die Armee könnte die Besten auswählen. So würden alle jungen Inländer besser- und den Zuwanderern gleichgestellt – und zugleich würde die Zuwanderung EU-kompatibel gesteuert.

Falls die Armeeführung weiterhin Wehrpflicht will, könnte man ihr ein Globalbudget von 10 bis 12 Milliarden Franken (statt heute 6 Milliarden) geben und könnten darauf pro Diensttag von Wehrpflichtigen die wahren volkswirtschaftlichen Kosten von 600 bis 1000 Franken angerechnet werden. Wetten, dass dann auch die Armeeführung fordert: mehr Waffen und weniger, aber freiwillige Soldaten.