Nächsten Monat reist Bundesrat Johann Schneider-Ammann in die USA. Wichtiger Termin auf seinem Reiseplan: Er wird in Washington seine Unterschrift unter eine Absichtserklärung setzen, wonach die Schweiz und die USA bei der Berufsbildung zusammenarbeiten wollen.

Das Interesse von amerikanischer Seite kommt nicht von ungefähr: In den USA hat die Lehrlingsausbildung einen schlechten Ruf. Präsident Obama will dies ändern, seine Regierung unterstützt entsprechende Ausbildungsprogramme mit Hunderten von Millionen Dollar.

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Schweiz als Vorbild

Als Vorbild dient neben Deutschland vor allem die Schweiz: Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) empfahl 2012 den USA, sich an der Schweiz zu orientieren. Die USA könnten so insbesondere das Einkommen und die Jobaussichten für Schlechtqualifizierte erhöhen, schrieb die Organisation.

Das US-Bildungsinstitut NCEE bezeichnet das hiesige Modell als das beste Europas – es präsentierte diesen Frühling einen ausführlichen Bericht zur Schweiz. Die Experten nennen darin eine Reihe von Vorteilen: Unter anderem habe die Schweiz wegen des Berufsbildungssystems eine tiefe Jugendarbeitslosigkeit. Jugendliche sammelten früh Arbeitserfahrung und relevante Fähigkeiten für Firmen. Die Lehrenden erhielten einen Lohn, gleichzeitig rechne sich die Ausbildung aber auch für den Lehrbetrieb.

Mit einem Lehrabschluss können Schweizer Jugendliche einfach das Unternehmen wechseln oder später an einer Fachhochschule studieren – zwei weitere Vorteile aus amerikanischer Sicht.

«Niemand macht einen besseren Job»

Das System ist laut NCEE attraktiv sowohl für Jugendliche als auch für die Wirtschaft – «die Schweiz macht einen besseren Job als jedes andere entwickelte Land», schwärmen die US-Amerikaner. Damit es die «Stifti» nach Übersee schafft, leisten Schweizer Unternehmen in den USA Exporthilfe: Der Zurich-Konzern gab unlängst bekannt, ab nächstem Jahr in Chicago eine Versicherungslehre anzubieten. Auch die Industriefirmen Bühler, Dätwyler und Feintool bilden junge Amerikaner aus.

Mit ihrem Engagement unterstützen sie den Bundesrat: Denn die Schweizer Regierung will das duale Berufsbildungssystem weltweit bekannter machen – dieses Ziel setzte sich der Bundesrat vor fünf Jahren. Das Interesse aus dem Ausland ist gross: «Wir erhalten Anfragen aus ganz verschiedenen Ländern», sagt Josef Widmer, stellvertretender Direktor des Staatssekretariats für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI).

Momentan arbeitet die Schweiz aber neben den USA nur mit Lettland, der Slowakei und Indien zusammen. In den indischen Städten Bangalore und Pune läuft beispielsweise ein Projekt, wo Inder ähnlich wie Schweizer «Stifte» in Unternehmen arbeiten und die Schule besuchen.

Hollande war beeindruckt

Das Schweizer System könnte in weiteren Ländern Fuss fassen: Bei seinem Staatsbesuch im April zeigte sich Frankreichs Präsident François Hollande beeindruckt. Er besuchte eine Zürcher Metallbaufirma, wo ihm zwei Lehrlinge einen Vortrag hielten.

Nach seiner Rückkehr kündete Hollande im französischen Fernsehen Massnahmen an, um die Berufslehre zu stärken.