Am Wochenende wird über die Initiative zur Besteuerung von Erbschaften abgestimmt. Halt, ich korrigiere mich: Am Wochenende wird über die Initiative «Für eine soziale Klimapolitik – steuerlich finanziert (Initiative für eine Zukunft)» abgestimmt. So nämlich lautet der Titel, den sich die Initianten für ihr Vorhaben einfallen liessen. Es verlangt, dass Erbschaften von 50 und mehr Millionen Franken zu 50 Prozent besteuert werden.
Die Absicht hinter der doch etwas findigen Wortwahl ist offensichtlich. Man hofft auf unzureichend informierte Stimmberechtigte, die aus Sympathie für das Anliegen des Klimaschutzes ein Ja auf den Stimmzettel schreiben, und vermeidet den Reizbegriff Erbschaftssteuer. Denn damit stünde man automatisch in einer langen Tradition des politischen Scheiterns, der Vorwurf der politischen Zwängerei wäre unvermeidbar. Die Stimmberechtigten haben nämlich schon mehrmals in Abstimmungen deutlich gemacht, dass sie vom Thema nichts halten. Viele tun sich zu Recht schwer damit, dass der Fiskus selbst nach dem Tod nochmals zulangt, zumal gerade grosse Erbschaften zuvor oft während Jahrzehnten als Vermögen versteuert wurden – und das nicht zu knapp. Entgegen der landläufigen Vorstellung ist die Schweiz für Vermögende nämlich kein Eldorado. Dass «die Reichen» in der Schweiz zu wenig zur Kasse gebeten würden, gehört ins Reich der politischen Erzählungen.
Man kann sich darüber streiten, ob der Titel den Kern des Anliegens verschleiert und irreführend ist und ob die Bundeskanzlei hier ein Machtwort hätte sprechen sollen. Auf jeden Fall ist es politisch nicht ganz redlich, zu versuchen, die Stimmberechtigten zu einer Zustimmung zu tricksen, die sie womöglich gar nicht wollen. Wer schon am ganz grossen Rad drehen will, wie dies die Jungsozialisten mit ihrer Initiative tun, der sollte wenigstens den Mut haben, die Dinge beim Namen zu nennen. Schliesslich träfe eine Annahme die Schweizer KMU-Wirtschaft ins Mark. Unternehmer, die ihr Geld vorbildlich laufend in ihre Firma reinvestiert haben, kämen in Existenznöte, Arbeitsplätze und nicht zuletzt Lehrstellen, deren Erhalt gerade den Jungsozialisten eigentlich am Herzen liegen sollte, gingen verloren.
Man kann die Dinge aber auch so sehen: Direkte Demokratie basiert nun einmal darauf, dass man den Bürgerinnen und Bürgern zutraut, dass sie politische Tricksereien wie diese erkennen, dass sie sich informieren und dass sie sich zu einer Abstimmungsvorlage eine Meinung bilden können. Denn Politik ist auch Verkaufen – entscheidend ist, dass der Bürger sie als solche erkennt. Dass die anfänglich beunruhigend hohen Zustimmungswerte auch bei dieser Initiative umso mehr absinken, je näher der Abstimmungstermin rückt, ist ein Zeichen dafür, dass dies der Fall ist. So betrachtet tun uns die Jungsozialisten mit ihrem Initiativtitel einen Gefallen, denn sie schärfen unseren Sinn für politische Winkelzüge. Immer unter der Voraussetzung, dass ihre Initiative am Wochenende von den Stimmberechtigten wuchtig verworfen wird.

