Vor dem Gesetz sind alle gleich. Wie fänden Sie das? Leider gibt es noch immer Diskriminierung grosser Bevölkerungsgruppen durch den Staat. Die mit Abstand grösste davon ist die einseitige Verpflichtung der Männer zum Militär- oder Zivildienst.
Militärdienst bedeutet, dass einem Mann gut ein Jahr lang ein Teil seiner Grundrechte genommen wird. Er kann seinen Aufenthaltsort, seine Kleidung und seinen Tagesablauf nicht frei wählen. Er muss Befehlen gehorchen, in Uniform ist sein Recht auf freie Meinungsäusserung eingeschränkt, und er kann sich nicht politisch betätigen.
Der Autor
Wie fänden Sie es, wenn der Staat Ihnen aufgrund Ihres Geschlechts ein Jahr Lebensarbeitszeit nehmen würde, den anderen Geschlechtern aber nicht?
Sind Sie auch verwundert, dass diese massive Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern erst im Jahr 2025 abgeschafft werden soll? Seit Jahren kämpfen wir für die Gleichstellung der Frauen. Auf der gesellschaftlichen Ebene haben wir viel erreicht. Staatliche Diskriminierung ist weitgehend abgeschafft. Neu mischen wir uns in die Verträge von Privaten ein, um Gleichstellung zu erreichen. Wenn der Lohnunterschied zwischen Mann und Frau mit unseren Modellen nicht vollkommen erklärbar ist, fordern wir Abhilfe.
Und trotzdem: Die vier Bundesratsparteien haben für die Service-citoyen-Initiative, die eine Dienstpflicht für alle Geschlechter statt des heutigen Regimes will, die Nein-Parole ausgegeben. Absurd, oder? Wie kann man die staatliche Diskriminierung eines Geschlechts im beschriebenen Ausmass im 21. Jahrhundert noch rechtfertigen?
Indem man kein Wort über Gleichstellung verliert.
Es geht dem Nein-Komitee um die Landesverteidigung, denn Armee und Zivildienst seien durch die freie Wahl des Dienstes, den die Initiative vorschlägt, gefährdet. Dabei legt die Initiative als Verfassungsziel fest, dass der Sollbestand der beiden Organisationen erreicht wird. Hat die Politik nicht einfach Angst davor, dass sie bei der Umsetzung unpopuläre Massnahmen ergreifen muss?
Zwangsarbeit ist also für Männer okay, für andere nicht?
Weiter reden die Nein-Sager davon, dass es sich bei einem Service citoyen um Zwangsarbeit handle, was abzulehnen sei. Und was machen die Männer zurzeit im Wehrdienst? Zwangsarbeit ist also für Männer okay, für andere nicht?
Dann werden ökonomische Argumente ins Feld geführt. Weniger Arbeitskräfte im Arbeitsmarkt, fehlende Fachkräfte und Wettbewerbsnachteil der in Zukunft Betroffenen. Und was ist mit den heute oder früher Betroffenen? Wenn diese Argumente zögen, müsste man dann die Wehrpflicht nicht abschaffen? Keines dieser Argumente spricht dagegen, die Lasten der Landesverteidigung gerechter zu verteilen! Was als Argument bleibt, ist einzig: Gleichstellung sei zu teuer.
Dann ist die Rede von gestiegenen Kosten für die Verwaltung. Dass der Staat dafür Arbeitskräfte für einen Diensteinsatz bekommt und andernorts sparen könnte, wird unter den Teppich gekehrt.
Schliesslich wird häufig argumentiert, dass Frauen ja sonst schon einen Dienst leisten für die Gesellschaft. Gemeint sind Kinderkriegen und häusliche Arbeit. Aber ist das nicht eine private Entscheidung? Darf der Staat darauf basierend die Männer massiv benachteiligen?
Wer der Initiative nicht zustimmt, treibt einen weiteren Keil in unsere Gesellschaft.
Die argumentative Basis des Nein-Lagers ist erschütternd dünn. Das Volk muss es wohl richten, damit sich unser politisches System nicht gänzlich desavouiert.
Wer der Initiative nicht zustimmt, treibt darüber hinaus einen weiteren Keil in unsere Gesellschaft. Neben Rösti-, Alt-Jung- und Stadt-Land-Graben brauchen wir nicht auch noch einen zwischen den Geschlechtern. Wer kann einem Mann in Zukunft erklären, dass es weitere Gleichstellungsmassnahmen braucht, wenn diese grosse staatliche Ungleichbehandlung beibehalten wird?
