Unsere Politik ist krank. Sie leidet an falschem Kreativismus. Die Probleme werden nicht kreativ gelöst, sondern nur kreativ dargestellt und für Umverteilungs-, Subventions- und Regulierungsanliegen missbraucht. Ein typisches Beispiel ist das CO2-Gesetz.

Reiner Eichenberger ist ordentlicher Professor für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg und Forschungsdirektor des Instituts Crema.

Die Politik will die Erderwärmung auf 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau begrenzen. Das ist völlig unrealistisch. Die Erwärmung ist weltweit schon 1 Grad, und in der Schweiz 2 Grad. So schreibt der Bundesrat, der Klimawandel treffe die Schweiz besonders hart.

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Trotzdem wünschen sich nur wenige die Temperaturen von 1850 zurück. Der Bundesrat rechtfertigt das Ziel damit, dass er das Pariser Abkommen mit 188 Ländern unterzeichnet hat. Doch die meisten dieser Regierungen sind nicht bekannt für volksnahe und umweltbewusste Politik. Deshalb erstaunt es, dass ihr Entscheid das Weltwohl repräsentieren soll. Vielmehr gilt: Unrealistische Ziele bringen den Regierungen Macht über ihre Bürger.

«Tatsächlich wäre richtige Klimapolitik ganz einfach: Alle Emissionen von Treibhausgasen müssten besteuert werden.»

Das CO2-Gesetz setzt nur vordergründig auf Kostenwahrheit. In Wahrheit bringt es höhere Abgaben und Einschränkungen für die Normalbürger und Ausnahmen sowie Subventionen für gut organisierte Interessengruppen.

Ein kleinerer Teil des Abgabenaufkommens soll an die Bevölkerung zurückverteilt werden. Die vorgesehene Rückverteilung pro Kopf zielt auf Stimmenkauf, ist aber volkswirtschaftlich schädlich. CO2 entsteht bei Arbeit und Konsum, zwei Spiegelbildern von Leistung. CO2-Abgaben sind deshalb eine Zusatzbelastung von Leistung.

Richtige Anreize

Deshalb sollte ihr Aufkommen zur Senkung anderer leistungsabhängiger, aber nicht CO2-spezifischer Steuern eingesetzt werden. Ansonsten schädigen CO2-Abgaben die Standortqualität und so alle Einwohner.

Tatsächlich ist richtige Klimapolitik ganz einfach. Alle Emissionen von Treibhausgasen müssen besteuert werden, laut Schätzungen des Nobelpreisträgers William Nordhaus und des IWF idealerweise mit heute 40 und bis 2030 mit 70 Franken pro Tonne CO2. Das brächte bei den heutigen rund 46 Millionen Tonnen in der Schweiz gut 1,8 Milliarden Franken Einnahmen. Im Gegenzug sollten die Mehrwertsteuer um 0,6 Prozent gesenkt und ein Grossteil der Regulierungen zu Energieverbrauch aufgehoben werden.

Das ist natürlich Unsinn

Denn wenn der CO2-Preis stimmt, haben alle Handlungsträger die richtigen Anreize, sparsam mit der Energie umzugehen und neue Technologien zu entwickeln.

Das grosse Problem ist, diese einfache, billige und wirksame Politik umzusetzen. Denn überall behaupten Lobbys auf der Jagd nach Steuerausnahmen und Subventionen, die einfache Politik würde die Wirtschaft überlasten. Das ist natürlich Unsinn.

Entsprechend wäre es die grosse klimapolitische Aufgabe der Schweiz, die vorbildliche Politik umzusetzen und so allen zu zeigen, wie und dass sie funktioniert. Dann würden bald viele Länder diese vernünftige Politik übernehmen. Deshalb empfehle ich allen Klima- und Menschenfreunden, das CO2-Gesetz abzulehnen und für eine vernünftige Klimapolitik einzustehen.

Der Talk zum CO2-Gesetz

Welche Folgen hätte eine Erhöhung der Benzin- und Flugpreise? Übertreibt die Schweiz – oder macht sie zu wenig?

Darüber diskutiert BILANZ-Chefredaktor Dirk Schütz mit folgenden Gästen:

  • Simonetta Sommaruga, Bundesrätin
  • Christian Imark, SVP-Nationalrat
  • Mirjam Staub-Bisang, Schweiz-Chefin Blackrock
  • Matthias Rebellius, CEO Smart Infrastructure Siemens

Zum Talk geht es hier. 

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