Als Donald Trump am 2. April seinen Liberation Day proklamierte und mit einer langen Liste den Handelspartnern hohe «Strafzölle» androhte – der Schweiz plus 31 Prozent –, nahm man das in Bundesbern noch gelassen. Man vertraute auf die «Special Friendship» mit der «Schwesterrepublik» USA. Der Bundesrat organisierte darauf einen Besuch in den USA, und es gelangen Gespräche mit Trump und dem Finanzministerium.

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Am 7. August sauste die 39-Prozent-Zollkeule auf die Schweiz nieder. Nach einem offenbar missglückten Telefongespräch wurde nicht gespart mit Schuldzuweisungen an den Bundesrat, mit Bashing-Vorwürfen an die Bundespräsidentin, doch allesamt reagierten die Parteichefs hilflos und ideenlos. Sie alle repetierten ihre Textbausteine aus ihren Parteiprogrammen mit Forderungen, die kaum Sachkompetenz offenbarten.

Was man Bundesbern vorwerfen müsste, ist sein Nichtstun gegenüber den explodierenden Goldexporten nach Trumps Wahl. Man wusste aus dem Regierungsprogramm der «Heritage Foundation», dass die Trump-Administration mittels hoher Zölle das Handelsbilanzdefizit der USA protektionistisch zu korrigieren versprach. Man kannte den Triggerpunkt, nämlich den Handelsbilanzüberschuss der Schweiz.

Kurz nach Trumps Wahl inszenierten die US-Finanzmärkte wegen Dollarabwertungsängsten eine regelrechte Goldhausse. Allein in den ersten drei Monaten 2025 exportierten die vier Schweizer Goldtrader im Tessin und in Neuenburg sage und schreibe 476 Tonnen Goldbarren aus der Schweiz in die USA, was den Handelsbilanzüberschuss im ersten Halbjahr um 38 Milliarden oder 52 Prozent hochschnellen liess. Der «Goldfluch», wie er in Goldschürfländern bezeichnet wird, erreichte auch die Schweiz. Nach dem Liberation Day fielen die Goldexporte kurz zurück, aber im Juli 2025 schnellten sie erneut auf 54 Tonnen, mit einem Wert von 5,4 Milliarden.

Derzeit arbeiten Bundesrat und Verwaltung an einem «optimierten Angebot», so die Sprachregelung für «eine rasche Einigung mit den USA». Zu Recht wird dazu Stillschweigen gewahrt. Das bisherige öffentliche Jekami mit Hypermoralismus und Besserwisserei und dem Ruf nach «Härte», Gegenzöllen oder Boykottdrohungen war nicht hilfreich. Weltmachtpolitik gegen einen absteigenden Hegemon kann man nicht mit Moral und kleinstaatlichen Drohungen angehen!

Der Gastautor

Rudolf Strahm ist ehemaliger Preisüberwacher und Ex-SP-Nationalrat.

Was ist derzeit machbar? Erstens muss der Bund unverzüglich die Goldbarrenexporte aus der schweizerischen Handelsbilanz herausnehmen. Dazu gibt es mehrere Möglichkeiten. Exporte von bloss umgeschmolzenem Währungsgold gehören nicht in die Handelsbilanz, sondern zur Kapitalverkehrsbilanz. Die Goldtransfers der SNB zum Beispiel figurieren nicht in der Handelsbilanz. Die IWF- und Uno-Richtlinien sind in der Statistikzuordnung von Gold flexibel: Möglich wäre ein Zollveredelungsverkehr oder die gänzliche Weglassung wie heute im konjunkturellen Total der Exportstatistik üblich. Nötigenfalls muss der Bundesrat per Bundesbeschluss die Goldschmelzaktivitäten ins Ausland verschieben lassen. Denn jede absehbare Währungsturbulenz bringt uns mit Goldexporten wieder in Schwierigkeit!

Zweitens ist die Ausdehnung der Kurzarbeitsentschädigung auf 24 Monate dringend, um den Firmen die geografische und technische Umsteuerung ohne Entlassungen zu erleichtern. Das ist angesichts des prall gefüllten Arbeitslosenversicherungsfonds finanzierbar.

Drittens bleibt das Pharmaproblem noch ungelöst im Raum. Präsident Trump drohte den Pharmazulieferern mit 250 Prozent Zollzuschlägen. Darauf haben Roche und Novartis willfährig mehrere Dutzend Investitionsmilliarden für die Verlegung ihrer Produktion in die USA versprochen. Der CEO von Breitling sagte zu Recht, die Wirtschaft sei «Gefangene der Pharmaindustrie». Big Pharma ist der grösste und mächtigste Zahler in der Economiesuisse. Es wäre klar die Aufgabe dieses Konzerndachverbandes, intern Eigenverantwortung zu übernehmen und die Mitglieder von Big Pharma in die Pflicht zu nehmen.

Viertens ist es vorausschauend, neue Freihandelsabkommen mit den grossen, rasch wachsenden Schwellenländern des Südens anzustreben. Die Resultate kommen meist nicht schnell zustande, zumal bei uns die Landwirtschaft eine wirksame Blockadenmaschine darstellt.

Heute ist zu begrüssen, wenn der Bundesrat mit der Wirtschaft neue USA-Verhandlungen mit «optimiertem Angebot» vorbereitet. Wir alle müssen uns aber mental dauerhaft auf eine neue Weltordnung einstellen, in der Macht statt Recht gilt. Auch wenn es Trump nicht mehr gibt, wird die bisherige Weltordnung nicht leicht wiederherzustellen sein.