Kontext
In seiner zweiten Präsidentschaft hat Donald Trump einen einmaligen Handelskrieg vom Zaun gebrochen. Sein Vorgehen steht in krassem Gegensatz zur Sichtweise bezüglich Welthandel, wie sie seit den 1990er-Jahren bis etwa zum Ende des ersten Jahrzehnts der 2000er vorherrschte. Das war die grosse Zeit der Globalisierung: Sie versprach nicht nur mehr Wohlstand, sondern auch ein Zusammenrücken der Länder und damit ein Ende von Kriegen. Davon ist heute keine Rede mehr. Wie kam es zu diesem gewaltigen Wandel? Was waren die alten Hoffnungen – und was hat sie enttäuscht? Hat der Freihandel noch eine Zukunft?
1. Die optimistische Sicht der Ökonomenzunft auf den Freihandel und seine Erfolgsgeschichte
Gemäss ökonomischen Lehrbüchern gibt es eine Reihe von Gründen, weshalb der Freihandel den Wohlstand aller Länder erhöht. Die bekannteste und einfachste Theorie stammt aus dem Jahr 1817, vom englischen Ökonomen David Ricardo. Sie besagt im Kern, dass es allen Ländern besser ergeht, wenn sie sich in der Produktion auf jene Güter konzentrieren, bei denen ihre Kernkompetenzen liegen. Die übrigen Güter werden durch Handel von Ländern mit anderen Kernkompetenzen erworben.