Für die Kantone steht viel auf dem Spiel: Heute entscheiden sie selbst, ob und wie sie Erbschaften besteuern. Mit der nationalen Erbschaftssteuer wäre das nicht mehr der Fall. Die kantonalen Finanzdirektoren wehren sich daher vehement gegen die Vorlage.

Am Freitag weibelte die Konferenz der kantonalen Finanzdirektorinnen und Finanzdirektoren (FDK) bereits zum zweiten Mal vor den Medien für ein Nein - diesmal alleine und nicht zusammen mit Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. «Es ist für uns ein sehr zentrales Thema», begründete Peter Hegglin, Präsident der kantonalen Finanzdirektoren und Zuger Regierungsrat, den Eifer.

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«Fundamentaler Eingriff»

Als Vertreter der Kantone stellten sie naturgemäss den Föderalismus ins Zentrum ihrer Argumente: Die Erbschaftssteuer-Initiative, über die am 14. Juni abgestimmt wird, sei ein «fundamentaler Eingriff» in die Steuerhoheit der Kantone, sagte Hegglin.

Es gebe zudem keinen Grund, die Sache neu auf Bundesebene zu regeln. Die Kantone seien mit der Steuer sehr verantwortungsvoll umgegangen. «Sie haben die Erbschaftssteuer nicht abgeschafft, sondern nur punktuelle Ausnahmen geschafft», sagte Hegglin.

Ausnahme Schwyz

Tatsächlich kennt einzig der Kanton Schwyz keine Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die direkten Nachkommen müssen jedoch nur in den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Waadt, Neuenburg und teilweise Luzern Erbschaftssteuern zahlen, in den anderen 22 Kantonen nicht. Die meisten dieser Kantone hatten früher einmal eine Erbschaftssteuer für direkte Nachkommen, schafften sie aber ab.

Die Differenzierung nach Verwandtschaftsgrad sei zu bewahren, sagte Hegglin. Die Initiative sieht keine solchen Unterschiede vor. Kinder würden gleich besteuert wie entfernte Verwandte. Dafür gälte ein Freibetrag von 2 Millionen Franken. Was darüber hinaus geht, würde mit 20 Prozent besteuert.

Die Initianten schätzen, dass dadurch jährlich Einnahmen von 3 Milliarden Franken entstünden. Davon sollen zwei Milliarden an die AHV fliessen, die restliche Milliarde an die Kantone. Heute nehmen die Kantone mit ihren sehr unterschiedlichen Erbschaftssteuern gesamthaft weniger ein, nämlich rund 900 Millionen Franken.

Fragezeichen hinter Rechnung

Die Finanzdirektoren zweifeln jedoch an dieser Rechnung. Die erwarteten Einnahmen von 3 Milliarden Franken seien mit einem «Fragezeichen zu versehen«, teilte die FDK am Freitag mit. Eine im Frühjahr durchgeführte Umfrage habe gezeigt, dass in den Kantonen überwiegend mit Mindereinnahmen gerechnet werde.

Vor allem wegen des Freibetrags von zwei Millionen rechnen die Finanzdirektoren mit weniger Einkünften. Heute würden viele Personen Erbschaften in diesem Bereich versteuern, sagte Hegglin. Es sei anzunehmen, dass weniger Personen Erbschaftssteuern zahlen müssten, sagte Hegglin.

Rückwirkung bemängelt

In den Augen der kantonalen Finanzdirektoren weist die Initiative zudem zahlreiche rechtliche Mängel auf. Sie stören sich insbesondere daran, dass Schenkungen rückwirkend ab Anfang 2012 dem Nachlass zugerechnet werden. Diese Rückwirkung sei verfassungswidrig. Ausserdem verletze die Initiative den Grundsatz der Allgemeinheit der Besteuerung, sagte der Walliser Staatsrat Maurice Tornay, Vizepräsident der FDK. Dies weil wegen des hohen Freibetrages viele Leute von der Steuer ausgenommen würden. Tornay bezeichnete diese beabsichtigte Ungleichbehandlung der Bürger als «schockierend».

Ausserdem sei die Initiative diskriminierend, sagte Tornay. Die Erben würden ungleich behandelt. Ein Nachlass von 2 Millionen Franken, der an einen einzigen Erben gehe, werde nicht besteuert. Ein Nachlass von 2,1 Millionen Franken, der an vier Erben gehe, aber schon. Daneben kritisierten die Finanzdirektoren die Zweckbindung der Steuer, die Belastung für die Wirtschaft bei der Unternehmensnachfolge und den bürokratischen Aufwand.

Vermögenskonzentration entgegenwirken

Hinter der Initiative stehen die Parteien EVP, SP, Grüne und CSP sowie der Schweizerische Gewerkschaftsbund und die christliche Organisation ChristNet. Sie wollen der Vermögenskonzentration entgegen wirken. Das Parlament, der Bundesrat und die bürgerlichen Parteien sprechen sich gegen die Initiative aus.

(sda/me)