Der US-Kongress hat kurz vor Fristablauf einen drohenden Teil-Stillstand der Regierungsgeschäfte abgewendet. Beide Kammern stimmten am Donnerstag (Ortszeit) für einen Übergangshaushalt bis zum 3. Dezember. Das neue Haushaltsjahr beginnt in den USA an diesem Freitag. Hätte der Kongress bis dahin keine Haushaltsregelung beschlossen, wäre es zu einem «Shutdown» von Teilen des Staatsapparates gekommen.

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US-Präsident Joe Biden unterzeichnete das Gesetz am Donnerstagabend (Ortszeit), wie das Weisse Haus mitteilte. Zwar stimmten sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus einige Republikaner für den Haushaltsentwurf - eine grosse Anzahl von ihnen votierte jedoch in beiden Kammern dagegen. Mit der Verhinderung des «Shutdowns» ist nur eine Krise vorerst abgewendet. Das weitaus grössere Problem der Schuldenobergrenze bleibt vorerst bestehen. Ohne eine Anhebung oder Aussetzung dieser Grenze durch den Kongress droht der US-Regierung laut Finanzministerin Janet Yellen Mitte Oktober der Zahlungsausfall.

Das Repräsentantenhaus hatte bereits in der vergangenen Woche mit den Stimmen der Demokraten eine Regelung zur vorübergehenden Finanzierung der Regierung beschlossen. Im Senat sperrten sich die Republikaner aber dagegen, weil darin auch vorgesehen war, die Schuldenobergrenze vorerst auszusetzen - was sie ablehnen. Die Demokraten trennten beide Fragen schliesslich notgedrungen, um einen «Shutdown» doch noch abzuwenden und das Haushaltsgesetz im Senat durchzubekommen.

Die Demokraten könnten mithilfe eines Sonderverfahrens («Reconciliation») die Erhöhung der Schuldengrenze durch den Senat bringen - dagegen sperren sie sich allerdings. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, hatte dieses Vorgehen als zu «riskant» bezeichnet. Finanzministerin Yellen hatte bei einem Zahlungsausfall vor einer Katastrophe gewarnt. Das Vertrauen in die Kreditwürdigkeit des Landes würde beschädigt - es drohten eine Finanzkrise und eine Rezession, sagte sie.

Neben den Kämpfen zwischen den beiden Parteien machen auch heftige interne Auseinandersetzungen bei den Demokraten Präsident Biden schwer zu schaffen. Er versucht mit einer Serie von Gesprächen und Verhandlungen, zwei zentrale Vorhaben seiner Amtszeit im Kongress durchzusetzen: ein grossangelegtes Paket für Investitionen in die Infrastruktur des Landes und ein zweites gewaltiges Paket mit Investitionen für Soziales.

Infrastrukturpaket verhindert

Das Infrastrukturpaket, mit dem Strassen, Brücken sowie andere Verkehrs- und Energienetze in den USA modernisiert werden sollen, hatte im August nach langen Verhandlungen den Senat passiert - mit Unterstützung von Republikanern. Das abschliessende Votum der anderen Kongresskammer fehlt noch. Vorgesehen sind über die nächsten Jahre verteilt rund 550 Milliarden US-Dollar neuer Investitionen in die Infrastruktur. Insgesamt, inklusive schon vorher veranschlagter Mittel, hat das Paket einen Umfang von mehr als einer Billion Dollar.

Das zweite Paket sieht einen deutlichen Ausbau der Sozialleistungen vor. Biden will etwa mehr in Bildung und Kinderbetreuung investieren, Familien stärker unterstützen und sie steuerlich entlasten sowie Geld für den Kampf gegen die Klimakrise in die Hand nehmen. Dieses Paket hat bisher einen Umfang von 3,5 Billionen Dollar, auch verteilt über mehrere Jahre. Finanziert werden soll es durch Steuererhöhungen für Spitzenverdiener und das konsequentere Eintreiben fälliger Abgaben.

Da die Republikaner hier nicht mitziehen wollen, planen die Demokraten, dieses zweite Paket dem parlamentarischen Sonderverfahren aus eigener Kraft durch den Kongress bringen. Sie haben in beiden Kammern aber nur knappe Mehrheiten, und auch bei ihnen sind die Pläne umstritten. Einige moderate Demokraten sehen die hohen Ausgaben kritisch und sperren sich dagegen. Progressive Demokraten haben sich hingegen mehr gewünscht. Letztere drohten damit, das Infrastrukturpaket zu blockieren, sofern nicht auch das grössere zweite Paket gesichert sei.

Pelosi wollte ursprünglich noch am Donnerstag über das Infrastrukturpaket abstimmen lassen. Offen war aber, ob die Demokraten angesichts des Widerstands in den eigenen Reihen überhaupt eine Mehrheit hätten. In einem am Donnerstagabend veröffentlichten Brief an ihre Fraktionskollegen schrieb Pelosi, die Diskussionen zwischen dem Repräsentantenhaus, dem Senat und dem Weissen Haus über einen Kompromiss bei dem grösseren zweiten Paket dauerten an.

(sda/tdr)