Unrechtmässige Provisionszahlungen, Aufträge ohne Ausschreibungen und Luxus-Geschenke: Eine mutmassliche Schmiergeldaffäre im Bundesamt für Umwelt (Bafu) beschäftigt das Bundesstrafgericht in Bellinzona.

Im Zentrum des Prozesses steht ein IT-Projekt im BAFU namens DaZu (Datenzugang), das einer der Angeklagten zwischen 2007 und 2010 im Mandatsverhältnis leitete. Mit ihm zusammen sitzen noch fünf andere Personen auf der Anklagebank, denen unterschiedliche Verstösse bei der Vergabe von Aufträgen für das IT-Projekt vorgeworfen werden.

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Bafu stoppte IT-Projekt

Die Bundesanwaltschaft ermittelte seit 2010 wegen ungetreuer Amtsführung im Bafu. Unter anderem wegen der Strafuntersuchung stoppte das Bundesamt 2012 das millionenschwere Informatikprojekt. Der Verlust soll zwischen 6 und 6,5 Millionen Franken betragen haben.

Die Angeklagten hätten durch ihre Taten für einen "massiven Vertrauensverlust" der Bürger in die Bundesverwaltung gesorgt, sagte der Staatsanwalt des Bundes am Mittwoch im Gerichtssaal in Bellinzona.

Der IT-Projektleiter des Bafu soll von mehreren Unternehmen bei der Vergabe von Dienstleistungsverträgen Zahlungen von etwa 118'000 Franken verlangt haben. Der 43-Jährige sei der "Drahtzieher" gewesen, sagte der Vertreter der Bundesanwaltschaft.

Angeklagter wehrt sich

Die Vorwürfe gegen ihn seien «extrem einseitig dargestellt», erklärte der Angeklagte seinerseits vor Gericht. Er bestritt die ihm zur Last gelegten Handlungen der Bestechung und der ungetreuen Amtsführung.

Er halte es ausserdem für falsch, als Bafu-Beamter qualifiziert zu werden: Er habe keine Weisungsbefugnis gehabt und sei nach aussen nicht als Mitarbeiter des Bundesamts aufgetreten. Über dessen Visitenkarten und eine Telefonnummer habe er allerdings schon verfügt, wie er angab.

Der 43-jährige IT-Projektleiter bestritt ausserdem unrechtmässige Provisionszahlungen erhalten zu haben: Diese sollen ihm laut der Staatsanwaltschaft von den mitangeklagten IT-Beratern überwiesen worden sein, damit er sie bei einem Vergabeverfahren begünstigte. Vor Gericht bestritten alle Beschuldigten, den rechtswidrigen Charakter dieser Zahlungen.

Zusammen mit dem ebenfalls angeklagten Sektionschef im Bafu soll der Projektleiter dafür gesorgt haben, dass die Aufträge an Firmen vergeben wurden, die er selbst kontrollierte. Dabei wurden zwar der Form nach Einladungsverfahren durchgeführt. Faktisch sollen die Aufträge aber direkt vergeben worden sein. Um den Schein zu wahren, seien fingierte Absageschreiben aufgesetzt worden, so der Staatsanwalt des Bundes.

Der hauptangeklagte IT-Projektleiter rechtfertigte dies in einem Fall damit, dass so für das Bafu Zeit und Geld gespart wurde. Das Projekt sei so komplex gewesen, dass es «zwei bis drei Monate» gedauert hätte, bis ein neuer Zuständiger eingearbeitet gewesen wäre. Zugleich gab er aber zu, dass es aus beschaffungsrechtlicher Sicht nicht korrekt gewesen sei.

Elektronikgeräte und Karten für Fussballspiele

Auch der ehemalige Sektionschef im Bafu wies die Anschuldigungen am Mittwoch im Gerichtssaal von sich - sie seien «aus dem Zusammenhang» gerissen. Er habe für das Bafu immer «am wirtschaftlichsten» handeln wollen. In diesem Zusammenhang gab er auf Anfrage der Richterin zu, dass er Endnutzerlizenzverträge für Software unterschrieb, obwohl er nur Verträge für die Beschaffung von Büromaterial hätte unterschreiben dürfen.

Der IT-Projektleiter soll dem Sektionschef Geschenke und Einladungen als Gegenleistung für die Vergabe von IT-Verträgen erteilt haben: Laut dem Staatsanwalt des Bundes wurden dieser und seine Partnerin etwa zu einem Fussballspiel des FC Barcelona gegen den FC Basel eingeladen. Die Kosten inklusive Übernachtung beliefen sich auf rund 2900 Franken.

Zudem soll der Sektionschef Elektronikgeräte für das Bafu beschafft, diese aber privat verwendet haben. Er führte ausserdem vor Gericht aus, dass er über das BAFU neue Elektronikartikel verkaufte, um so eine «schwarze Kasse» zu alimentieren, die wiederum zur Finanzierung von «Teamevents» diente.

Der IT-Projektleiter muss sich ebenfalls vor dem Bundesstrafgericht verantworten, weil er mittels gefälschter Bilanzen einen Hypothekarkredit für eine Luxus-Liegenschaft im Kanton Bern beantragt haben soll.

Für Aufträge bezahlt

Bei zwei weiteren Angeklagten handelt es sich um Geschäftsleiter und Gesellschafter von IT-Firmen, die dem Projektleiter mehrmals Zahlungen von total 100'000 Franken für die erhaltenen Aufträge überwiesen haben sollen. Sie stritten die Vorwürfe am Mittwoch in weiten Teilen ab. Die Angeklagten Nummer fünf und sechs sollen zum Schaden des Bundes bei der Beschaffung von Softwarelizenzen mitgeholfen haben.

Der Prozess wird morgen mit den Plädoyers der Staatsanwaltschaft und der Verteidigung fortgesetzt.

(sda/chb)