Nachdem der Nationalrat den Zulassungsstopp für Ärzte beerdigt hat, ist eine Volksinitiative über ein kantonales Versicherungsmodell angezeigt. Dieser Meinung ist der Waadtländer Gesundheitsdirektor Pierre-Yves Maillard (SP). Ein Initiativtext sei in Zirkulation, sagt er und kritisiert den Entscheid des Nationalrates.

Er habe an einem Entwurf mitgearbeitet, sagte Maillard in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview mit den Westschweizer Zeitungen «24 Heures» und «Tribune de Genève». Der Text versuche, bisherigen Misserfolgen Rechnung zu tragen und gründe auf einem Modell mit einer öffentlichen kantonalen Krankenkasse, wenigstens für das Einkassieren der Prämien.

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«Sie wollen nur Macht übernehmen»

Nun müssten sich einige Deutschschweizer Persönlichkeiten der Angelegenheit annehmen. Erforderlich ist die Initiative in Maillards Augen, weil «die Händler dieses Sozialwerks» enteignet werden müssten. «Sie sind nicht daran interessiert, die Kosten zu senken. Sie wollen nur Macht übernehmen.»

Seitens der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK) wolle man versuchen, vor der Sommerpause eine neue Parlamentsdebatte zu lancieren. Laut Maillard machen zurzeit 18 Kantone von der Möglichkeit Gebrauch, die Eröffnung neuer Arztpraxen einzuschränken. «Auch in den Kantonsparlamenten müsste die Sache diskutiert werden.»

Er erinnert an die vorübergehende Aufhebung des Zulassungsstopps vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2013: «In dieser Zeit habe ich eigenhändig über 500 Praxisbewilligungen für neue Ärzte unterschrieben.» In den 18 Monaten davor - mit Zulassungsstopp - seien es 220 gewesen, in den anderthalb Jahren danach 240 bis 250.

Wenig Allgemeinpraktiker

Die 300 zusätzlichen Ärztinnen und Ärzte kamen im Wesentlichen aus EU-Staaten in die Schweiz, und es waren vor allem Spezialisten und Spezialistinnen. Lediglich fünfzig von ihnen seien Allgemeinpraktiker gewesen, sagt der Waadtländer Gesundheitsdirektor.

In der Waadt habe sich dieser Zuzug mit Kosten von 100 Millionen Franken ausgewirkt. In Prämien waren es laut Maillard 15 Franken pro Versicherter und Monat oder mehr als 1000 Franken im Jahr für eine vierköpfige Familie. Das sei der Preis der «Verrücktheit» vom Freitag. «Und das erwartet uns ab Mitte 2016 erneut».

SVP und FDP versenkten in der Schlussabstimmung der Wintersession am Freitag im Nationalrat die Vorlage. Die derzeit bis Mitte 2016 befristete Möglichkeit für Kantone, die Zulassung von Spezialärzten von einem Bedürfnis abhängig zu machen, hätte auf Dauer im Gesetz verankert werden sollen.

SVP plädiert für Wettbewerb

Das Problem der hohen Ärztedichte und der steigenden Kosten lasse sich nicht mit einer kosmetischen Massnahme lösen, sagte FDP-Fraktionschef Ignazio Cassis (TI) zum Entscheid. Das Rezept der FDP heisst regional abgestufte Preise: Mediziner in Gebieten mit hoher Ärztedichte sollen für die gleiche Leistung weniger Geld erhalten als Ärzte in Gebieten mit wenig Konkurrenz.

Die SVP hingegen macht sich für die Vertragsfreiheit zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern stark, wie der Baselstädter Nationalrat Sebastian Frehner nach der Schlussabstimmung sagte. Überversorgung lasse sich mit Abschottung nicht bekämpfen. Qualität könne nur im Wettbewerb erreicht werden.

(sda/gku)