Deutschland ist nach Worten von Wirtschaftsminister Robert Habeck jetzt für einen Stopp russischer Öl-Lieferungen ausreichend vorbereitet. «Heute kann ich sagen, dass ein Embargo handhabbar für Deutschland geworden ist», sagte der Grünen-Politiker nach einem Treffen mit seiner polnischen Kollegin Anna Moskwa am Dienstag in Warschau.

Der Import-Anteil sei in den letzten Wochen von einst 35 Prozent gedrückt worden und liege nun noch bei zwölf Prozent. Dieser Teil umfasse allein Lieferungen für die PCK Raffinerie in Schwedt an der Oder, die per Pipeline versorgt wird. Die Raffinerie wird aber von dem russischen Unternehmen Rosneft kontrolliert. Hier sei man auf der Suche nach einer Alternative. «Diese Alternative ist Aufgabe der nächsten Tage.»

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Kommt jetzt ein Öl-Embargo der EU?

Damit äussert sich die deutsche Regierung zuversichtlicher als noch Anfang des Monats. Bislang hiess es, ein Verzicht auf russisches Öl sei bis Ende des Jahres möglich. Deshalb könnte nun auch ein Beschluss der EU für ein Öl-Embargo näher rücken.

Habeck erwähnte in diesem Zusammenhang auch die deutsche Erdöl-Reserve, mit der ein Ausfall von Lieferungen bis zu drei Monate abgefangen werden kann. Allein mit dieser könnte also die Zeit bis zu einer Lösung für Schwedt überbrückt werden. Da Schwedt und auch die Raffinerie Leuna teilweise auch Polen mit versorgten, seien Vorbereitungen getroffen, dass die Ölreserve so auch für Polen zum Einsatz kommen könne, sagte Habeck. Im Vorfeld des Treffens in Warschau hatte es geheissen, dass der polnische Hafen Danzig eine wichtige Rolle dabei spielen könne, die Versorgung von Schwedt per Schiff sicher zu stellen.

Die EU sucht eine gemeinsame Haltung

Deutschland kommt damit schneller voran als bisher angekündigt. In einem Papier des Wirtschaftsressorts von Anfang April hiess es zu den deutschen Anstrengungen noch: «Im Ergebnis sollen bis Mitte des Jahres Ölimporte aus Russland halbiert sein; bis zum Jahresende wird eine nahezu vollständige Unabhängigkeit von russischem Erdöl angestrebt.» Ein sofortiges Embargo könne jedoch regional in Ost- und Mitteldeutschland zumindest zeitweise zu Marktverwerfungen und Engpässen bei der Versorgung mit Erdölprodukten führen.

In der EU wird seit längerem um eine gemeinsame Linie bei den Energie-Importen aus Russland gerungen. Zuletzt hatte man sich auf ein Aus für Kohle-Einfuhren ab August verständigt. Beim Öl wird noch gerungen. Österreich und Ungarn etwa sehen ein Embargo skeptisch. Besonders schwierig, vor allem für Deutschland, ist die Lage beim Erdgas. Deutschland braucht nach eigenen Angaben trotz aller Anstrengungen noch zwei Jahre diesen Brennstoff aus Russland. Ein sofortiges Embargo könne das Land in eine tiefe Rezession stürzen, hatte Energie-Staatssekretär Patrick Graichen am Montag gesagt.

(reuters/mbü)