Wenn Konsumentinnen und Konsumenten in die Feinverteilung von online bestellten Gütern eingebunden werden, lässt sich der Einsatz von Lieferfahrzeugen reduzieren. Bei diesem Punkt sind sich viele Logistikexperten einig. Über die Art und Weise hingegen weniger.

Sehr en vogue bei vielen Stadtplanern sind sogenannte City- oder Mini-Hubs, also Abholpaketstationen, die sich an zentralen städtischen Stellen befinden. Vorteil für die Kundinnen und Kunden: Sie können dort ihre bestellten Artikel jederzeit abholen. Vorteil für Verkehr und Umwelt: Lastwagen aller Art müssen sich nicht bis in die letzten Winkel von Siedlungsgebieten durchtanken, sondern können die Päckli an zentraler Stelle deponieren.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

City-Hub nicht die Lösung

Anders sieht dies Patrick Kessler: «Es bringt nichts, wenn die Konsumenten und Konsumentinnen – wohl oft genug im eigenen Auto – zu einem City-Hub fahren.» Kesslers Wort hat Gewicht; als Geschäftsführer von Handelsverband.swiss spricht er für 370 Mitglieder, die hierzulande jährlich 20 Milliarden Franken Umsatz erwirtschaften.

Porträt von Patrick Kessler, Geschäftsführer von Handelsverband.swiss.

Patrick Kessler: Er hält vom City-Hub-Hype nichts.

Quelle: ZVG

Grundsätzlich, sagt Kessler, sei es «effizienter und umweltschonender, wenn ein grosser Wagen 15 Pakete zum Konsumenten nach Hause bringt, als wenn 15 einzelne Konsumenten im Auto zur Paketstation fahren.»

Kessler findet eine «allfällige Verstopfung der City-Strassen» das kleinere Problem. Die grössere Herausforderung sei der begrenzte Platz bei der letzten Station: «Wenn Kuriere aufgrund der Parkplatznot auf der Strasse auf dem Trottoir oder auf Velowegen parkieren müssen, erzeugt dies gefährliche Situationen im Verkehr.»

«Es bringt nichts, wenn Konsumenten und Konsumentinnen zum City-Hub fahren.»

Patrick Kessler, Geschäftsführer Handelsverband.swiss

Retail- und Logistikprofi Kessler regt deshalb an, einen Schweizer Klassiker auf den letzten 50 Metern der letzten Meile neu zu positionieren: den Milchkasten. Aber nicht in der heutigen Form als grosser Bruder des Briefkastenschlitzes, sondern in einer gepimpten XL-Variante in Wohnsiedlungen: «In der Schweiz sollten die persönlichen Milchkasten in grösseren Überbauungen abgeschafft und durch ein System von grossen Paketstationen pro Siedlung ersetzt werden.»

Siedlungsinterne Lieferstation

Damit meint Kessler quasi siedlungsinterne Umschlagstationen für Pakete und Lieferungen aller Art. Jede Bewohnerin und jeder Bewohner hätte so über einen digitalen Schlüssel Zugang zu dieser Station und könnte die Lieferungen zu jeder Zeit im eigenen Wohnraum in die Wohnung transportieren.

Auf den allerletzten 50 Metern des gesamten Lieferprozesses würden auf diese Weise die Konsumenten und Konsumentinnen selber zu Akteuren – aber nicht im eigenen Fahrzeug, sondern zu Fuss, sagt Kessler: «Wenn die Quartierplanung in diese Richtung geht, lässt sich viel Verkehr auf der allerletzten Meile vermeiden.»

Andreas Güntert
Andreas GüntertMehr erfahren