Der Ausblick für die Schweiz ist bei nüchterner Betrachtung schwieriger geworden. Die wirtschaftlichen Herausforderungen waren selten so gross wie heute. Ein Plan, wie wir wieder optimistischer in die Zukunft blicken können, ist in der Politik nicht zu erkennen. Wir brauchen einen Strategiedialog, um die wirtschaftliche Zukunft der Schweiz zu sichern.

Was sind dabei die drängendsten Themen, und welche sind es nicht?

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Gesellschaftliche Fragen werden immer wichtig bleiben. Gesellschaften verändern sich und der Staatsaufbau muss sich anpassen. Ein internationaler Vergleich macht aber deutlich, dass für einen weiteren Ausbau in unserem Sozialstaat keine Dringlichkeit vorliegt. Wir haben Vollbeschäftigung. Alle Geschlechter nehmen in einem hohen Anteil am Erwerbsleben teil. Wir haben einen funktionierenden Sozialstaat. Unsere Einkommensverteilung hat sich nicht wie in anderen Ländern zugunsten der Reichen verschoben. Für unseren Sozialstaat werden wir bei konstanter Gesetzeslage sogar einen stetig steigenden Anteil unseres Volkseinkommens aufwenden. Wir werden es schwer haben, all die Dinge, die wir uns versprochen haben, zu finanzieren.

Der Gastautor

Der Ökonom Klaus Wellershoff ist Gründer und Verwaltungsratspräsident von Wellershoff & Partners.

Statt Verteilungsfragen zu diskutieren, sollten wir Antworten darauf finden, wie wir Volkseinkommen generieren, das uns und unseren Mitmenschen zugutekommt.

Dabei belastet die amerikanische Politik unseren Wirtschaftsausblick massgeblich. Die Zollpolitik der USA ist ein Frontalangriff auf unseren Wohlstand. 39 beziehungsweise 100 Prozent Einfuhrzölle sind prohibitiv. Unsere Unternehmen können diese umgehen, indem sie ihre Produktion verlagern. Unser Land wird jedoch deutlich an Wertschöpfung verlieren. Das Schweizer Wachstum der letzten zehn Jahre stammt zur Hälfte aus der Pharmaindustrie und ganz stark aus der Zunahme von deren Exporten in die USA. Damit ist jetzt Schluss.

Es gibt aber auch hausgemachte Gründe für die Sorge um unseren Wohlstand. Ein Viertel der gesamten Nachfrage nach den von uns produzierten Gütern und Dienstleistungen stammt aus dem EU-Binnenmarkt. Wie es dort weitergeht, ist immer noch unklar, weil unsere Polparteien zu keinem Kompromiss in ihren Positionen bereit zu sein scheinen.

Gleichzeitig beobachten wir bei der Bevölkerung einen fatalen Trend, immer weniger arbeiten zu wollen. Seit dem Jahr 2000 haben wir unsere Jahresarbeitszeit für vollzeitäquivalente Arbeitnehmende pro Jahr um einen Tag reduziert. In 25 Jahren ist das mehr als ein Monat. Damit haben wir selbst die Grundlage für eine überbordende Zuwanderung geschaffen. Weniger Arbeitsangebot konnte nur durch ausländische Arbeitnehmende ausgeglichen werden.

Und schliesslich wächst die Regulierung im Land immer noch – trotz allen Lippenbekenntnissen der Politik. Die Schweiz verfügt wahrscheinlich über die höchste Regeldichte in der Bauwirtschaft weltweit. Und wir wundern uns über teure Baukosten und hohe Erstmieten?

Die Finanzwirtschaft wurde immer weiter reguliert, ohne dass dies den Untergang der zweitgrössten Bank der Schweiz verhindert hat. Der Anteil der Banken an der Wertschöpfung der Schweiz ist dank der Regulierung von 8 auf 5 Prozent zurückgegangen. Statt weniger, aber zielgerichteter zu regulieren, folgt nun der nächste Regulierungsschub mit dysfunktionaler Wirkung.

Kombinieren Sie das mit der Frage, wie wir den ökologischen Umbau unserer Gesellschaft und eine angemessene Landesverteidigung finanzieren sollen. Fügen Sie unsere einseitige Abhängigkeit von den USA in IT-Infrastrukturfragen hinzu. Dann wissen Sie, warum es Zeit ist, dass wir uns zusammensetzen und eine gemeinsame Strategie für die wirtschaftliche Zukunft der Schweiz entwerfen müssen. Ohne eine solche schlafwandeln wir in den wirtschaftlichen Abstieg.