Ferienbedingt haben Geschichten über Overtourism wieder Hochkonjunktur. Von Übertourismus spricht man, wenn wegen zu vieler Feriengäste die Lokalbevölkerung mehr leidet als profitiert. Sei es, weil die Gäste alles verstopfen und vermüllen oder weil sie die Wohnungsnot verschärfen. Auf Mallorca gehören Anti-Touristen-Proteste längst zur Kulisse wie der blaue Himmel – selbst auf den dünn besiedelten norwegischen Lofoten ist die Stimmung gekippt, weil alles mit Wohnwagen vollgeparkt ist und es nach Fäkalien stinkt. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus. In Barcelona werden die Touristen mit Wasserpistolen verjagt, in den Niederlanden haben genervte Anwohner koordiniert Google Maps mit falschen Sperrmeldungen bombardiert, sodass die Navis der Touristen verrückt spielten.
Auch in der Schweiz werden die Touristenmassen an gewissen Hotspots immer mehr als störend empfunden. In Luzern dürfen deshalb Wohnungen nur noch für maximal drei Monate an Kurzaufenthalter vermietet werden. Das Absurde dabei: Gleichzeitig wird der touristische Overkill nach wie vor staatlich gefördert. Mit 58 Millionen Franken jährlich wird die Marketingorganisation Schweiz Tourismus (ST) subventioniert, die mit teuren Kampagnen für Ferien in der Schweiz wirbt. Insofern ist es nur logisch und richtig, dass der Bund im Rahmen des Sparpakets auch seinen Beitrag ans Budget für ST kürzen will.
Wenn die Allgemeinheit schon mitbezahlt, dann sollte das Geld für die Bewerbung von Randregionen und die bessere Verteilung über die Saison investiert werden. Das hat mittlerweile auch ST erkannt. Mit der neuen Strategie «Travel Better» will sie die richtigen Gäste zur richtigen Zeit an die richtigen Orte führen.
Das klingt vernünftig, ist aber noch ein weiter Weg. Typischerweise zeigen teure Werbespots mit Mads Mikkelsen oder Roger Federer, die zwecks Ganzjahrestourismusförderung für Herbstferien in der Schweiz werben, dann doch lieber das Oberengadin statt den Greyerzersee.
Neben gescheiter eingesetzten Mitteln im Marketing sind angemessene Preise ein probates Mittel im Umgang mit den vielen Touristen. Statt sie mit Staatsgeldern ins Land zu locken und sie dann zu beschimpfen, sollten wir sie lieber herzlich empfangen, aber dafür ordentlich zur Kasse bitten. Sei es mit Drehkreuzen wie in Iseltwald oder einer Haltegebühr für Reisecars wie in Luzern. Zwar lassen sich Touristenströme damit erfahrungsgemäss nur bedingt lenken, aber immerhin werden Einnahmen generiert, um die negativen Folgen abzufedern und in die Infrastruktur zu investieren. In den ÖV, in Parkplätze oder Extraspuren für Einheimische, aber auch in ein Müllkonzept, Toiletten und Parkranger in sensiblen Naturregionen. Für einmal täte uns ein bisschen Trump gut: Wir bauen die Hürden, aber die anderen sollen dafür zahlen.