Die Schweizer Bevölkerung fühlt sich sicherer als vor fünf Jahren - auch, weil die Kriminalitätsrate erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg generell gesunken ist. Trotzdem sehen Polizeikommandanten bei der Prävention noch hier und dort Handlungsbedarf.

Nach einer Abnahme der Kriminalfälle in den USA und in Grossbritannien in den vergangenen Jahren habe der positive Trend nun auch die Schweiz erreicht, sagte Kriminologe Martin Killias am Montag vor den Medien in Bern. Sein Team hat im Auftrag der Konferenz der kantonalen Polizeikommandanten (KKPKS) die Schweizerische Sicherheitsbefragung 2015 durchgeführt.

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Ergebnisse einer Befragung

Diese kommt zum Schluss: Die Bevölkerung fühlte sich im vergangenen Jahr sicherer als noch im Jahr 2011. Und die Schweiz ist auch tatsächlich sicherer geworden. In den vergangenen Jahren seien weniger Menschen Opfer von Straftaten geworden.

Die Aussagen basieren auf einer Befragung von rund 2000 zufällig ausgewählten Personen zwischen Mai und September 2015. Die Studie wird seit dreissig Jahren regelmässig durchgeführt und gibt Aufschluss über langfristige Entwicklungen in der Kriminalität.

Geändertes Freizeitverhalten

«Insbesondere beim Diebstahl sowie bei Tätlichkeiten und Drohungen nahmen die Straftaten gegenüber der letzten Befragung deutlich ab», sagte Killias. Grund dafür sei unter anderem das geänderte Ausgangsverhalten von jungen Leuten. «Viele verbringen die Freizeit am Computer, im Internet, und bewegen sich nicht mehr so oft auf der Strasse.»

Dies hat auch Auswirkungen auf das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Laut der Befragung fühlen sich mehr als acht von zehn Personen in der Schweiz sicher. Rund 11 Prozent gaben an, in den vergangenen zwölf Monaten Angst gehabt zu haben. Dieses Ergebnis sei zwar erfreulich tief, aber es müsse die Aufgabe der Polizei sein, dass sich alle in der Schweiz sicher fühlten, sagte KKPKS-Präsident Stefan Blättler.

Schweiz kein Hort der Sicherheit

Probleme sieht die Bevölkerung vermehrt in den Bereichen Vandalismus, Einbruch sowie Diebstahl und Raub. Trotz leicht gesunkener Einbruchszahlen halten es mehr Personen für wahrscheinlich, dass sie Opfer eines Einbruchs werden.

Auch wenn die Zahl der Delikte in fast allen Bereichen abnehme, so sei die Schweiz nicht etwa ein Hort der Sicherheit, stellte Killias klar. «In den 1980er-Jahren galten wir mal als sicherstes Land, doch diese Aussage ist schon lange überholt.» Zuletzt habe die Schweiz bei gewissen Delikten klar überdurchschnittliche Raten verzeichnet. Beispielsweise Raubüberfälle hätten sich auf hohem Niveau eingependelt.

Tiefe Anzeigerate steigern

Kommt hinzu, dass die Kriminalitätsrate von Kanton zu Kanton stark divergieren kann. Welche Regionen genau deutlich über oder unter dem schweizerischen Durchschnitt liegen, konnte Killias nicht sagen. Klar sei aber, dass städtische Kantone und Gemeinden oft deutlich höhere Kriminalitätsraten aufwiesen als ländliche Gegenden.

Die Erkenntnisse seien wesentlich für die tägliche Polizeiarbeit, sagte Blättler. Mit der Studie könnten Tendenzen, die in der jährlich publizierten polizeilichen Kriminalstatistik nicht abgebildet würden, aufgedeckt werden.

Opfer zur Anzeige ermuntern

Ansetzen wollen die Polizeikommandanten unter anderem bei den tiefen Anzeigeraten, welche die Befragung ebenfalls zutage förderte. «Wir müssen verhindern, dass gewisse Opfer von Straftaten aus Scham- oder Angstgefühlen nicht zur Polizei gehen.»

Geschehen soll dies etwa mit Sensibilisierungskampagnen für die Bevölkerung. Andere Massnahmen sollen beispielsweise den Trend des abnehmenden Sicherheitsgefühls im Strassenverkehr stoppen. Dazu brauche es den Dialog mit der Bevölkerung, Informationen der Behörden sowie die politische Anerkennung der Probleme, sagte Martin Boess, Direktor der Schweizerischen Kriminalprävention (SKP).

(sda/mbü/ama)