Das Parlament hat die Aktienrechtsreform am 19. Juni 2020 verabschiedet. Ende November ist die Konzernhaftungsinitiative gescheitert und an deren Stelle ist der indirekte Gegenvorschlag getreten. Welches sind die Rechtswirkungen, die daraus resultieren? Und besteht für die betroffenen Unternehmen ein unmittelbarer Handlungsbedarf?

Das revidierte Aktienrecht ist noch nicht in Kraft getreten. Einzig Bestimmungen zur Transparenz bei Rohstoffunternehmen und zur Geschlechtervertretung wurden am 1. Januar 2021 rechtskräftig. Dazu bestehen allerdings Übergangsregeln. So gilt für die Geschlechterrichtwerte eine fünf- bis zehnjährige Frist. Die übrigen Bestimmungen werden wohl auf den 1. Januar 2022 wirksam. Notwendig sind Anpassungen in anderen Erlassen, insbesondere der Handelsregisterverordnung.

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Beim indirekten Gegenvorschlag, der rechnungslegungsrechtlich relevante Vorschriften enthält, sind die Referendumsfrist und die Verordnung abzuwarten. Die geltenden aktienrechtlichen Normen bleiben deshalb weiterhin anwendbar. Die betroffenen Gesellschaften, namentlich die börsenkotierten Aktiengesellschaften, müssen mit Blick auf die GV-Saison 2021 an ihren Statuten deshalb keine Anpassungen zwingend vornehmen.

Sollen die Statuten trotzdem schon auf freiwilliger Basis in der GV-Saison 2021 angepasst werden? In der Beurteilung dieser Frage sind verschiedene Überlegungen zu berücksichtigen. Die Aktienrechtsreform ist so konzipiert, dass grundsätzlich keine Statutenänderungen erforderlich sind.

Über den Autor

Felix Horber ist Generalsekretär von Swiss Re.

Für Gesellschaften, deren Statuten mit dem revidierten Aktienrecht nicht im Einklang stehen, besteht eine zweijährige Übergangsfrist. Neuerungen wie das Kapitalband oder die Nutzung der Digitalisierung an der GV bedürfen einer statutarischen Grundlage. Sofern die Firmen von diesen Vorteilen nicht sofort profitieren möchten, können diese freiwilligen Anpassungen später vorgenommen werden.

Jetzt Überlegungen anstellen, aber nicht überstürzt handeln

Solange die Handelsregisterverordnung nicht vorliegt, welche die Neuerungen des revidierten Aktienrechts implementiert, besteht noch keine genügende Rechtsklarheit, wie einzelne Normen in den Statuten konkret umgesetzt werden könnten. Die Statuten sind sinnvollerweise erst dann zu revidieren, wenn auch Gewissheit darüber besteht, wie sich der indirekte Gegenvorschlag auswirkt.

Es gilt mithin abzuwarten, bis die Verordnung vorliegt. Auch beim indirekten Gegenvorschlag sind für die neuen Rechtspflichten, etwa für die Berichterstattung über die nicht finanziellen Belange (ESG-Reporting), Übergangsfristen vorgesehen. Das ESG-Reporting wird wohl erstmals für das Geschäftsjahr 2023 relevant, über welches 2024 berichtet wird.

«Die neuen Normen sehen Übergangsfristen vor.»

Sodann empfiehlt sich, sämtliche Statutenanpassungen, die nun vorgenommen werden, in einem einzigen Durchgang als Gesamtpaket dem Aktionariat zur Abstimmung zu unterbreiten. Da auch die GV-Saison 2021 wohl ohne physische Präsenz der Aktionäre stattfinden wird, scheint es wenig opportun, Statutenänderungen vorzulegen, welche die Ausübung der Aktionärsrechte betreffen.

Diese Überlegungen sollten die Unternehmen nicht davon abhalten, sich jetzt schon intensiv mit dem Thema der Statutenrevision zu befassen. Die Statuten auf freiwilliger Basis bereits in der GV-Saison 2021 anzupassen, drängt sich allerdings nicht auf.

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