Wegen Bidens Inflation Reduction Act: Schweizer Startup Climeworks expandiert in die USA

Climeworks ist ein Aushängeschild der europäischen Klimatechnologie – und bald wohl auch jener der USA. Im Zuge des 369 Milliarden Dollar schweren Klimapakets innerhalb des Inflation Reduction Acts wagt das ETH-Spin-off den Sprung über den Teich. Klimapolitik-Chef Christoph Beuttler bestätigte die US-Expansionspläne gegenüber der Nachrichtenseite «Sifted» ausgerechnet in jener Woche, in der die EU ihre Antwort auf das protektionistische Gesetzespaket der Biden-Regierung veröffentlichte. «Wir schauen mit wachem Auge über den grossen Teich», sagt Christoph Beuttler, Chief Climate Policy Officer von Climeworks. Climeworks hat derzeit eine betriebsbereite Direct-Air-Capture-Anlage, die Kohlenstoffdioxid direkt aus der Atmosphäre entfernt, und arbeitet an einer weiteren. Beide befinden sich auf Island. In den USA seien «wahrscheinlich» sowohl ein eigenes Werk als auch Investitionen geplant. Konkret könne man das zwar noch nicht sagen, «aber wir wollen wirklich in die USA expandieren». Bereits im November hatte Beuttler die Pläne erstmals in einem Interview mit der «Handelszeitung» bestätigt und erzählt, dass Climeworks am Klimapaket der US-Regierung auch selbst mitgearbeitet hatte: «Die USA haben erkannt, dass die direkte Gewinnung von CO2 aus der Luft kein Kostenfaktor ist, sondern eine Riesenchance. (...) Also fördern sie uns stark, damit wir dort hingehen – und es funktioniert.» Climeworks habe ausserdem bereits ein Team in den USA. Das 2009 in Zürich gegründete Unternehmen Climeworks ist führend in der CO2-Abscheidungs- und Speicherungs-Technologie (DAC+S) und das am besten finanzierte Startup der Welt. Bis 2025 will Climeworks jährlich 1 Prozent der globalen CO2-Emissionen aus der Luft entfernen. EU strebt beim Klima-Wettrüsten wieder an die Spitze In Brüssel wie in Bern dürfte man sich über die Climeworks-Expansionspläne nur mässig freuen. Nachdem der Inflation Reduction Act mit dem historischen Klimapaket als weitreichend protektionistisch und gefährdend für die europäische Wirtschaft eingeschätzt wurde, hat die EU-Kommission am Mittwoch ihre Antwort darauf vorgelegt. Brüssel will durch einen Subventionswettlauf Gründern von Klimatechnologien neue Anreize bieten und das Gleichgewicht mit Amerika wiederherstellen. Dies betrifft besonders Bereiche wie Direct Air Capture und Batterien, wo einige der führenden Unternehmen europäisch sind. Der 18-seitige «Industrieplan» gilt als erster, aber wichtiger Schritt, um Milliarden an grünen Investitionen auf dem ganzen Kontinent freizusetzen. Allerdings sind die 27 EU-Mitgliedsländer in Sachen Klimaneutralität gespalten und die Finanzierung noch nicht komplett klar. Sollte der Plan jedoch so realisiert werden, stände Brüssel mit prognostizierten Investitionen in Höhe von 410 Milliarden US-Dollar bis 2030 beim «globalen Klima-Wettrüsten» wieder an der Spitze. Schweiz will beim Subventionswettlauf nicht mitmachen Climeworks-Klimapolitik-Chef Beuttler wirbt stark für den Subventionswettlauf. Was in den USA passiere, sei nur «ein Anfang». Laut einem neuen Bericht führender Wissenschafter heisst es, dass die staatlichen Ausgaben zur Skalierung der Technik zur CO2-Abscheidung und Speicherung bis 2030 um das 30-Fache steigen müssten. «Wir brauchen ein Regierungsprogramm, um die Kosten für die direkte Abscheidung aus der Atmosphäre zu senken», sagt Beuttler. Obwohl sich laut einer Recherche der «Handelszeitung» mehrere Schweizer Unternehmen von Bidens Klimapaket locken lassen und das Folgen für die Schweizer Wirtschaft nach sich ziehen könnte, verweigert sich Bern dem neuen Subventionswettlauf bislang. «Als mittelgrosse offene Volkswirtschaft mit kleinem Binnenmarkt ist die Schweiz gut beraten, auf eine Beteiligung an einem möglichen Subventionswettlauf zu verzichten», sagt Seco-Sprecher Fabian Maienfisch. Die Schweiz setze auf andere Erfolgsfaktoren wie «ein attraktives steuerliches Umfeld, ein gut ausgebautes Bildungssystem mit hochdotierten Universitäten wie auch einer leistungsfähigen Berufsbildung und einer hervorragenden Infrastruktur».