Knapp sieben Monate nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine hat Russland eine Teilmobilmachung der eigenen Streitkräfte angeordnet. Er habe diese Entscheidung nach einem Vorschlag des Verteidigungsministeriums getroffen und das Dekret unterschrieben, sagte Kremlchef Wladimir Putin in einer Fernsehansprache am Mittwoch. Die Teilmobilisierung beginne noch an diesem Mittwoch. Damit will er auch Personalprobleme an der Front lösen. Zuleich kündigte Putin an, die «Referenden» in den besetzten Gebieten der Ukraine über einen Beitritt zu Russland zu unterstützen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Die Teilmobilmachung bedeutet nach Putins Worten, dass Reservisten eingezogen werden. Sie würden den gleichen Status und die gleiche Bezahlung bekommen wie die jetzigen Vertragssoldaten und auch vor dem Fronteinsatz noch einmal militärisch geschult, versicherte er.

Volksrepubliken sollen Russland beitreten

Die von Moskau anerkannten «Volksrepubliken» Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine sowie das Gebiet Cherson im Süden wollen noch in dieser Woche in umstrittenen Verfahren über einen Beitritt zur Russischen Föderation abstimmen lassen. Das teilten die Regionen am Dienstag mit. Die Scheinreferenden, die weder von der Ukraine noch von der internationalen Gemeinschaft anerkannt werden, sollen demnach vom 23. bis 27. September abgehalten werden. Sie gelten als Reaktion auf die aktuelle ukrainische Gegenoffensive im Osten des Landes.

Auf ähnliche Weise annektierte Russland 2014 die ukrainische Schwarzmeerhalbinsel Krim. International wurde die Abstimmung damals nicht anerkannt. Und auch diesmal ist eine Anerkennung nicht in Sicht. Der Westen reagierte mit Sanktionen. Allerdings hatte Russland stets betont, sich durch die Strafmassnahmen der EU und der USA nicht von seinen Zielen in der Ukraine abbringen zu lassen.

Putin droht mit Atomwaffen

Russland werde alle Mittel einsetzen, um seine territoriale Unversehrtheit zu schützen, sagte Putin. Er erwähnte auch die Atomwaffen. Putin hat das strategische Nukleararsenal bereits in erhöhte Bereitschaft versetzen lassen zur Abschreckung für die Nato, sich in der Ukraine einzumischen.

Die russische Politologin Tatjana Stanowaja meinte, dass Putin sich nach dem Scheitern seiner ursprünglichen Pläne, die Gebiete in der Ukraine rasch einzunehmen, zu den Beitrittsreferenden entschieden habe. Nach Aufnahme der Regionen habe er die Möglichkeit, die Territorien unter Androhung des Einsatzes von Atomwaffen zu verteidigen. Damit habe er seinen Einsatz in dem Krieg deutlich erhöht.

Folgen der Niederlage in der Region Charkiw

Die Separatisten in Donezk und Luhansk haben angesichts des jüngsten ukrainischen Vormarsches gefordert, solche «Abstimmungen» schnell anzusetzen. Russland hat seinen Einmarsch in der Ukraine am 24. Februar unter anderem mit der «Befreiung» der Gebiete Donezk und Luhansk begründet. Zunächst konnte das russische Militär grosse Teile der Ost- und Südukraine erobern.

Zuletzt allerdings musste der Kreml eine empfindliche Niederlage hinnehmen, die russischen Truppen zogen sich nach ukrainischen Angriffen fast völlig aus dem Gebiet Charkiw zurück. Die Staatspropaganda warnte danach vor einer möglichen verheerenden Niederlage in dem Krieg. Dagegen betont die russische Militärführung immer wieder, dass alles nach Plan laufe und alle Ziele erreicht würden.

(sda/gku)