Hochschnellende Energiepreise und Versorgungssicherheit sind die beiden Themen, die die Debatte rund um die europäischen Energiemärkte beherrschen, die gegenwärtig mit einer noch nie dagewesenen Situation konfrontiert sind. Einigen Schätzungen zufolge werden die Verbraucher in den 27 EU-Mitgliedstaaten jährlich rund 1 Billion Euro mehr für Strom und Gas ausgeben müssen, was 5 bis 6 % des BIP der gesamten Staatengemeinschaft entspricht.

Und obwohl die Krise bisher keine nennenswerten Versorgungsengpässe in Europa hervorgerufen hat, ist das Risiko eines grösseren Engpasses in der Versorgungssicherheit erheblich gestiegen. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein solches Ereignis eintritt, wird in diesem Winter wesentlich höher sein als noch vor ein oder zwei Jahren. Das ist nicht allein auf die Preisentwicklung zurückzuführen, sondern vielmehr auf die systemweite Instabilität und den Ukraine-Konflikt selbst“, so Benjamin Lakatos.

Nach Auffassung des Gründers, der in der Schweiz ansässigen MET-Group, wird die Krise die grünen Ambitionen in eine pragmatischere Richtung lenken. „Endlich reden wir nicht mehr nur darüber, wo wir im Jahr 2050 sein wollen, sondern viele Unternehmen haben nun tatsächlich begonnen, konkrete Massnahmen zu ergreifen. Die Debatte, wie eine unabhängige, resiliente und wirtschaftliche Energieversorgung sichergestellt werden kann, werde mittlerweile wesentlich ausgewogener und lösungsorientiert geführt.“, fügt Lakatos hinzu.

Es reiche nicht aus, dafür zu sorgen, dass etwas „grün“ ist, es müsse auch kosteneffizient sein. Was den Zeithorizont betrifft, stellt sich gemäss dem MET-CEO die Frage, was innerhalb von drei Jahren realistischerweise erreichen werden kann, um das Problem der Energieabhängigkeit zu lösen und dabei auch noch grün zu bleiben.

Die MET-Group leiste auf verschiedene Weise einen aktiven und konkreten Beitrag zur Energiewende, insbesondere durch ihre Division „Green Assets“, die sich mit der Entwicklung, dem Bau und dem Betrieb von Wind- und Solarkraftwerken in ganz Europa befasst. Die Division „Flexibility Assets“ ist ebenfalls ein integraler Bestandteil des Bildes, da Erdgas als Übergangskraftstoff eine wichtige Rolle bei der Stromerzeugung spielt und MET den Betrieb von Gaskraftwerken mit hohem Wirkungsgrad beherrscht und so die grüne Transformation unterstützt.

Da die wetterabhängige Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien nicht vorhersehbar ist, benötigen die Stromnetze für einen reibungslosen Betrieb sogenannte Regelenergie, und die wichtigste und naheliegendste Quelle für diese Art der Erzeugung ist Erdgas.

„Wenn wir Gaskraftwerke so betreiben können, dass sie genau die richtige Menge an Ausgleichsenergie erzeugen, wird Europa insgesamt weniger Ausgleichskapazität benötigen. Das heisst, wir könnten auf den Bau von ein oder zwei neuen Kraftwerken verzichten“, erklärt Lakatos.

Europa werde eine Reihe von Instrumenten kombinieren müssen, um seine Energieunabhängigkeit zu sichern, und auch verflüssigtes Erdgas (LNG) spiele dabei eine wichtige Rolle. Neue Projekte für LNG-Importterminals würden in ganz Europa zügig vorangetrieben, auch in Deutschland und Polen. Natürlich könnte LNG an sich eine vollständige Energieversorgungslösung für Europa bieten, aber das würde sechs bis acht Jahre dauern und unverhältnismässig viele Ressourcen erfordern, warnt der CEO der MET-Group.

Während die Energieunternehmen mit bestehenden und neuen Energiequellen jonglieren, stelle die Finanzierung der aktuellen Energiepreise eine enorme Belastung für die Verbraucher dar, die offensichtlich von dem ungewöhnlich hohen Preisumfeld schockiert sind. Die Gaspreise, die während der Covid-Pandemie bei etwa 5 EUR pro Megawattstunde (MWh) lagen, sind auf über 100 EUR (mit Höchstwerten bis zu 350 EUR pro MWh) gestiegen, was bedeutet, dass die Akteure der Branche auch zusätzliche Finanzmittel aufbringen müssen. Das Hauptproblem für die Energiehändler ist also der Bedarf an zusätzlichen Finanzmitteln.

Benjamin Lakatos
Quelle: MET Group

„Selbst die grössten Akteure beschaffen sich zusätzliche Mittel auf dem Markt und passen ihre Produkte an, einschliesslich der Aufgabe von Festpreisangeboten für die Verbraucher“, so Lakatos. Auch die Verbraucher seien mit weiteren Problemen konfrontiert, da ihnen in den meisten Ländern keine Festpreisverträge ohne finanzielle Garantien angeboten werden.

Nach Ansicht des CEO der MET-Group hat dies zu einer Art Ping-Pong-Spiel mit den entstehenden Problemen geführt. Das erste Problem, nämlich der zusätzliche Finanzierungsbedarf, hat sich auf die Händler ausgewirkt, die ihrerseits das zweite Problem für die Verbraucher geschaffen haben, indem sie ihre Produkte angepasst haben, was sich dann wieder auf die Händler ausgewirkt hat, da viele Verbraucher dadurch ernsthaft von einer Insolvenz bedroht waren.

Überall in Europa häufen sich Meldungen über den Konkurs von Energiehändlern. Sie hatten gemäss Lakatos entweder kein Geld, konnten ihre Positionen nicht finanzieren oder ihre Risikomanagementpraktiken waren für das derzeitige Umfeld nicht ausreichend. Im Moment könne kein einziges Energieunternehmen in Europa sagen, dass es nicht erheblichen Risiken ausgesetzt ist.

MET bewältigt die Krise gut, ohne Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen, was, wie Benjamin Lakatos abschliessend feststellt, auf die effizienten Risikomanagementprozesse und die agile Unternehmenskultur des Unternehmens zurückzuführen ist.