Sie machten ein Versandkuriershirt zum Statussymbol, dekonstruierten einen Jeansklassiker, um ihn mit vorne verkürzten Hosenbeinen wieder zusammenzunähen und Kunden blättern gut und gerne das Zehnfache für einen «Stan Smith» hin, wenn der Original-Sneaker durch ihre Hände ging. 6000 Franken für einen Hoodie sind Standard. Die Brüder Demna, 41, und Guram Gvasalia, 35, haben mit ihrem 2014 gegründeten Label «Vetements» die Grenzen zwischen Streetwear und Couture verwischt und die Modebranche durchgerüttelt. Seit der ältere den Zürcher Firmensitz in Richtung Paris verlassen hat, um sich zu 100 Prozent als Kreativdirektor um das Traditionshaus Balenciaga zu kümmern, gelingt es dem jüngeren, den Hype nicht abebben zu lassen. Der frühere CEO der Marke ist seither deren kreativer Kopf und baute das Familienunternehmen um die Linie VTMTS aus. Kollaborationen mit anderen Labels werden so schnell Kult wie die Objekte der Begierde vergriffen sind. 

«Wenn Eltern einem Kind sagen, dass es talentiert ist, nehmen sie ihm die Chance, ein Genie zu werden», sagt Guram. Die Eltern der Gvasalia-Brüder scheinen vieles richtig gemacht zu haben. Wir trafen das Mastermind hinter dem Superbrand.

 

Worauf kommt es an, wenn man einen Superbrand aufbauen will? Kann so ein Erfolg geplant werden?

Nein. Du kannst nicht am Küchentisch sitzen und planen die Welt zu verändern. Für Vetements hat einfach das Timing gestimmt.

Keine Schweizer Marke, ausser Rolex, hat eine grössere Social-Media-Fangemeinde als Vetements. Seit wann sind Sie nicht nur angesagt sondern auch rentabel?

Es gibt nur einen Weg, ein Unternehmen vernünftig aufzubauen, und der ist altmodisch: Wir wachsen organisch, bleiben in Familienbesitz und verkaufen unsere Kollektionen ausschliesslich über Boutiquen. Wir haben weder einen direkten online Store auf unserer Website noch Flagshipstores an exklusiver Lage. Meiner Ansicht nach braucht das herkömmliche System ein Update. Websites sind für mich Dinosaurier. Wer wissen will, was in der Mode läuft, informiert sich auf Instagram oder Youtube – und bestellt dann auch gleich über das iPhone. Wir kalkulieren exakt und waren von Saison eins an profitabel. Während der Pandemie haben wir sogar 25 Prozent an Umsatz zugelegt, dafür aber viermal so viel gearbeitet. Wir haben unser Liefermodell verändert und an den operativen Strukturen geschraubt. Beim Umsatz ist dennoch wichtig, die Kosten im Blick zu halten.

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Fokussierung auf Spezialisten ist der Schlüssel zu unserem Erfolg.

Was würden Sie niemals opfern für eine Kostenreduktion?

Die Qualität unserer Kleider. Wir arbeiten mit den besten Herstellern der Welt zusammen, insgesamt 42, die jeweils eine andere Expertise haben. Wir teilen sie mit anderen Brands. Unsere Männerschuhe werden dort gefertigt, wo auch Hermès produzieren lässt, die Näharbeiten werden in den Ateliers gemacht, die auch Dior nutzt, die Kleider dort, wo früher Celine und Saint Laurent waren. Wenn ein Produzent sagt, er könne eine Jacke gleich gut herstellen wie ein T-Shirt, glaube ich ihm kein Wort mehr. Diese Fokussierung auf Spezialisten ist der Schlüssel zu unserem Erfolg. Die Bomberjacke aus unserer Kollaboration mit Alpha Industries ist übrigens das einzige Teil, das wir in China produzieren lassen, weil sie dort das grösste Know-how dafür haben.

Es heisst, Sie seien aus finanziellen Gründen 2017 von Paris nach Zürich gezogen. Fehlt Ihnen hier nicht die Inspiration einer Modemetrople?

Ich habe schon vor unserer Firmenverlegung in Zürich gewohnt, mittlerweile etwas ausserhalb der Stadt am linken Zürichseeufer. Ich war müde von dem Modezirkus und den Fashion People, die dich in Paris ständig umgeben. Als meine Assistentin nach Zürich zog, besuchte ich sie öfter. Aus Wochenendtrips wurden verlängerte Wochenenden, dann wollte ich das Private mit dem Geschäftlichen verbinden. Wir suchten das geeignete Gebäude und fanden es im ehemaligen Sitz von Bernie’s in der Binz. Kürzlich haben wir das Nebengebäude dazu gemietet und bauen und gestalten es gerade nach unseren Bedürfnissen um. Es wird ein französisches Bistro als Kantine geben, eine Bar mit einem Barista, Automaten mit gratis Getränken und Süssigkeiten. Das Sitzungszimmer teilt ein grosser Quarztisch, den ich designt habe. Ich wollte genug Raum für die wachsende Vetements-Familie schaffen.

Bei einer Fashion Show mischte Vetements Lookalike-Models wie Kate Moss und andere Supermodels unter die  «normalen» Models.

Bei einer Fashion Show mischte Vetements Lookalike-Models wie Kate Moss und andere Supermodels unter die «normalen» Models. 

Quelle: Vetements

Wo finden Sie Zürich am faszinierendsten?

An diesem Punkt, wo die Bahnhofstrasse auf den See trifft. Doch Inspiration finde ich überall, von der Form einer Kaffeetasse bis zu Rammstein-Songs, die wir oft im Büro hören. Sie ist – wie auch Zufriedenheit – eine Geisteshaltung, unabhängig davon, wo du bist. Ich habe als Kind den Krieg in Georgien erlebt, kam mit meinen Eltern als Teenager nach Deutschland. Meine Familie hat damals alles verloren. Das Schreckliche hat mich gelehrt, den Moment zu schätzen. Am Anfang jeder neuen Saison habe ich einen Traum. Die etwa 1000 Entwürfe für die Kollektion entstehen dann innerhalb von zwei, drei Wochen.

Wie demokratisch ist der Designprozess in einem Kollektiv wie dem Ihren?

Ich gebe das Thema vor und die unterschiedlichen Teams – Entwicklung, Stoff, Kreation mit 20 Personen und so weiter – beginnen zu recherchieren. Nach einer gewissen Zeit präsentieren sie mir Hunderte Seiten und Ideen, die ich zu Stapeln sortiere, ohne dass ich das Resultat offen bewerte. Keiner weiss, ob ich den rechten oder den linken, den höheren oder den niedrigeren Stapel «besser» finde, weil ich keinen Konkurrenzkampf schüren möchte. Demokratisch ist der Prozess, weil ich in der anschliessenden Diskussion jeden Mitarbeitenden respektiere und seine oder ihre Meinung sagen lasse. Wie viel Gewicht ich dieser Meinung gebe hängt auch davon ab, wie lange jemand bei uns ist. Nach mehr als zwei Jahren im Unternehmen nehme ich ihn oder sie ernst. Ich fühle mich wie ein Elternteil mit fünfzig Kindern. Am Ende des Tages entscheide darum ich. Schliesslich bin ich für sie und die Resultate verantwortlich.

Ihre Kollektionen gelten als genderless. An wen denken Sie, wenn Sie designen?

Den Begriff genderless mag ich nicht, weil es klingt als würde etwas fehlen. Ich sehe uns als inklusiven Brand für jedes Geschlecht: Frauen, Männer, Transgender, nicht binäres Geschlecht. Es geht nicht um Sexualität, Glauben, Rasse. Wenn ich entwerfe, denke ich immer an eine coole Person, unabhängig davon, wie alt sie ist, ob sie voll tätowiert ist oder mit wem sie Sex hat. Noch intensiver denke ich an das Kleidungsstück und was ich daran ändern kann.

«Die Fokussierung auf Spezialisten ist der Schlüssel zu unserem Erfolg.»

Vergangenes Jahr haben Sie Ihr Zweitprojekt VTMNTS lanciert und das zu einer Zeit, in der viele Marken ihre Zweitlinien einstellen.

Es handelt sich um keine herkömmliche Zweitlinie, die Preise sind für beide annähernd gleich. Zum Beispiel hatten wir zum Launch Sonnenbrillen aus Gold um 20 000 Franken. Im Gegensatz zu Vetements, wo sich alles ums Dekonstruieren dreht, geht es bei VTMNTS um die Konstruktion von Kleidung, die wir so angehen, wie es niemand sonst wagt. Wir loten die Grenzen aus. Die Sachen basieren ausschliesslich auf den klassischen Schnitten für Männer, sie haben einen eindeutig maskulinen Ursprung, den ich so bearbeite, dass sie allen Menschen stehen. Das ist eine sehr komplizierte Art und Weise, Mode umzusetzen.

Wie kein anderer Luxusbrand steht Ihrer für einen oversized Look? Mögen Sie keine körpernahen Stücke?

Oversized ist eine Zeiterscheinung seit die Sportswearmarke FUBU und die Hiphop-Kultur in den 80er-Jahren die Oversized-Bewegung losgetreten haben. Wir werden sogar noch übergrösser: In der nächsten Saison wird es ein T-Shirt in 8XL geben. Was einem Basketballer als T-Shirt passt, kann eine zarte Frau als Kleid tragen. Bei VTMNTS wird es auch kurze und enge Stücke geben.

Sie haben ein Buch über spirituelles Marketing geschrieben. Warum haben Sie den Titel Size Zero dafür gewählt?

Der Ausdruck hat multiple Bedeutungen, jeder assoziiert etwas anderes damit. Ich habe einen muslimischen Opa, meine Grossmutter ist Jüdin, mein Vater ein orthodoxer Christ. Wir haben immer vor Ostern gefastet und hatten einen Gebetsraum. Was man mit solch einem vielfältigen Hintergrund lernt, ist Respekt und Toleranz. Ich habe die Bibel, den Koran, die Thora gelesen und auch Bücher über Buddhismus und Hinduismus. Mein Buch «Size Zero» hat sich praktisch von selbst geschrieben und war mehr für mich und einen kleinen Kreis an Freunden gedacht. Es enthält unter anderem meine Einsichten über Erfolg, der für mich darauf beruht in Balance zu sein. Spirituelles Marketing meint, alles mit Liebe zu erfüllen. Arbeit tituliere ich nicht als solche, sondern als Beschäftigung mit etwas, was mir Spass macht. Ob ich Geschirr abwasche oder eben Mode mache, ich lege meinen ganzen Effort hinein, mein Herz und meine Seele.

«Es geht noch übergrösser: In der nächsten Saison kommt ein T-Shirt in 8XL.»

Wie haben Sie Ihre Kreativität ausgelebt als Ihr Bruder Demna offiziell dafür zuständig war und Sie als CEO Organisation und Finanzen im Kopf haben mussten?

Die Gesellschaft mag Etikettierungen. Da ich die Einstellung vertrete, dass das Produkt mehr zählt als die involvierten Personen, habe ich das Etikett CEO akzeptiert. In Wahrheit waren wir immer beide auch für den kreativen Part zuständig. Demna hat sich hauptsächlich um die Show-Pieces gekümmert und ich mich gleichzeitig um die Verkaufskollektion, die wir an die Läden liefern würden. Vetements war unser Baby.

Im Moment schauen viele Kundinnen und Kunden der Luxusmarken aus wie deren wandelnde Reklametafeln. Wann glauben Sie wird die Logomanie vorbei sein?

Die sichtbaren Logos werden bleiben. Sie repräsentieren eine neue Generation an Wohlstand. Früher hat man zu einer Religionsgemeinschaft gehört und sich darüber identifiziert. Dann kam Apple und hat eine Religion daraus gemacht, welche technischen Geräte man verwendet. Mit dem Kauf gehört man den «Gläubigern» der Marke an. Vor allem die jüngere Kundschaft, die sich auf den sozialen Medien herumtreiben, will, dass alle wissen, wie viel Geld sie für etwas ausgegeben haben. Bei Kleidung zeigt man am schnellsten, dass das T-Shirt 500 Franken kostet, wenn der Brand gross draufsteht. Bei VTMNTS haben wir aktuell einen überdimensionierten Barcode auf viele Kleidungsstücke gedruckt. So erkennt sich die Gemeinde gleich, ohne dass überall unsere sechs Buchstaben prangern.

Die aktuelle Vetements-Kollektion läuft unter dem Motto: «One in a Million».

Die aktuelle Vetements-Kollektion läuft unter dem Motto: «One in a Million».

Quelle: Vetements

Ist Ihr heutiger Look – Schwarz von Kopf bis Fuss und kein einziges Logo in Sicht – Ihre Uniform?

Wenn Sie so wollen. Ich trage ausschliesslich schwarze Klamotten ohne Muster. Da ich permanent mit Farben, Stoffen, Mustern konfrontiert bin, will ich nicht darüber studieren, was ich anziehe. Ich greife in den Kleiderschrank und alles passt zusammen und zu jedem Anlass. Neben unseren Sachen trage ich Prada oder manchmal etwas von Dior oder Balenciaga, wenn es nicht zu deutlich angeschrieben ist. Meine Vetements-Teile werden sogar extra ohne jegliches Branding für mich produziert. Ich mag Schuhe und Lederwaren von Hermès. Diese Clutch aus Krokoleder ziert ein kleines Hufeisen unter der Lasche. Das bedeutet, dass die Tasche eine Sonderanfertigung für mich ist.

Und es bringt Glück: Glauben Sie an Zufall oder Schicksal?

Beides spielt eine Rolle. Unser Lebensweg ist vom Schicksal vorgegeben, aber welche der unendlichen Abzweigungen wir nehmen, ist Zufall. Das ist ein bisschen wie im Film «Sliding Doors» mit Gwyneth Paltrow. Er zeigt wie das Leben einer Frau verlaufen wäre, hätte sie die U-Bahn, die ihr vor der Nase davonfährt, erwischt.

Zufällig haben Sie die gleichen Initialen wie Guccio Gucci, der Gründer der italienischen Nobelmarke. Das aufsehenerregende «The Hacker Project» ihres Bruders, bei dem Balenciaga und Gucci gemeinsame Sache machen, verschmilzt die beiden stilistisch unterschiedlichen Welten zu einem Code, um eine grössere Kundschaft zu erreichen. Erreichen sie auch Sie damit?  

Die Massenabfertigung von Gucci ist nichts für mich.

Die Modebranche steht in der Kritik. Die meisten Labels präsentieren vier Kollektionen pro Jahr, die wir alle erwerben sollen. Was machen Sie persönlich und mit Ihrem Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit?

Eine ganze Menge. Erstens sind wir ehrlich mit unseren Zahlen. Wenn ein Laden für 100 000 Euro Ware einkauft und 80 Prozent davon verkauft, bin ich happy, wenn er im Jahr darauf für 80 000 einkauft. Denn das ist sein realistisches Verkaufsvolumen. US-Department-Stores verkaufen in der Regel nur 12 Prozent der regulären Ware. Der Rest wird entweder im Sale verschleudert oder in einem Outlet entsorgt. Nachhaltigkeit fängt demnach bei der Zusammenarbeit mit den richtigen Boutiquen an. Zweitens Kollaborationen: Eine unserer ersten gingen wir mit Levi’s ein. Wir haben die Jeans auseinandergenommen und mit einem Push-up-Effekt neu zusammengefügt. Bis heute haben wir 70 000 Levi’s-Jeans auf unsere Art veredelt. Wir haben den kompletten europäischen Vorrat aufgekauft und den klassischen Hosen ein zweites Leben eingehaucht. Drittens versuchen wir überall, wo es ohne Qualitätsabstriche geht, nachhaltige Materialien zu verwenden. Bei schwarzer Farbe ist das bisher nicht möglich und einen nachhaltigen Zwirn, der nicht schnell reisst, haben wir auch noch nicht entdeckt. Viertens kann man unsere Kleidung jahrelang tragen und unzählige Male waschen. Kanye West, Rihanna oder Kendall Jenner mixen ab und zu Sachen, die 15 Saisons alt sind, in einen heutigen Look. Fünftens sind wir nicht an schnellem Wachstum und Boni interessiert. So konnten wir in kürzester Zeit von einem gehypten Brand zu einer festen Grösse werden.

Das Mastermind

Name: Guram Gvasalia

Funktion: Co-Gründer, Miteigentümer und Kreativdirektor von Vetements

Alter: 35

Ausbildung: Jus-Abschluss in Deutschland, Master des London College of Fashion

Das Unternehmen: Die Vetements Group wurde 2014 von den georgisch-deutschen Brüdern Demna und Guram Gvasalia in Paris gegründet, 2017 zog das Unternehmen nach Zürich. Vetements wurde durch das Design von exzentrisch-avantgardistischer Mode im oberen Preissegment bekannt. Eins der Prinzipien ist der Verzicht auf Geschlechtertrennung.

War ihr legendäres DHL-Shirt als Kritik an der Massenkonsumation gemeint?

Wir haben uns getraut, ein DHL-Logo auf Luxusprodukte zu printen. Die Idee entstand, weil wir als Start-up nicht damit kalkuliert hatten, wie hoch die Versandkosten per Kurier sind. Als die Rechnungen eintrudelten und wir Mühe hatten, sie zu begleichen, dachten wir: DHL, das ist ein Thema. Wir sind auf das Unternehmen zugegangen, haben uns mit dem CEO getroffen und nun ist das Shirt eine unserer Ikonen.

Sie streben an, der ikonischen Calvin-Klein-Unterwäsche Konkurrenz zu machen.

Die Loyalität von Männern gegenüber dieser Unterwäsche ist tief. Wir wollen mit einer eigenen Underwear-Linie ein paar von ihnen verführen. Wir nähern uns Sex auf eine andere Art an als Calvin Klein in den 80ern.

«Die Massenabfertigung von Gucci ist nichts für mich.»

Bisher haben Sie Ihre Kollektionen in einer Schwulen-Disco, einem Chinarestaurant, einem ausrangierten Warenhaus und einer McDonald’s-Filiale präsentiert. Was erwartet uns nächstes Mal?

Die Latte liegt hoch. Wir sind gerade am Scouten einer ungewöhnlichen Location in Paris, die aber leider keinen Stromanschluss hat. Wir werden die Kollektion erst dann zeigen, wenn ich voll und ganz zufrieden bin. Wir relaunchen diesmal die Damenschuhe, ein aufwändiges Unterfangen. Uns steht eine sehr starke Kollektion bevor.

Probleme mit der Technik können Sie ja nicht aufhalten: Die Vetements-Schau im Januar 2020 in einer alten Pariser Garage fand ohne Licht statt.

Wir haben den Ausfall der Lichttechnik nur vorgetäuscht, um durch die Dunkkelheit eine spezielle Atmosphäre und Stimmung zu erzeugen. Das Publikum wurde per Lautsprecheransage gebeten, doch seine iPhones einzuschalten und den Laufsteg anzuleuchten. Die Fotografen mussten Blitzlicht verwenden, sodass sie an Paparazzi erinnerten, und die Lookalikes von Kate Moss, Naomi Campbell, Sharon Stone und Snoop Dog, die wir unter die Riege an Models gemischt hatte, wurden nicht so schnell als falsch entlarvt.

Würde jemals Chanel bei mir anklopfen, würde ich nicht nein sagen.

Hegen Sie den Traum, Creative Director eines Traditionshauses zu werden, wie es Ihr Bruder Demna bei Balenciaga ist?

Mein Bruder hat Balenciaga wieder zu Relevanz in der Branche verholfen. Wir kommunizieren jeden Tag über Mode, wobei wir gegenseitig die härtesten Kritiker sind. Seine Berufung bei Balenciaga hat Vetements einen zusätzlichen Genehmigungsstempel aufgedrückt. Von da an kannten uns nicht nur die Fashion-Fans. Es hat uns enorm gepusht. Würde jemals Chanel bei mir anklopfen, würde ich nicht nein sagen. Obwohl die Mechanismen in einem Haus mit so langer Historie völlig andere sind.

Äussert sich Ihre Kreativität auch in anderen Lebensbereichen?

Von meiner Grossmutter, einer Konzertpianistin, habe ich das Klavierspielen gelernt und meine andere Oma bat mich oft, ihr etwas vorzuspielen. Schon damals habe ich die klassischen Kompositionen uminterpretiert. In meinem Haus steht ein Steinway-Flügel, in den ich eine Yamaha-Technik einbauen liess, damit ich auch um vier Uhr morgens Klavierspielen kann ohne Stress mit den Nachbarn zu bekommen.