Hohe Coupons in einer Nullzinsumgebung, sicher aussehende Emittenten wie systemrelevante Grossbanken, bei denen staatliche Unterstützung praktisch garantiert ist, und einige Fälle wie Aareal Bank, Lloyds oder Banco de Sabadell, bei denen das Additional-Tier-1-(AT1)Kapital nicht verloren gegangen ist – bis März 2023 waren diese Assets bei institutionellen Anlegern beliebt.

Die AT1-Bonds brachten schöne Couponzahlungen. Sie waren – mit Ausnahmen der Bremer Landesbank aus Deutschland im Jahr 2015 und der griechischen Hellenic Bank zwischen 2013 und 2022 – nie gestrichen worden. Und das, obwohl Banken zu diesem Mittel hätten greifen können. Man befürchtete aber überall negative Auswirkungen auf die Märkte und unterliess das. Es hatte mit der Banco Popular erst einen Fall gegeben, bei dem die AT1-Bonds und zusätzlich auch die noch sichereren T2-Spezialanleihen ausgelöscht worden waren.

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Immobilienmärkte als Risiko

Als die AT1-Bonds der Banco Popular 2017 im Umfang von 1,25 Milliarden Euro ausfielen, entsprach das seinerzeit 1 Prozent des ausstehenden AT1-Volumens. Die ausgefallenen AT1-Bonds der Credit Suisse repräsentieren mit ihrem Volumen 7 Prozent dieses Marktes in Europa. «Es wird für die Investoren hart, diesen Verlust zu verdauen», kommentieren die Kreditanalysten von BNP Paribas. Mittelfristig dürfte sich dagegen die Situation wieder etwas beruhigen.

Der Ausfall der AT1 bei der CS ist keine Subvention für die UBS.

Sichtbar war die Nervosität an den Aufschlägen dieser Obligationen. Im März erreichten die Aufschläge 10 Prozent, lediglich zu Beginn der Covid-19-Krise waren sie höher gelegen. Laut den Analysten sollten Investoren die Augen aufhalten bezüglich der nächsten potenziellen Risiken. Die schlummern in den mittelgrossen Banken aus Deutschland und Skandinavien in Form von heiss gelaufenen Immobilienmärkten und der damit verbundenen Kreditvergabe.

«Meiner Einschätzung nach haben AT1 eine wichtige Funktion für die Eigenkapitalbasis für Banken», sagt Karsten Junius, Chefökonom bei der Bank J. Safra Sarasin. «Es sind allerdings auch sehr komplexe Finanzierungsinstrumente, deren Anleihebedingungen nicht harmonisiert sind. Daher sollten Investorinnen und Investoren unbedingt die spezifischen Finanzierungsbedingungen und damit die individuellen Risiken kennen.» Sie sollten wissen, ob ihre AT1 im Auslösefall in Aktienkapital umgewandelt werden, wie es bei den europäischen AT1 üblich ist, oder ob sie wertlos verfallen, wie in den CS-Anleihebedingungen geregelt ist.

«Investorinnen und Investoren sollten sich zusätzlich darüber im Klaren sein, dass ihre AT1 im Going-Concern-Fall anders behandelt werden könnten als im Gone-Concern-Fall. Das hat ja bei der CS für viel Unruhe gesorgt, da auf einmal AT1 vor den Aktien komplett ausgefallen sind.» Hierunter versteht man die unterschiedliche Handhabung im Weiterführungsfall beziehungsweise im kompletten Pleitefall. Technisch gesehen handelt es sich bei der Credit Suisse um eine Weiterführung.

Keine Bonusrendite ohne Risiko

«Investorinnen und Investoren sollten sich auch klarer darüber werden, warum Banken AT1 ausgeben und warum Regulatoren sie auf die Eigenkapitalquoten anrechnen», rät Junius weiter. «Sie sollten sich auch bewusst werden, dass eine Lehre aus der Finanzkrise ist, dass es zunächst zu Bail-ins und dann erst zu Bail-outs kommen soll.» Das schütze die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, erhöhe aber das Risiko von AT1.

Zudem verbessere ein Bail-in von AT1 die Zukunftsaussichten eines weiter tätigen Unternehmens. Schliesslich würde es neue Equity-Investoren abschrecken, wenn das von ihnen bereitgestellte frische Eigenkapital lediglich für die Bedienung der Altinvestoren benutzt würde und nicht neue Investitionen finanzierte. «Daher ist der Ausfall der AT1 bei der CS ja auch keine Subvention für die UBS, wie viele so sagen», so Junius.

«Die Anleger können nicht behaupten, dass sie nicht vor den Risiken von AT1-Anleihen gewarnt worden sind», erklärt Howard Cunningham, Fixed-Income-Portfoliomanager bei BNY Mellon IM. «Viele dachten, dass ein Ereignis wie dasjenige bei der Credit Suisse nicht geschehen könne.»

Mehr Kunst als Wissenschaft

Laut Cunningham sind AT1-Anleihen als Anlageklasse nicht tot, wenn sie zum richtigen Preis und von Investoren gekauft werden, die die damit verbundenen Risiken verstehen.

«Für Emittenten hat AT1-Kapital einige Vorteile, auch steuerlicher Art», so Cunningham weiter. «Die Handhabung der Abwärtsrisiken von AT1 ist kompliziert und bisweilen eher eine Kunst als eine Wissenschaft. Es besteht die Tendenz zu einer Risk-on-/Risk-off-Wahrnehmung.»

Emittenten müssen derzeit eine Rendite von 10 Prozent anbieten, um die Übernahme dieser Risiken für die Anleger attraktiv zu gestalten. AT1 würden weiterhin einen Platz in grossen Portfolios haben, vor allem wenn die Anleger auf regelmässige Einkommensströme angewiesen sind. «Sie eignen sich auch zur Diversifikation. In moderaten Anteilen gehalten, etwa 1 Prozent pro Emittent, und ohne hohe Konzentration auf einzelne Unternehmen, sind AT1-Anleihen nach wie vor geeignet, die Rendite aufzubessern», so Cunningham. «Allerdings sollte diese zusätzliche Rendite nicht als Bonusrendite betrachtet werden.»