Als am 30. September 2025 das US-Fiskaljahr zu Ende ging, war der Nachrichtenwert des aufgelaufenen Haushaltsdefizits «begrenzt». Vorläufige Schätzungen des Congressional Budget Office gingen davon aus, dass das Defizit der US-Regierung in den vergangenen zwölf Monaten bei fast 2 Billionen Dollar gelegen hat. Eine Summe, die der jährlichen Wirtschaftsleistung Spaniens entspricht. 

Die Welt scheint sich an die hohen Haushaltsdefizite und die gigantischen Staatsschulden gewöhnt zu haben. Im Falle der USA reisst das Haushaltsdefizit die Billionenmarke bereits das sechste Fiskaljahr in Folge. Insgesamt haben die Vereinigten Staaten in diesem Zeitraum mehr als 12'000 Milliarden Dollar an neuen Schulden angehäuft. Der Gesamtschuldenberg der US-Regierung beläuft sich mittlerweile sogar auf rund 37'500 Milliarden Dollar, wenn man die zwischenstaatlichen Schulden hinzurechnet. 

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Der Autor

Tobias Schafföner, Geschäftsführer Flossbach von Storch, Köln

Dass der fiskalische Stimulus für die konjunkturelle Entwicklung der USA nicht irrelevant ist, liessen die jüngsten Arbeitsmarktdaten ahnen. Nach deutlichen Abwärtsrevisionen der neu geschaffenen Stellen offenbarten sich im vergangenen Quartal erste Bremsspuren bei der US-Beschäftigung. So konnte das U. S. Bureau of Labor Statistics für die Monate Mai bis August lediglich über ein Beschäftigungswachstum von durchschnittlich 27'000 Personen berichten. In den ersten vier Monaten dieses Jahres lag das Beschäftigungswachstum noch bei monatlich mehr als 120'000 Beschäftigten.

Der Rückgang beim Beschäftigungswachstum lässt sich teilweise durch ein verringertes Arbeitskräfteangebot infolge einer restriktiveren US-Einwanderungspolitik erklären. Aber auch bei den gebürtigen US-Amerikanern bildete sich eine zumindest leicht negative Dynamik bei der Arbeitslosenquote heraus. Für den Moment ist das aber kaum mehr als ein mögliches Warnsignal einer sich abkühlenden US-Konjunktur.

Ein Zinsniveau, das wehtut

Für die US-Notenbank, die nicht nur Inflation bekämpfen, sondern auch für Vollbeschäftigung sorgen soll, waren die schwachen Arbeitsmarktdaten hinreichend, um am 17. September zum ersten Mal im Jahr 2025 die Leitzinsen zu senken. Der effektive Leitzins liegt damit allerdings immer noch oberhalb von 4 Prozent – ein Zinsniveau, das auch dem Schuldner USA zunehmend wehtut. Umgekehrt lässt sich feststellen, dass die mit den hohen Staatsschulden verbundene Zinslast eine spürbare Konsolidierung der Staatsfinanzen weiter erschwert. Auch im Ringen um die jährliche Verabschiedung des US-Haushalts ist erhöhtes Konfliktpotenzial gegeben – «Shutdowns» wie der jüngste werden damit auch perspektivisch nicht unwahrscheinlicher. 

Allein die Nettozinsausgaben der US-Regierung dürften sich im vergangenen Fiskaljahr auf rund 1000 Milliarden Dollar belaufen haben. Gemessen an den regulären Staatseinnahmen aus Steuern und Abgaben musste die Administration Trump somit rund 20 Prozent ihrer Einnahmen für Zinsausgaben aufwenden. Damit überstiegen die Zinskosten zuletzt die Aufwendungen für den weltweit mächtigsten Militärapparat. Die Last der Schulden wächst mit jedem Jahr. Aber was folgt daraus? Kurzfristige Risiken für einen ungeordneten Zahlungsausfall bei Staatsanleihen erwachsen absurderweise aus der Unabhängigkeit der Notenbanken. Dieses Risiko wird in den USA allerdings durch Trump «adressiert» – dessen Attacken auf die Fed und deren Vorsitzenden, Jerome Powell, kommen nicht von ungefähr. 

In der Euro-Zone geht es vor allem um institutionelle Risikovorsorge. Das TPI als rechtlicher Vorbau, um in beliebiger Höhe Staatsanleihen kaufen zu können, existiert seit 2022. Vorher wurde der Euro von der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht nur mit Wertpapierkaufprogrammen (OMT, PEPP, PSPP und SMP) verteidigt. Wichtiger waren und bleiben die bis heute gültigen Worte von Mario Draghi, dem ehemaligen EZB-Chef, der am 26. Juli 2012 in London sagte, man werde den Euro in jedem Falle verteidigen, koste es, was es wolle – «whatever it takes». Zu weit steigende Renditen führen letztlich zur selbstbremsenden Reflexivität einer mit Worten oder Anleihekäufen intervenierenden Notenbank. Aus inhärenter Instabilität folgt somit Stabilität. 

Daraus ergeben sich allerdings langfristige Risiken, die deutlich subtiler sind. Und die für Anleger eine höhere Relevanz geniessen sollten, auch wenn sie kaum mit Stress an den Kapitalmärkten verbunden sind. Hoch verschuldete Staaten sind auf positive Inflationsraten (die die nominale Wirtschaftsleistung erhöhen) und möglichst tiefe, im besten Fall negative Realzinsen angewiesen. Für Anleger bedeuten Nominalzinsen unterhalb der Inflationsrate einen schleichenden Kaufkraftverlust. Ein Thema, das uns auch in den kommenden Jahren begleiten dürfte.