Geschlossene Investmentfonds, die auf langfristiges Wachstum ausgerichtet sind, eignen sich nicht für alle Anleger. Das mag selbstverständlich klingen, doch es lohnt sich, dies zu betonen – insbesondere in Phasen erhöhter Volatilität, wenn die Performance losgelöst von der zugrundeliegenden Strategie betrachtet wird. Denn solche Anlagevehikel sind darauf ausgelegt, überdurchschnittliche Renditen zu erzielen, indem sie aussergewöhnliche Unternehmen früh identifizieren und über einen langen Zeitraum hinweg begleiten. Dieser Ansatz kann herausragende Ergebnisse liefern, erfordert jedoch auch die Bereitschaft, die unvermeidliche Volatilität der Aktienmärkte zu akzeptieren. Für Anleger, die sich vor starken, temporären Kursrückgängen fürchten, ist dies möglicherweise nicht die richtige Anlageform.

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Die Autorin

Anna Bretschneider, Head of Switzerland, Baillie Gifford, Zürich

Grosse Namen sind keine Garantie

Ein Beispiel ist der Scottish Mortgage Investment Trust. Er erzielte im Jahr 2020 eine Rendite von über 100 Prozent, verlor jedoch 2022 fast 46 Prozent – der markanteste Verlust innerhalb seiner Vergleichsgruppe in diesem Jahr. Diese Zahlen stellen keine Anomalie dar, sondern sind die logische Folge eines High-Conviction-Portfolios mit Fokus auf innovative, wachstumsstarke Unternehmen. Für Anleger, die eine gleichmässige Wertentwicklung anstreben, ist ein solches Profil verständlicherweise unangenehm. Doch Volatilität allein ist kein verlässlicher Indikator für Risiko. Entscheidend ist, zwischen Kursschwankungen und dem Risiko eines dauerhaften Kapitalverlusts zu unterscheiden. Wer in Aktien investiert, muss mit Preisschwankungen leben können – die eigentliche Herausforderung besteht darin, den Fokus auf Renditechancen zu bewahren, statt sich zu sehr von kurzfristiger Risikovermeidung leiten zu lassen.

Solche Strategien hängen oft von einer kleinen Zahl grosser Gewinner ab. Im Fall von Scottish Mortgage verwandelten frühe Investitionen in Tesla und Nvidia relativ bescheidene Allokationen in Ergebnisse im Milliardenbereich. Diese Gewinne waren nicht das Resultat taktischer Trades, sondern langfristiger Unterstützung von Unternehmen mit wachsenden Chancen und zunehmend glaubwürdigen Erfolgsperspektiven.

Vorsicht vor übertriebenen Reaktionen

In einer Welt, die von politischen Schocks, geopolitischen Konflikten und wirtschaftlicher Trägheit geprägt ist, liegt es nahe, sich zu übereilten Entscheidungen hinreissen zu lassen. Doch der Markt reagiert oft über. Was im Moment dringlich erscheint, wirkt im Rückblick häufig weit weniger bedeutsam. In einem solchen Umfeld ist langsames Entscheiden – Beweise sammeln, Geduld bewahren – weit wertvoller, als auf kurzfristiges Rauschen zu reagieren.

Der grösste Fehler an den Märkten ist immer wieder derselbe: tief verkaufen und hoch einkaufen. Auch die jüngste Volatilität durch die US-Handelspolitik hat gezeigt, wie schnell Kurse zurückspringen können, während die Fundamentaldaten unverändert bleiben. Dass erfolgreiche Titel im Portfolio zu grossen Positionen heranwachsen, wird mitunter schon als Risiko betrachtet. In einem High-Conviction-Ansatz kann dies jedoch vielmehr Ausdruck des gestiegenen Vertrauens in die langfristigen Perspektiven eines Unternehmens sein. Positionen allein aus Gründen der Symmetrie oder des Risiko-Eindrucks zu reduzieren, heisst oft, das Aufwärtspotenzial zu früh preiszugeben.

Ein neues Anlageuniversum

Diversifikation bleibt zentral. Doch sie darf sich heute nicht mehr allein auf Regionen oder Sektoren beschränken. Viele herausragende Unternehmen bleiben deutlich länger privat als noch vor einigen Jahrzehnten. Wer sich strikt auf börsennotierte Aktien konzentriert, blendet damit einen grossen Teil der Innovationslandschaft aus. In den vergangenen 15 Jahren haben einige Investmentgesellschaften reagiert, indem sie bereits vor Börsennotierung der Ziel-Unternehmen investierten und ihr Anlageuniversum erweiterten – ohne ihre Grundprinzipien dabei aufzugeben.

Makroökonomische Entwicklungen zu prognostizieren, ist äusserst anspruchsvoll. Die Wirtschaft ist ein komplexes System, und jeder Versuch, ihren Verlauf exakt vorherzusagen, birgt die Gefahr trügerischer Gewissheit. Entscheidend ist vielmehr, ein robustes Portfolio zu haben, das in der Lage ist, auf Veränderungen zu reagieren – ohne sich von ihnen treiben zu lassen.

Letztlich sind geschlossene Investmentfonds mit einem langfristigen Wachstumsauftrag nicht dafür geschaffen, Volatilität zu minimieren. Ihr Zweck besteht darin, sie auszusitzen. Dieser Ansatz erfordert die Bereitschaft, Phasen des Unbehagens auszuhalten, und er verlangt Klarheit über das Ziel: investiert zu bleiben in jene wenigen aussergewöhnlichen Unternehmen, die langfristige Renditen ermöglichen. Diese Strategie ist nicht für alle geeignet, doch für diejenigen, die ihre Logik verstehen, ist das Argument so überzeugend wie eh und je.