Sie sind seit 2020 Präsident der Asset Management Association Switzerland (Amas). Wie weit hat sich die Situation bereits verändert, seit Sie das Präsidium innehaben?

Wir hatten zuvor unterschiedliche Interessenvertretungen für das Schweizer Asset Management. Mit der Amas ist es gelungen, diese Interessen unter einem Dach zu vereinen und im Verwaltungsrat zu repräsentieren – unabhängig davon, ob Asset Management aus einer Versicherung, einer Bank oder einem unabhängigen Institut angeboten wird. Unsere Ambition ist, die Disziplin Asset Management und ihren volkswirtschaftlichen Nutzen einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Derzeit setzen wir uns für die spezifischen Themen Altersvorsorge und Nachhaltigkeit ein. Und ich denke, das gelingt uns bisher sehr gut: Wir sprechen gegenüber den Regulatoren nun mit einer Stimme und werden so in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Wir haben Richtlinien gegen Greenwashing veröffentlicht und führen derzeit eine Selbstregulierung zum Thema Nachhaltigkeit ein.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 
«Eine wichtige Rolle nimmt die Branche in der Altersvorsorge ein.»
 

Das Asset Management steht oft im Schatten anderer Bereiche der Finanzwirtschaft.

Asset Manager bringen in der Wirtschaft Finanzierungsbedürftige mit Investitionswilligen zusammen, ähnlich wie eine Bank, nur ohne Bilanz. Dabei geht es immer um die Frage und die Analyse, ob und in welcher Form Unternehmen Fremd- oder Eigenkapital zur Verfügung gestellt wird. Wir vermitteln also einerseits zwischen Geld und Unternehmen und haben anderseits den Auftrag, für Investoren eine möglichst optimale Rendite zu erwirtschaften. Das ist volkswirtschaftlich eine enorm wichtige Aufgabe. Eine weitere, sehr wichtige Rolle nimmt die Asset-Management-Branche in der Altersvorsorge ein, um die Leistungen für die Destinatäre langfristig zu sichern und auszahlen zu können. Denn die Hauptkompetenz der Asset Manager ist ihr Know-how und ihre Nähe zu den Kapitalmärkten.

Welchen Mehrwert schaffen Asset Manager in dieser Rolle?

Auf der Anlageseite prüfen wir Branchen und Firmen auf Herz und Nieren, das ist gerade bei Private Equity und nicht börsenkotierten Unternehmen eine wichtige Aufgabe, die sonst niemand übernimmt. Auch bei den gelisteten Unternehmen übernehmen unsere Mitglieder diese Aufgabe – teils durch eigene Analysen, teils auch mithilfe von Research von Investmentbanken.

Das beschreibt den Mehrwert für die Investoren. Wie steht es um den Mehrwert für Ihre Verbandsmitglieder?

Eine Hauptaufgabe des Verbandes war und ist es, dass wir unseren Mitgliedern regulatorischen Support geben, beispielsweise durch Standardverträge, durch Empfehlungen und Richtlinien. Der andere Nutzen für unsere Mitglieder ist, dass wir der Öffentlichkeit den volkswirtschaftlichen Nutzen von Asset Management erklären, beispielsweise im Bereich Nachhaltigkeit oder im Bereich der beruflichen Vorsorge.

Das Asset Management ist ein weltweites Geschäft mit hohem Wettbewerb – wo steht da die Schweiz?

Die Schweiz ist ein ausgezeichneter Standort, um international wettbewerbsfähiges Asset Management zu produzieren. Repräsentativ dafür haben wir beispielsweise die Partners Group im Bereich Private Markets oder Pictet mit den weltweit erfolgreichen Themenfonds Aber wir müssen selbstkritisch bleiben: Es ist noch mehr möglich, aber dafür müssen auch die Rahmenbedingungen stimmen, wie etwa die Fähigkeit, die besten Talente anzuziehen.

Sie haben es erwähnt: In der Finanzbranche geht es auch immer um den Kampf um Talente. Was unternehmen Sie in der Hinsicht mit dem Verband?

Wir haben eine Reihe von Anknüpfungspunkten im Bereich Ausbildung mit den Hochschulen. So unterhalten wir eine Plattform, auf welcher Aus- und Weiterbildungen angeboten werden. Die Amas arbeitet diesbezüglich auch mit dem Swiss Finance Institute zusammen. Wir haben einen CAS Asset Management zusammen mit dem Institut für Finanzdienstleistungen entwickelt und bringen gemeinsam jährlich die Swiss Asset Management Study heraus.

Wie ist die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden, beispielsweise der Schweizerischen Bankiervereinigung?

Sehr gut. Die Schweizerische Bankiervereinigung ist Mitglied bei der Amas – und wir sind Bankiervereinigung-Mitglied. Mit August Benz sitzt der stellvertretende CEO der Bankiervereinigung bei uns im Verwaltungsrat, was die Interaktion untereinander sicherstellt. Wir verfolgen vielfach gemeinsame Themen. Das jüngste Beispiel ist die Selbstregulierung im Nachhaltigkeitsbereich, die komplementär ist: Die Selbstregulierung der Amas deckt die Asset-Manager- und Produktebene ab, die der Bankiervereinigung jene der Anlageberatung am Point of Sale.

Der Vermittler

Name: Iwan Deplazes 
Funktion: Präsident, Asset Management Association Switzerland, Zürich; Leiter Asset Management, Zürcher Kantonalbank, Zürich 
Geboren: 29. Februar 1972 
Wohnort: Schattdorf UR 
Familie: verheiratet, vier Kinder 
Ausbildung: Wirtschaftswissenschaften, Universität Zürich; Ausbildungslehrgang, Europäisches Diplom für Finanzanalysten und Vermögensverwalter (Cefa), Azek, Genf/Zürich 
Asset Management Association Switzerland Mit rund 200 Mitgliedern ist sie die repräsentative Branchenorganisation der Schweizer-Asset-Management-Branche.

www.am-switzerland.ch

Hat man bei den Regulierungsbehörden, vor allem bei der Finma, Verständnis für die Anliegen der Asset Manager?

Ja, wir haben bei der Finma hochkompetente Ansprechpersonen. Das zentrale Thema ist die Vermeidung von Greenwashing. Wir haben ein grosses Interesse daran, dass man nicht einfach ein Produkt mit einem grünen Mäntelchen versehen kann.

Stichwort Nachhaltigkeit und Klimaschutz – was kann da Ihr Verband unternehmen?

Wir hören immer wieder den Anspruch, dass die Finanzbranche die Welt retten solle. Tatsächlich nehmen wir eine wichtige Rolle ein, aber schlussendlich arbeiten wir immer treuhänderisch im Auftrag der Besitzer der Assets – und wenn sie uns den Nachhaltigkeitsauftrag nicht geben, wird das schwierig. Wo uns der Asset Owner freie Hand lässt, nehmen wir auf unterschiedliche Weise in der Anlagestrategie Einfluss. Der einfachste Weg ist das Ausschlussverfahren, also die gezielte Nichtberücksichtigung von bestimmten Unternehmen oder Industrien in einem Portfolio, was ich allerdings für das schwächste Instrument halte. Als das stärkste Instrument halte ich die sogenannte Active Ownership, also den Dialog mit den Unternehmen und eine Einflussnahme über die Stimmrechtswahrnehmung an den Generalversammlungen. Damit haben die Asset Manager – sofern sie im Auftrag des Kunden handeln können – einen starken Hebel. Man darf bei der ganzen Diskussion nie vergessen: Der Ausstoss von Treibhausgasen findet in den Betrieben und in den Industrien statt, nicht in der Asset-Mana-gement-Branche. Insofern können wir wichtiger Teil einer gesamtheitlichen Lösung sein, aber nicht die Lösung alleine.

In der Finanzbranche generell spürt man den Druck auf die Margen – wie sieht es hier aus?

Wir haben sehr wettbewerbsfähige Margen. Eine unabhängige Studie zuhanden des Bundesamtes für Sozialversicherungen hat die Vermögensverwaltungsgebühren bei Pensionskassen international verglichen. Dort zeigte sich, dass Schweizer Asset Manager sehr kompetitiv sind. Mit den stetig steigenden Volumen im Asset Management werden die Margen weiter zurückkommen. Der Kunde erwartet, dass er an der Skalierbarkeit im Asset Management teilnehmen kann. Das ist insbesondere bei den hoch liquiden Anlagesegmenten wie Aktien der Fall. Anders sieht es bei den illiquiden Anlagen aus, beispielsweise Private Equity oder Immobilien, wo die Skalierbarkeit viel weniger gegeben ist. Dort werden die Margen weniger sinken.

Wie sieht es mit der unterschiedlichen Fitness Ihrer Verbandsmitglieder aus?

Wie in anderen Branchen auch gibt es im Asset Management Firmen, die fitter sind, die also schon früh den finanziellen Aufwand betrieben haben, um beispielsweise Prozesse zu verschlanken und effizienter zu gestalten. Entsprechend gibt es Asset Manager, die weniger fit sind und Nachholbedarf haben. Ich beobachte, dass der Fitnessgrad, also die betriebliche Effizienz, nicht unbedingt etwas mit der Grösse eines Asset Manager zu tun hat. Wir haben in unserem Verband auch vergleichsweise kleine Mitglieder, die sehr effizient arbeiten, beispielsweise weil sie Prozesse ausgelagert haben.

«Sustainable Finance gehört zu unseren Prioritäten.»
 

Ist eine Konsolidierung zu erwarten wie in anderen Bereichen der Finanzbranche?

Im Grunde genommen gibt es für Asset Manager zwei erfolgversprechende Strategien: Man kann sich als Asset Manager sehr breit aufstellen und sich dabei auf einige Märkte beziehungsweise Kundensegmente konzentrieren. Oder man kann sich auf ein Nischenprodukt fokussieren und dieses dann in vielen Märkten anbieten. Hier können Asset Manager zu einer Anpassung ihres Geschäftsmodelles gezwungen sein, wenn die Cost-Income-Ratio nicht mehr tragbar ist. Das ist jeweils auch von der Entwicklung an den Kapitalmärkten abhängig. Die gefährlichste Strategie eines Asset Manager ist aus meiner Sicht, ein breites Angebot in zig Märkten anbieten zu wollen. Hier ist der Konsolidierungsdruck wohl am höchsten.

Was wird man in nächster Zeit von Ihrem Verband sehen?

Wir haben vor wenigen Tagen, am 26. September, die Selbstregulierung Nachhaltigkeit präsentiert – und einen aus meiner Sicht guten Kompromiss erzielt. Ich betrachte diese als Ausgangspunkt zur weiteren Entwicklung des Bereiches Sustainable Finance, der zu unseren strategischen Prioritäten gehört. Dazu zählen auch die Themen Vorsorge und Innovation, zu denen wir laufend neues Research und weitere Studien veröffentlichen sowie Vorstösse lancieren und Veranstaltungen abhalten werden.