Die Blockchain-Technologie wurde als Basis für Kryptowährungen wie Bitcoin entwickelt. Und nicht nur deshalb gewinnt sie im Finanzwesen und im Assetmanagement zunehmend an Bedeutung. Durch ihre Fähigkeit, transparente und unveränderliche Transaktionsprotokolle zu erstellen, bietet sie eine verbesserte Sicherheit und Nachverfolgbarkeit. Ebenso steigert der Nutzen einer Blockchain die Effizienz von Finanztransaktionen. 60 Prozent der Banken haben daher laut einer Studie der Universität St. Gallen aus dem Jahr 2024 bereits eine Blockchain-Strategie entwickelt beziehungsweise «arbeitet man daran». Ebenso gaben die befragten Finanzinstitute an, dass sie im Durchschnitt 0,5 Prozent des gesamten verwalteten Vermögens bereits in Kryptowährungen investieren, Tendenz steigend. Doch der aktuelle Blick auf die hiesigen Finanzinstitute zeigt, dass viel gewollt, aber bislang noch zu wenig umgesetzt wird. 

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Die Schweiz hinkt hinterher

Denn Fakt ist: Das Spiel wird von den USA dominiert. «Der Erfolg der Bitcoin-ETFs ist gigantisch. Und ja, das hätten wir auch in der Schweiz umsetzen können, davon bin ich überzeugt», sagt Rino Borini, Experte im Bereich Digital Finance in der Schweiz. «Wir hätten sogar vor den Amerikanern sein können! Immerhin haben wir hier ein gut laufendes Krypto-ETP-Segment.» Wobei er jedoch auch betont, dass man klar sagen muss: «ETP (Exchange-Traded Product) ist nicht gleich ETF. Spannend ist, dass einige Boutiquen richtig intelligente Bitcoin-Produkte bauen, doch ihnen fehlt oft die Vertriebspower.» Weil aber die mittelgrossen und grossen Assetmanager kein Angebot haben, ist die breite Masse schlicht nicht investiert. Und blickt man auf die Asset-Allokation, sieht es noch düsterer aus. «Ich glaube, ich kann an einer Hand abzählen, welche grossen Assetmanager Bitcoin oder Krypto überhaupt strategisch verankert haben. Das ist nicht nur eine verpasste Chance, das bedeutet knallhart: Die Rendite bleibt auf der Strecke. Wer die letzten fünf Jahre anschaut, sieht, dass Bitcoin im Schnitt rund 60 Prozent pro Jahr gebracht hat – Renditepunkte, die letztlich bei den Kunden fehlen.»

Geht es um die Frage, wie gut die Schweizer Banken in Bezug auf Blockchain aufgestellt sind, muss man in Borinis Augen mehrere Ebenen betrachten: «Eine Sicht ist die Infrastruktur: Hier kann Blockchain enorme Effizienzgewinne bringen, und einige Banken testen das bereits.» Zweitens gibt es die Produktefabrik, also klassisches Assetmanagement: Es gibt regulierte Bitcoin- und Kryptoprodukte, die von wenigen Schweizer Instituten gebaut werden. Und drittens die Integration in die strategische Asset-Allokation und damit in die Vermögensverwaltung – und genau da sind die allermeisten Banken nicht sehr weit. «In allen drei Bereichen gibt es zwar spannende Ansätze, aber insgesamt sind es deutlich zu wenige. Oft fehlen schlicht das Verständnis und die Vorstellungskraft, wohin die Reise gehen kann», so Borinis Einschätzung.

Erste Angebote 

Auf Nachfrage gibt man sich bei der grössten Schweizer Bank, der UBS, jedoch zukunftsweisend: «Die UBS verfolgt die Entwicklungen im Bereich digitaler Vermögenswerte genau, insbesondere im Hinblick auf potenzielle Kundenbedürfnisse, regulatorische Veränderungen und Marktentwicklungen. Wir sehen die Bedeutung der Distributed-Ledger-Technologie, wie zum Beispiel der Blockchain, die digitalen Vermögenswerten zugrunde liegt.» Der Fokus liegt dabei auf der Implementierung der erforderlichen Infrastruktur für den Umgang mit tokenisierten Vermögenswerten sowie auf der Zusammenarbeit mit Zentralbanken und Industriepartner bei digitalen Währungen. Mit «UBS Tokenize» hat man zudem ein erstes Angebot gestartet. «UBS Tokenize ist Teil der laufenden Arbeit der UBS im Bereich Tokenisierungsdienste und globaler Distributed-Ledger-Technologie», heisst es von Unternehmensseite. «Es unterstützt Opportunitäten in den Bereichen Produkte, Vertrieb und Verwahrung, wobei der anfängliche Fokus auf der Tokenisierung von Anleihen, Fonds und strukturierten Produkten liegt.»

Zudem hat UBS Asset Management bereits im November 2024 im Raum Apac seinen ersten tokenisierten Investmentfonds lanciert: Der UBS USD Money Market Investment Fund Token (U-Mint) ist eine Geldmarktanlage, die auf der öffentlichen Ethereum-Blockchain lanciert wurde. Und gemeinsam mit der Postfinance, Sygnum und der Schweizerischen Bankiervereinigung wurde ein interoperabler CHF-Buchgeld-Token-Proof-of-Concept durchgeführt, um die Machbarkeit und den potenziellen Nutzen zu prüfen.

Luft nach oben

Und geht es um Kryptowährungen, gibt es ebenfalls erste Schritte zu verzeichnen. «UBS-Kundinnen und Kunden können bereits heute unaufgefordert Kryptowährungs-ETPs oder -Futures sowie Anteile andere börsenkotierte Unternehmen mit Bezug zu Kryptowährungen auf ihren Brokerage-Konten kaufen, vorbehaltlich der lokalen regulatorischen Anforderungen und Verkaufsbeschränkungen, einschliesslich der Risikotoleranz.» Zurzeit bietet die Bank jedoch noch keine Beratung oder Empfehlungen zum Kauf von Kryptowährungen oder traditionellen Finanzinstrumenten, die sich auf Kryptowährungen beziehen (zum Beispiel ETFs), an. 

Und das steht quasi sinnbildlich für das von Borini angesprochene Hinterherhinken der Schweizer Bankenwelt. Denn wenn Blockchain, dann auch Krypto. Dazu Rino Borini: «Jede Blockchain rechnet in ihrem eigenen Asset ab. Ohne Bitcoin, Ether oder Stablecoins bewegt sich gar nichts, keine Transaktion, kein Smart Contract, kein Settlement.» Wer also Krypto ablehnt, aber Blockchain preist, schneidet sich ins eigene Fleisch. Die Folge: «Man baut Luftschlösser in der Theorie, während die Praxis längst durch die nativen Assets funktioniert.»