Neue Wettbewerber, sich verändernde Wertschöpfungsketten und zunehmende Planungsunsicherheiten halten Geschäftsleitungen auf Trab. Unternehmen sind gefordert, ihre Geschäftsmodelle regelmässig auf die Probe zu stellen und neue, innovative Wege zur Monetarisierung und Leistungserbringung zu prüfen. Ein vielversprechender Ansatz dafür ist der Aufbau von (digitalen) Ökosystemen.

Führende Unternehmen wenden einen systematischen Ansatz an, um mögliche Disruptionen im Kerngeschäft frühzeitig zu erkennen, das Leistungsangebot für höheren Kundennutzen zu überdenken und diese Erkenntnisse in einem strukturierten Vorgehen in neue Geschäftsmodelle zu übersetzen. Dabei geht es nicht um die reine Verbesserung von Produkten oder Prozessen, sondern um die Neudefinition der Art und Weise, wie ein Unternehmen Mehrwert schafft, Kundenbedürfnisse erfüllt und seine Ressourcen einsetzt.

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Geschäftliche Ökosysteme verbinden verschiedene Akteure und Akteurinnen, die zu einem zentralen Wertversprechen beitragen. Ziel ist, die eigene Reichweite und den Marktzugang des eigenen Unternehmens zu erhöhen.

Der Autor

Michael Weber, Director und Mitglied Executive Management Team, Helbling Business Advisors, Zürich.

In diesem Kontext kreieren Unternehmen zunehmend Ökosystem-basierte Geschäftsmodelle oder nehmen zumindest an solchen teil. Im Ergebnis finden sich unter den weltweit wertvollsten Unternehmen auffällig viele, die Ökosysteme bestehend auf dem eigenen Wertversprechen erschaffen haben.

Bekannte Beispiele wie Google, Uber oder Airbnb muten für den industriellen Mittelstand in B2B-Märkten als mögliche Vorbilder wenig relevant an. Konkrete Anwendungsfälle finden sich aber bei genauer Betrachtung auch in traditionellen Industrien zu Genüge (siehe Box).

Dabei gibt es verschiedene Rollen in einem Ökosystem. Nicht jedes Unternehmen hat die idealen Voraussetzungen für die Annahmen von sämtlichen Rollen – und dies ist auch nicht notwendig. Ein industrielles Fertigungsunternehmen muss nicht zwingend Orchestrator eines Ökosystems sein, Wert kann auch als Teilnehmer geschaffen werden.

Für die Identifikation von eigenen Anwendungsfällen und Potenzialen ist eine ergebnisoffene und gleichzeitig systematische Herangehensweise in der Identifikation und Ausgestaltung von möglichen Ökosystem-basierten Geschäftsmodellen zentral. Es bietet sich ein Vorgehen mit folgenden Schritten als vielversprechend bezüglich der Zielerreichung an:

1.Standortbestimmung: Verständnis interner Kompetenzen und des eigenen Geschäftsmodells sowie bezüglich des Markts und den darin agierenden Akteuren und Akteurinnen.

2.Identifikation möglicher Ansatzpunkte und Werttreiber: Bestehen bereits geeignete Ökosysteme, in denen das eigene Unternehmen einen Wertbeitrag leisten kann? Was ist der USP des Unternehmens innerhalb dieser? Wie könnten neue Ökosysteme gestaltet werden?

3.Bestimmung der Ökosystemstrategie: Die Ökosystemstrategie umfasst die Optionenbildung und die Entscheidung, welche(r) Art von Ökosystem geschaffen (oder beigetreten) wird sowie welche Rollen und Funktionen innerhalb dieser eingenommen werden.

4. Planung und Umsetzung: Nach Festlegung der Strategie sind Pilotversuche geeignet, um das Konzept zu testen und um sicherzustellen, dass sie den Bedürfnissen der Nutzergruppen entspricht.

5. Skalierung: Nach dem erfolgreichen Pilotversuch folgt die Strategie für die Skalierung. Hierzu gehört die Erweiterung der Partner- und Nutzerbasis, die Schaffung von Partnerschaften und die Erweiterung der Funktionalität.

Um die Potenziale und Möglichkeiten zu eruieren, kann die Standortbestimmung ein sinnvoller erster Schritt sein. Innovationen in Ökosystemen sind eine explorative Reise – wie jede Reise beginnen sie jedoch mit einem ersten Schritt.

Inspirierende Beispiele

B2B-Unternehmenstypen im industriellen Umfeld:

  • Im Maschinenbau bestehen digitale Plattformen, die ungenutzte Maschinenkapazitäten (etwa CNC-Bearbeitung) zwischen Anbieter und Nachfrager vermitteln.
  • In der nachhaltigen Mobilität bilden sich zunehmend Ökosysteme mit Akteuren mit komplementären Kompetenzen, die das gleiche Ziel verfolgen (beispielsweise Wasserstoff-Ökosysteme).
  • Produzenten von dezentraler Energie (etwa Besitzer von Photovoltaikanlagen) vernetzen sich zukünftig direkt mit Abnehmern zu dezentralen Energie-Communities.
  • Transportkapazitäten werden in der Logistikbranche zwischen Versendern und Spediteuren via digitale Plattformen vermittelt.
  • In der Medizintechnik sind datengetriebene Geschäftsmodelle, in denen verschiedene Teilnehmer die Diagnose und individuelle Behandlung anbieten, zunehmend verbreitet.