Sieben Quartale nach Beginn der Corona-Krise hat die Wertschöpfung in der Schweiz das Vorkrisenniveau bereits deutlich überschritten, wie das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco meldet. Und der Covid-19-Social Monitor zeigt in der zweiten März-Hälfte 2022, dass auch das Befinden der Schweizer Bevölkerung in den vergangenen Monaten relativ stabil geblieben ist.


Gemäss dieser Erhebung des Winterthurer Instituts für Gesundheitsökonomie der ZHAW, des Instituts für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Uni Zürich und der Clinical Trial Unit der Uni Bern stufen 86 Prozent der Bevölkerung ihre aktuelle Lebensqualität als gut oder sehr gut ein – im Dezember des vergangenen Jahres waren es 84 Prozent. Eine erhöhte psychische Belastung verspüren 24 Prozent der Bevölkerung (Ende 2021 26 Prozent). Mit 37 Prozent liegt dieser Wert bei Menschen zwischen 18 und 29 Jahren aber immer noch deutlich höher. Dagegen haben Einsamkeitsgefühle in dieser Altersgruppe von 12 Prozent im Dezember 2021 auf 8 Prozent in diesem Frühjahr abgenommen. Noch immer weit verbreitet ist Homeoffice: 16 Prozent geben an, noch oder meistens von zu Hause aus zu arbeiten.

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Auch das Büro für Arbeits- und sozialpolitische Studien BASS und das Büro für Beratung und Analysen B&A kommen in ihrer Studie für das Bundesamt für Gesundheit für den Krisenzeitraum vom 20. August 2020 bis 31. August 2021 zu gleichartigen Resultaten. Die Mehrheit der Bevölkerung sei von der Pandemie nicht in ihrer psychischen Gesundheit tangiert. Hingegen habe die Pandemie vielfach zu einer Verstärkung vorbestehender Belastungen und Anfälligkeiten geführt. Beispielsweise bei Einsamkeit, einem Migrationshintergrund, psychischer Vorerkrankungen, einem tieferen sozioökonomischen Status oder bei der Betreuung von Angehörigen. Als besondere Risiken werden ein Jobverlust, Einkommenseinbussen und ein Konkurs genannt. «Wie in anderen Ländern hat die Pandemie auch in der Schweiz bestehende soziale und gesundheitliche Ungleichheiten verstärkt», steht in der Studie.
Menschen mit einem tiefen Lohn und sozial anfällige Gruppen wie etwas Sans-Papiers sind gemäss der Studie besonders von den sozialen, wirtschaftlichen und psychischen Folgen betroffen. Als speziell hart bezeichnen die Autoren die Pandemie für die Beschäftigten im Gesundheitswesen. Die Arbeitsbelastung habe stark zugenommen, und bei einem Teil sei es in der ersten Pandemiewelle zu klinisch relevanten Angst- und Depressionssymptomen sowie emotionalen Erschöpfungszuständen gekommen.


Klar belegt ist laut der Studie die Wichtigkeit sozialer Unterstützung durch Arbeitgeber als Schutzfaktor, um psychische Belastungen des Gesundheitspersonals abzufedern und zu reduzieren. Weiter schliessen die Autoren, basierend auf kantonalen polizeilichen Kriminalstatistiken, darauf, dass Suizide und Suizidversuche während der Pandemie im Vergleich zu den Vorjahren nicht zugenommen haben.

Robuste Wirtschaft

So widerstandsfähig wie das Gros der Bevölkerung zeigte sich, je nach Branche stärker oder schwächer, auch die Schweizer Wirtschaft. Im Frühjahr 2020 stieg die saisonbereinigte Arbeitslosenquote deutlich von 2,3 Prozent im Februar auf 3,5 Prozent im Mai und Juni 2020. In den Folgemonaten war sie leicht rückläufig, während der zweiten Welle der Pandemie im Herbst 2020 blieb sie stabil bei rund 3,3 Prozent. Im Frühling 2021 ging sie weiter zurück – und im September 2021 betrug sie noch 2,8 Prozent. Etwas mehr als die Hälfte des krisenbedingten Anstiegs der Arbeitslosigkeit war somit bis im Herbst des vergangenen Jahres wieder wettgemacht.


Das war sicher auch ein Verdienst des Kurzarbeit-Modells: 376,5 Millionen Ausfallstunden wurden nach Angaben des Seco 2020 damit ausgeglichen. Auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle im April 2020 bezog gut ein Viertel aller Beschäftigten in der Schweiz eine Kurzarbeitszeit-Entschädigung. In diesem Monat fielen gut 15 Prozent Normalarbeitsvolumens aus und wurden durch Kurzarbeit kompensiert. Mit den Lockerungen im Sommer 2020 ging die Kurzarbeit rasch und deutlich zurück. Im September und Oktober 2020 bezogen noch 5 Prozent der Beschäftigten Kurzarbeit, und der Arbeitsausfall lag noch bei rund 2 Prozent des Normalarbeitsvolumens. Im Januar und Februar 2021 bezogen wieder rund 10 Prozent der Beschäftigten Kurzarbeit. Der Arbeitsausfall näherte sich einem Anteil von 6 Prozent des Normalarbeitsvolumens an, bevor er im Zuge der Lockerungen der Massnahmen wieder sukzessive abnahm.


Nach einem Rückgang von 2,4 Prozent im Jahr 2020 wuchs das Sportevent-bereinigte BIP der Schweiz 2021 um 3,6 Prozent. Im internationalen Vergleich und auch im Vergleich zur Finanzkrise erholte sich die Schweizer Wirtschaft verhältnismässig zügig. In der zweiten Jahreshälfte 2021, sieben Quartale nach Krisenbeginn, wurde das Vorkrisenniveau der Wertschöpfung bereits deutlich überschritten.


Dabei zeigte sich das verarbeitende Gewerbe mit gut 2 Prozentpunkten als massgebliche Wachstumsstütze. Auch die Nachfrage nach chemischen und pharmazeutischen Produkten entwickelte sich gemäss Seco «robust». So steuerte diese Branche 0,7 Prozentpunkte zum BIP-Wachstum 2021 bei. Das Gesundheit- und Sozialwesen, das 2020 aufgrund von Schliessungen und verschobenen Behandlungen einen Rückgang der Wertschöpfung verbuchte, wuchs im Zuge von Aufholeffekten stärker als im langzeitlichen Durchschnitt und trug 0,3 Prozentpunkte zum BIP-Wachstum bei.


Einen ähnlich grossen Wachstumsbeitrag lieferten die unternehmensnahen Dienstleistungen, die 2020 ebenfalls einen Rückgang verbucht hatten. In beiden Sektoren übertraf so die Wertschöpfung das Niveau des Vorkrisenjahres 2019. Und der Detailhandel expandierte 2021 nochmals kräftig und trug 0,2 Prozentpunkte zum BIP-Wachstum bei. Stark war der Anstieg der Warenexporte: im 4. Quartal 2021 übertrafen sie ihr Vorkrisenniveau vom 4. Quartal 2019 um ganze 13 Prozent und steuerten einen Rekordbeitrag von 2,8 Prozentpunkten zum BIP-Wachstum bei. Neben Exporten von chemischen und pharmazeutischen Erzeugnissen liefen insbesondere Uhren, Präzisionsinstrumente, Maschinen und Metalle gut. Das zeigt: die wichtigste Ressource für fitte Firmen sind gesunde Beschäftigte – nicht nur in Zeiten einer Pandemie.