Healthy Leadership – was ist das?

Es geht darum, dass Führungskräfte das Thema Gesundheit in ihren persönlichen Werten, ihrer Aufmerksamkeit und ihrem Handeln verankern. Für Healthy Leader ist Gesundheit ein zentraler Faktor, den es zu erhalten und zu fördern gilt. Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit als Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur als das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen. Mentale Gesundheit und Stressreduktion rücken dabei zunehmend in den Fokus. Denn: Stress raubt uns nicht nur viel Energie, sondern macht langfristig auch körperlich krank.

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Was genau erzeugt negativen Stress?

Am Arbeitsplatz und im Privatleben sind wir sogenannten Stressoren ausgesetzt, deren Bewältigung Energie erfordert. Zeitdruck und ein hohes Mass an Verantwortung – sogenannte Herausforderungsstressoren – können uns zwar belasten, aber auch motivieren und zu persönlichem Wachstum führen. Negativer wirken sogenannte Hindernisstressoren. Sie setzen uns psychisch zu, weil sie uns überfordern. Beispiele sind unklare Aufgaben oder ständige Unterbrechungen bei der Arbeit, finanzielle Unsicherheit oder Konflikte zwischen dem Arbeits- und Privatleben. Diese Hindernisstressoren sollten Unternehmen gezielt reduzieren, da sie Angestellte besonders stark belasten.

Wie sollten sich Healthy Leader verhalten?

Sie gehen mit offenen Augen und Ohren durch die Welt, achten genau darauf, wie es ihren Mitarbeitenden geht und ergreifen Massnahmen, um Gesundheit zu fördern. Und sie intervenieren gezielt, wenn sie merken, dass ihre Mitarbeitenden Probleme haben. Aber nicht nur das: Healthy Leader fangen bei sich selbst und ihrer eigenen Gesundheit an, denn: Wer selbst erschöpft und ausgebrannt ist, kann sich auch nicht um andere kümmern. Nur so kann eine Führungskraft ein gesundes Vorbild sein.

Führungskräfte sollten sich also ihrer Vorbildrolle bewusst sein?

Absolut. Als Führungskraft ist man immer «auf der Bühne»; Mitarbeitende achten genau darauf, wie sich ihre Führungskräfte verhalten – das betrifft das Topmanagement, aber noch viel mehr die mittlere Führungsebene, die täglich in direktem Kontakt mit ihren Mitarbeitenden steht. Merke ich als Angestellter, dass meine Führungskraft selbst am Wochenende und im Urlaub noch E-Mails schreibt, signalisiert mir das, dass es sich um erwartetes Verhalten handelt. Dadurch werden ungesunde Verhaltensweisen übernommen. Ein Leader, der etwa auf gesunde Ernährung achtet und ausreichend Pausen macht, regt im Gegenzug dazu an, es ihm gleichzutun.

Was können Führungskräfte noch tun?

Bei effektiver, gesunder Führung geht es nicht nur um Effizienz und Zielerreichung, sondern auch um Themen wie Achtsamkeit, Empowerment und Unterstützung. Wenn wir mental gesunde Mitarbeitende haben wollen, müssen wir nicht nur Stress reduzieren, sondern auch dafür sorgen, dass Mitarbeitende ihre Arbeit positiv erleben. Wie schaffen Leader das? Indem sie ihre Angestellten unterstützen und ihnen ehrlich zuhören. Auch eine anonyme Befragung kann helfen, den Status quo zu ermitteln. Das kann sogar wichtig sein, denn wir sehen immer wieder: Führungskräfte überschätzen systematisch, wie gut es ihren Mitarbeitenden geht und wie gesund sie selbst führen. Generell hilft es, den Angestellten Ressourcen zu vermitteln und anzubieten, wie etwa Möglichkeiten zur Mitbestimmung und zu persönlichem Wachstum – das vermittelt das motivierende Gefühl von Wertschätzung, inspiriert, stiftet Sinn. Studien zeigen ausserdem, dass Flexibilität und Mitbestimmung, beispielsweise bezüglich des Arbeitsortes oder der Arbeitszeiten, Mitarbeitenden dabei helfen können, die für sie individuell am besten passende Arbeitsweise zu finden – und so Stressauslöser zu reduzieren.

Gibt es Angestellte, die besonders stark auf negativen Stress reagieren?

Faktoren wie Geschlecht oder Alter haben keinen klaren Einfluss. Aber was wir aus der Forschung wissen: Einer der wichtigsten Faktoren, der beeinflusst, wie resilient eine Person gegenüber Stress ist, ist das Ausmass der persönlichen Ressourcen. Wichtig sind eine gute soziale Unterstützung durch Kolleginnen, Kollegen und Führungskräfte, genug Erholungsmöglichkeiten, persönliche Einstellungen – Optimismus, Hoffnung, Selbstwertgefühl und positive Emotionen. Personen, die viele dieser Ressourcen haben, sind in der Lage, auch mit einer geballten Ladung Stress umzugehen. Wenn wir es als Führungskräfte schaffen, Mitarbeitende mit möglichst vielen dieser Ressourcen auszustatten, machen wir ihr Arbeitsleben nicht nur weniger schlecht. Wir machen es richtig gut!

Der Forscher

 

Name: Prof. Dr. Nils Fürstenberg Funktion: Assistenzprofessor am Institut für Führung und Personalmanagement (IFPM) der Universität St. Gallen sowie Sprecher des Center for Healthy Leadership, das effektive Leadership- und HRStrategien für die Förderung der mentalen Gesundheit in Unternehmen erforscht.

Karriere: Nach Bachelor und Master in BWL in Berlin und Potsdam promovierte er an der ESCP Business School in internationaler Betriebswirtschaftslehre und sammelte dabei auch Forschungserfahrung an der London School of Economics and Political Science. Seit 2020 forscht und lehrt er in St. Gallen. Eines seiner Schwerpunktthemen ist die Gesundheit von Mitarbeitenden.