Wie steht es im Hinblick auf Geschäftsprozesse und Kundenbeziehungen um die Bonitätsprüfung, das Kerngeschäft des Liquiditätsmanagements? Wie können die Prozesse unter digitalen Vorzeichen gestaltet werden – ohne Gefährdung der Kundenbeziehung und bei gleichzeitiger Reduktion der Forderungsausfälle auf ein Minimum? Jeder Debitorenverlust geht voll zulasten des Gewinns, aber auch jeder verlorene Kunde. Die Digitalisierung hat es möglich gemacht, dass Bonitätsinformationen, wie sie Creditreform zur Verfügung stellt, in den digitalen Prozess integriert sehr zuverlässige Einschätzungen ermöglichen.

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Der Autor

Raoul Egeli, Präsident Creditreform, St. Gallen.

Die Bonität rechtskonform prüfen

Mit der Inkraftsetzung des revidierten Datenschutzgesetzes per 1. September 2023 werden die legalistischen Karten neu gemischt. Manche werden sich fragen, ob es überhaupt noch möglich sein wird, die Bonität der Kundinnen und Kunden zu prüfen. Die linken Kräfte im Parlament hatten ja verlangt, dass Bonitätsprüfungen durch Dritte gänzlich verboten werden sollen. Es kam – nicht zuletzt dank Interventionen von Organisationen wie Creditreform und interessierter Verbände – nicht so weit. Denn auch die Interessen der Gläubiger, die in Vorleistung (den klassischen Lieferantenkredit) gehen, müssen gewahrt werden. Nachfolgend eine Übersicht der wichtigsten Änderungen:

Das neue Datenschutzrecht anerkennt nach wie vor das überwiegende Interesse als Rechtfertigung für die Bearbeitung personenbezogener Daten. Sie dürfen, wie es Wirtschaftsauskunfteien handhaben, Dritten nur bekannt gegeben werden, wenn diese die Daten für den Abschluss oder die Abwicklung eines Vertrages benötigen. Bonitätsprüfungen bleiben also grundsätzlich erlaubt. Es gibt es zwei Einschränkungen:

• Die Daten dürfen nicht älter als zehn Jahre sein. Das kann unter Umständen, wenn etwa Konkurse länger zurückliegen und dies ein Anzeichen auf eine überdurchschnittliche Häufung wäre, erheblichen Einfluss auf die Bonitätseinschätzung haben.

• Daten von Minderjährigen dürfen grundsätzlich nicht verwendet werden. Dabei dürfen Jugendliche durchaus über ihr freies Kindesvermögen wie das Taschengeld oder den Lehrlingslohn verfügen. Es wäre gerade im Interesse der Erziehungsberechtigten gewesen, eine Altersprüfung durchzuführen, wenn es etwa um potenziell jugendgefährdende Bestellungen geht.

Viele Daten sind nicht nötig

Der Katalog von besonders schützenswerten Personendaten, die nur mit Einwilligung der Betroffenen bearbeitet werden dürfen, wurde zudem erweitert. Für eine Kreditwürdigkeitsprüfung sind diese Daten weiterhin nicht erforderlich:

• Daten über religiöse, weltanschauliche, politische oder gewerkschaftliche Ansichten oder Tätigkeiten

• Daten über die Gesundheit, die Intimsphäre oder die Zugehörigkeit zu einer Rasse oder Ethnie

• genetische Daten

• biometrische Daten, die eine natürliche Person eindeutig identifizieren

• Daten über verwaltungs- und strafrechtliche Verfolgungen oder Sanktionen

• Daten über Massnahmen der sozialen Hilfe

Vor allem im Online-Geschäft gilt bei automatisierten Einzelentscheidungen eine Informationspflicht. Die betroffenen Personen müssen informiert werden, wenn die automatisierte Bearbeitung für diese mit einer Rechtsfolge verbunden ist oder sie erheblich beeinträchtigt. Die Kundinnen und Kunden haben das Recht, angehört zu werden und eine Überprüfung der Daten durch eine Person zu verlangen. Shopbetreiber tun gut daran, den automatisierten Ablauf der Bestellungen zu überprüfen und der Informationspflicht Rechnung zu tragen.Um die Abwicklung nicht zu unterbrechen und damit einen Kaufabbruch zu provozieren, macht es Sinn, bei der Bestätigung der Bestelldaten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen anerkennen zu lassen und gleichzeitig die Einwilligung zur Datenverarbeitung nach Datenschutzgesetz zu integrieren.

So könnte der Text lauten: «Ich anerkenne die Allgemeinen Geschäftsbedingungen und nehme zur Kenntnis, dass der Entscheid, ob gegen Rechnung geliefert werden kann, auf einer automatisierten Bearbeitung beruhen kann und willige hierzu ein.» Zudem sei empfohlen, folgende Regelung in die AGB aufzunehmen: «Für den Entscheid, ob gegen Rechnung geliefert werden kann, wird eine Adress- und Kreditwürdigkeitsprüfung durchgeführt.»

 

Auch im Interesse der Käuferschaft

Die Bonitätsprüfung zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit ist und bleibt das zentrale Element, um unnötige Forderungsausfälle zu vermeiden. Sie liegt nicht nur im Interesse der Verkäuferinnen und Verkäufer, sondern auch in jenem der Käuferinnen und Käufer, die so wirksam vor Überschuldung geschützt werden können.