Jede fünfte Person in der Schweiz gerät laut Bundesamt für Statistik in Schwierigkeiten, wenn es gilt, eine unerwartete Rechnung von 2500 Franken zu begleichen. Diese Zahlen erinnern nicht nur daran, dass viele Einwohnerinnen und Einwohner hierzulande sehr haushälterisch mit ihrem Geld umgehen müssen, sondern auch an die Verantwortung jener Lieferanten und Dienstleisterinnen, deren Rechnungen sie bezahlen müssen.

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Gerade im Online-Handel sind Bonitätsprüfungen zwingend.
 

Das gilt nicht minder für den Handel zwischen Unternehmen. Mit dem Auslaufen der Corona-Hilfen werden die Konkurse ansteigen. Davon betroffen sind viele Unternehmen, die schon vor Ausbruch der Pandemie konkursreif waren. Als Zombiefirmen überstanden sie die Krise dank den staatlichen Finanzspritzen.

Nun sind die alten Liquiditätsprobleme zurück – und das Ende ist unausweichlich. Dazu kommt, dass die steigenden Preise die Budgets der Konsumentinnen und Konsumenten stark belasten werden.

Bonitätsprüfung zwingend

Eine seriöse Abschätzung der Bonität schützt nicht nur vor Debitorenverlusten. Sie bietet der Käuferschaft auch Schutz davor, unüberlegte Käufe zu tätigen, die für sie nicht finanzierbar sind. Online-Käufe sind dabei besonders verführerisch: Mit ein paar Mausklicks ist die Ware bestellt. Besonders beliebt ist die Zahlung auf Rechnung. Zu Recht: Denn die Lieferung auf Rechnung schafft Sicherheit, nicht auf betrügerische Lieferanten hereinzufallen. Diese verlangen Vorkasse oder Kreditkarte, eine Rechnung wird gar nicht angeboten. Es lohnt sich in solchen Fällen, Adressen und Kontaktdaten des Online-Shops zu überprüfen. Fehlen diese Angaben vollständig, herrscht Alarmstufe Rot.

Im Zweifelsfall empfiehlt es sich, auf eine Bestellung, und sei diese noch so günstig, zu verzichten und sich nach einem seriösen Online-Shop umzusehen. Solche Online-Shops bieten die Lieferung auf Rechnung an, müssen sich aber ihrerseits vorsehen, nicht an Kundinnen und Kunden zu geraten, bei denen mit Zahlungsausfällen zu rechnen ist. Genau genommen offerieren sie einen Blankokredit – unabhängig davon, ob es sich um Stamm- oder Neukunden handelt. Deshalb sind gerade im Online-Handel Bo nitätsprüfungen zwingend – zumal die Zahlungsmoral hier generell schlechter ist als im klassischen Handel. Studien haben gezeigt, dass bis zu 3 Prozent der Rechnungen nicht beglichen werden. Das kann bei knappen Margen schnell die Existenz des Online-Shops bedrohen.

Auch Adressdaten prüfen

Sehr gut bewährt haben sich Bonitätseinschätzungen in enger Zusammenarbeit mit Wirtschaftsauskunfteien wie Creditreform: Im Bestellprozess wird im Hintergrund die Bonität der Kundschaft geprüft und werden dann die entsprechenden Zahlungsoptionen wie Rechnung, Kredit karte oder Vorauskasse vorgeschlagen. Ob und wann welche Zahlungsoption angeboten wird, definieren die Online-Shops selbst. Es ist möglich, Kundinnen über eine Whitelist freizuschalten, im Zweifelsfall vollständig zu sperren oder die Bestellung auf Rechnung bis zu einer bestimmten Summe zu erlauben. Inte griert ist weiter die Prüfung der angege benen Adressdaten. Entscheidend ist die reibungslose Integration dieser Prozesse in den Bestellablauf, sodass dieser einerseits effizient ist und anderseits keine Wartezeiten verursacht.

Längst zum Standard geworden sind im Online-Handel die Bestimmungen zu den allgemeinen Geschäftsbedingungen, die vor einem Geschäftsabschluss zwingend akzeptiert werden müssen. Das ist in der Regel mit zwei Mausklicks erledigt, für den Lieferanten jedoch mit einigem Aufwand verbunden. Mit ihrer Daten-schutz-Grundverordnung hat die Europäische Union neue Grundlagen geschaffen, die Käuferinnen und Käufer gerade im Online-Handel vor missbräuchlicher Verwendung ihrer Daten schützen sollen. Dabei ist die EU allerdings zu weit gegangen. Denn primär angesprochen werden sollten die grossen Datenhändler, von Google bis Facebook. Doch während diese global tätigen Firmen ihr Geschäftsmodell problemlos und unter Zustimmung der allermeisten Nutzerinnen und Nutzer weiterführen, werden sich vor allem KMU mit bürokratischen Hürden herumschlagen.

Datenschutz neu definiert

Die Schweiz hat inzwischen nachgezogen und das revidierte Datenschutz gesetz verabschiedet. Das Schweizer Gesetz über nimmt die EU-Richtlinie in grossen Teilen und verschärft die EU-Richtlinie teilweise sogar noch. Die Verordnung zum Gesetz soll in Kürze verabschiedet werden. Die Inkraftsetzung ist auf den 1. September 2023 geplant. So haben Unternehmen beispielsweise ein Verzeichnis ihrer Bearbeitungstätigkeiten zu führen. Oder es kommen neue Informationspflichten bei automatisieren Einzelentscheidungen hinzu. Der betroffenen Person muss die Möglichkeit geboten werden, ihren Standpunkt darzulegen. Dies zeigt, dass auch in der Schweiz im Online-Handel mit einigem zusätzlichem Aufwand zu rechnen ist. Die Firmen tun gut daran, sich darauf vorzubereiten.

Raoul Egeli, Präsident Creditreform, Zürich.