Die zunehmende Digitalisierung der meisten Einkaufsprozesse hat eine Reduktion des direkten Kundenkontaktes mit sich gebracht, dies zugunsten neuer Ansätze hinsichtlich der Individualisierung des Kundenerlebnisses. Standard ist heute ein stärker individualisiertes Marketing, angefangen bei differenzierten Kundenmailings bis hin zu auf den Bedarf abgestimmten Kundenangeboten. Die Händler streben eine Steigerung der Konversionsrate an, also eine möglichst hohe Kaufquote von potenziellen Interessentinnen und Interessenten, die sich auf immer mehr Kanälen bewegen.

Partner-Inhalte
 
 
 
 
 
 

Der «Share of Mindspace»-Ansatz

In Bezug auf das Einkaufserlebnis bedingt dies vor allem eines: Das gesamte Erlebnis muss informativ und spannend und im Abschluss einfach und mit wenig Hürden ausgestaltet sein. Die angebotenen Zahlungsmittel sollten die Fortführung der Customer Journey über den Kaufabschluss hinaus möglich machen und die Kundschaft und deren Interesse im eigenen Angebotsspektrum halten. Dies, was die Kommunikation, die auf das Sortiment abgestimmten Rabattmassnahmen und auch die Ertragsoptionen betrifft. Neueste Entwicklungen bewegen sich gemäss Google weg vom alten «Share of Wallet»-Gedanken hin zu einem «Share of Mindspace»-Ansatz. Gemeint ist, bei den Konsumentinnen und Konsumenten eine tief verankerte Bindung aufzubauen, die nicht nur auf den einen Kaufabschluss abzielt, sondern auf eine länger ausgerichtete Partnerschaft mit dem Ansatz: «Von mir bekommst du alles, was du brauchst; und zwar einfach und mit bestem Service.»

Hier dockt nun die Kundenkarte mit Bezahlfunktion an und präsentiert sich als geeignetes Instrument für die intensive Partnerschaft zu den Konsumentinnen und Konsumenten. Die zeitgemässe Kundenkarte bietet einige Neuerungen gegenüber früheren Modellen und zusätzliche Möglichkeiten der Kundenbindung.

Viele wegweisende Händler in den USA haben dies längst verstanden und setzen auf das beschriebene Modell, ein Kundenkonto mit integrierter Bezahlfunktion, mit oder ohne Karte.

Dies lässt sich auch mit dem aktuell gehypten «Buy now, pay later»-Trend verbinden: Die Kundschaft muss sich zum Kaufzeitpunkt noch nicht mit den Bezahlungsmodalitäten auseinandersetzen. Sie kann dies nachgelagert tun. Erst mit dem Erhalt der Rechnung entscheidet sie sich, ob sie einen Teil oder sofort den vollen Rechnungsbetrag begleicht. Mit dem Kundenkonto lassen sich Kampagnen und Promotionen unterstützen, markenindividuell oder exklusiv in Form von Null-Prozent-Aktionen, gezielten Zahlungsvarianten für saisonal bedingte Einkäufe und vielem mehr. Das Kundenkonto ist auch Dreh- und Angelpunkt für kanalübergreifende Konzepte.

Nach dem Zahlprozess wird die Kundin und der Kunde nicht in die Hände eines Zahlungsmittel-Anbieters mit allenfalls abweichenden Interessen übergeben. Mit dem Kundenkonto bleibt die Händlerin und der Händler als Partner der Kundschaft erhalten und positiv gebunden. Konsumenten werden nach dem Kaufprozess im Sinne des «Loyalty Management» begleitet. Ihr Einkaufsverhalten wird transparent und die immer wichtiger werdenden Individualisierungen in der Betreuung erreicht.

Zusätzliche Services wie Videoberatung, Pop-up-Events oder Ad-hoc-Gutscheinausgaben in der Nähe eines Point of Sales können mit dem Kundenkonto nahtlos und andauernd verknüpft und fortgesetzt werden. Dies festigt die Kundenbeziehung nachhaltig und beeinflusst dank der proprietären Kreditlinie die erzielbaren Margen positiv.

Loyale Kunden sind bekanntlich weniger preisaffin und opportunistisch, legen dafür mehr Wert auf Individualität, Service, Kontinuität und Flexibilität. Dies alles ermöglicht und unterstützt das Kundenkonto als Bezahllösung, mit oder ohne integrierte Kundenkarte.

Mehr Ertrag, weniger Debitorenverlust

Nebst den – auf der Hand liegenden – Vorteilen im Sales-Bereich kommen die aus dem Kreditgeschäft resultierenden Ertragsmöglichkeiten für die Händlerinnen und Händler ebenfalls voll zum Tragen. Dies beinhaltet primär das Zinsgeschäft, aber auch Möglichkeiten wie Versicherungslösungen beispielsweise im Saldo-Absicherungsbereich. Zudem haben die Händlerinnen und Händler unmittelbaren Einfluss auf die Vermeidung kritischer Verschuldungssituationen bei ihren Endkundinnen und -kunden. Dies mit geeigneten Instrumenten und einer nachhaltig agierenden Partnerin, die sich für eine verantwortungsvolle Ausgestaltung im Sinne des Händlers einsetzt.

In einem zunehmend kompetitiven Markt eröffnet die Kundenkarte attraktive Servicemöglichkeiten und neue Ertragskanäle. Sie können zur Verbesserung der Marge eingesetzt werden oder aber auch im Preiskampf unterstützende Wirkung zeigen, beispielsweise bei gezielten Reinvestitionen der Zinserträge in das Endkunden-Pricing.

Aktuell wäre also der ungünstigste Zeitpunkt, die Kundenkarte zu begraben oder abzulösen. Vielmehr sollte sie geschickt in die heutige Welt befördert und ins CRM, Loyalitäts- und Retention-Programm eingebettet werden, wo sie dann ihre volle Leistung entfalten kann und die Kundenbindung stärkt.

Jordan Bellazzini, CEO, Availabill, Zürich.