Sie tanzen beschwingt, kochen gemeinsam oder unternehmen zusammen eine Weltreise: Wenn ältere Menschen Umkehrhypotheken abschliessen, geht das schöne Leben – wenigstens in der Werbung für diese Produkte – weiter. Immobilienplattformen, einige Kantonal- und Geschäftsbanken sowie Kreditvermittler bieten diese an. Im Gegensatz zu den USA oder Grossbritannien sind diese Produkte hierzulande aber nie über eine Marktnische hinausgekommen. Dabei gibt es durchaus einige Konstellationen, bei denen solche Produkte sinnvoll erscheinen.

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Laut Benjamin Manz von Moneyland kann eine Umkehrhypothek bzw. eine Immo-Rente unter Umständen für Rentnerinnen und Rentner Sinn ergeben, die erstens eine gut erhaltene und werthaltige Immobilie bereits ganz oder fast vollständig abbezahlt haben, zweitens einen grösseren Geldbetrag im Alter benötigen oder zumindest wünschen, aber drittens die Immobilie nicht verlassen oder verkaufen möchten, und viertens aufgrund ihres Alters keine gewöhnliche Hypothek mehr erhalten, weil hier Tragbarkeitsprobleme bestehen. «Wenn die Immobilienbesitzer bereits genügend Geld auf der Seite haben, ist eine Umkehrhypothek eher nicht sinnvoll», sagt Manz. «Auch dann nicht, wenn die Rentner bereit sind, ihre Immobilie zu verkaufen und beispielsweise in ein Mietobjekt umzuziehen, denn dann haben sie das Geld aus dem Verkauf.» Dasselbe gilt, wenn die ursprüngliche Immobilie so viel Wert hatte, dass es gelingt, mit einem Teil des Verkaufserlöses eine neue, günstigere Immobilie zu kaufen. «Und wenn die Besitzer eine Wertminderung der Immobilie für wahrscheinlich halten, ist das auch keine gute Voraussetzung», sagt Manz.

Die demografische Entwicklung begünstigt das Thema, erklärt Manz. «In den nächsten Jahren wird es in der Schweiz aber sicher noch ein Nischenprodukt bleiben.» Auch auf der Seite der Banken würden Umkehrhypotheken nur von sehr wenigen Anbietern vermarktet. Dies dürfte auch damit zusammenhängen, dass Umkehrhypotheken als komplex gelten. Ein weiterer möglicher Grund ist laut Manz: Einige Banken bieten einem Teil dieser Zielgruppe bereits an, die Hypothek auch im Alter zu verlängern, und verzichten dafür auf Umkehrhypotheken. «Schlussendlich hängt die Entscheidung von einigen Faktoren ab und muss dann persönlich aufgrund der Umstände gefällt werden.»

 

Erben fahren meistens besser

«Die Eigentümer nehmen eine Hypothek auf und leben vom Geld, das Haus bleibt in der Familie», beschreibt Adrian Wenger, Hypothekenexperte beim VZ Vermögenszentrum, den Vorgang bei einer Umkehrhypothek. «Alternativ würde das Objekt verkauft, die Grundstückgewinnsteuern würden abgerechnet und neu würde eine teure Wohnung gemietet. Im Endeffekt geht es den Erben meist besser mit einer Immo-Rente.» Steuerliche Nachteile entstehen keine – lediglich die Schuldzinsen steigen.

Umkehrhypotheken sieht man nur vereinzelt. «Immo-Renten werden bei tollen Immobilien an besten Lagen eingesetzt», erklärt Wenger weiter. «Denn dort sind die Hauseigentümer vielfach emotional an die Immobilie und im Speziellen an die Lage der Immobilie gebunden.» Ein Ersatzobjekt werde von den Eigentümern oft seit Jahren gesucht, aber die Suche war erfolglos. «Entsprechend sucht man Möglichkeiten, wie die Eigentümer in ihrer Immobilie bleiben können», so Wenger. «An schlechteren Lagen und bei «bescheideneren» Immobilien kann man sich auch einfacher vom Objekt trennen. Der Weg beispielsweise zu einem Mietobjekt ist dann nicht so weit.»

Auch müsse das Objekt einige Kriterien erfüllen. Laut Wenger muss es wertig sein, gut im Schuss, eine gute Verkäuflichkeit aufweisen und einigermassen fürs Wohnen im Alter geeignet sein. «Ungeeignet sind dagegen sanierungsbedürftige Immobilien, abenteuerliche Verkaufsmöglichkeiten sowie Objekte, die für das Wohnen im Alter nicht funktionieren.» Unter «abenteuerlich» versteht Wenger beispielsweise eine Herrschaftsvilla in einem kleinen, abgelegenen Weiler oder ein isoliertes Haus inmitten einer Landwirtschaftszone. Kurz: «Je exotischer die Immobilie, desto schwieriger die Verkäuflichkeit.»

Für die Zukunft erwartet Wenger eine höhere Nachfrage nach solchen Lösungen: «Solange keine Ersatzobjekte verfügbar sind, wird das Bedürfnis zunehmen.» Mittelfristig werden weitere Varianten entwickelt werden, weil die Umkehrhypotheken – je nach Konstellation – einige Nachteile beim Auszug der Eigentümer oder Eigentümerinnen beispielsweise in ein Pflegeheim oder beim Verkauf der Immobilien haben. Sogenannte Rückmietkäufe oder ein Teilverkauf der Immobilien lösen solche Probleme – sie sind allerdings wiederum mit anderen Nachteilen verbunden. Und richtig kompliziert wird es laut Spezialisten, wenn weitere Themen wie Energiesanierungen und Fördergeldbezug hinzukommen.