Das Haus: ein Traum an der Goldküste. Von den Alpen bis zum Zimmerberg freie Sicht auf den Zürichsee. Vergleichbare Objekte schreiben die Makler mit mittleren siebenstelligen Summen aus. Als die Besitzerin verstarb, ging der Streit unter den drei Geschwistern los: Die zwei Brüder wollten die Immobilien behalten, ihre jüngere Schwester wollte sie verkaufen, um ihre fehlende eigene Vorsorge auszugleichen.
Unterschiedliche Teilungsmöglichkeiten
«Ein Eigenheim oder Immobilien sind für viele Menschen der grösste Vermögenswert, den sie besitzen», erklärt Fabienne Kälin, Nachlassexpertin beim VZ Vermögenszentrum in Zürich. «Eine Liegenschaft kann man nicht so einfach aufteilen wie etwa Barmittel oder ein Wertschriftendepot – das kann problematisch sein.» Denn mit dem Tod des Erblassers entsteht automatisch eine Erbengemeinschaft. «Wenn mehrere Geschwister da sind, müssen sie zusammen über die Erbschaft verfügen. Verweigert ein einziger Erbe seine Zustimmung, ist die Erbengemeinschaft nicht handlungsfähig. «In solchen Situationen geht nichts», weiss Kälin aus der Praxis. «Aber wenn es dann gar keine Lösung gibt, besteht die Möglichkeit einer Teilungsklage.» Diese dauere oft jahrelang und sei kostspielig. Oft hätten die Erben das Geld hierfür nicht – und sind daher eher an einer aussergerichtlichen Einigung interessiert.
«Man kann solche Themen begrenzt vorab regeln», so Kälin. «Beispielsweise durch Teilungsvorschriften in der Nachlassregelung oder auch mit Übertragungen, die noch zu Lebzeiten erfolgen.» Wird eine Liegenschaft zu Lebzeiten (teilweise) schenkungsweise übertragen, können sich indes im Ablebensfall Fragen zur Ausgleichung dieser Schenkung unter den Geschwistern stellen.
Und es gibt viele weitere Varianten. Bei Mehrfamilienhäusern beispielsweise können die Wohnungen unter den Erben im Stockwerkeigentum aufgeteilt werden. Möglich sind auch einfache Gesellschaften. Verbleibt die Liegenschaft in der Erbengemeinschaft, besteht die Möglichkeit, dass eine Erbin oder ein Erbe sich um die Verwaltung kümmert und hierfür entschädigt wird. «Auch bei Einfamilienhäusern gibt es viele Möglichkeiten», fügt Kälin an. Zum Beispiel über Darlehen zwischen den Erben, die dann nach und nach zurückgezahlt werden.
Viele Fälle liessen sich so regeln, wobei es je nach Familiensituation ganz individuelle Lösungsmöglichkeiten gebe. «Meist ist bei solchen Themen viel Geld im Spiel. Es lohnt sich darum, sich gut zu informieren oder unter Umständen beraten zu lassen», sagt Kälin.
Stolpersteine durch Planung vermeiden
«Wir empfehlen, die Nachlassplanung zu Lebzeiten und so früh wie möglich anzugehen», rät Stefan Reinhard, Leiter Erbschaften bei der Zürcher Kantonalbank ZKB. «Dies ist insbesondere für unternehmerisch tätige Personen wichtig, da eine vorausschauend geplante und umsichtige Nachfolgeregelung in Familienunternehmen mehrere Jahre in Anspruch nehmen kann.»
Es bestehen laut Reinhard eine Reihe typischer Problemkonstellationen: Bei einer ungleichen Verteilung gibt es entweder nur eine Immobilie, die mehrere Erben übernehmen möchten. Oder es sind mehrere Objekte vorhanden, die sich nicht gleichmässig aufteilen lassen. Weiter können unterschiedliche Vorstellungen über den Wert der Immobilie zu Streitigkeiten führen. Auch kann es zu Differenzen bezüglich der Pflege und des Unterhalts einer Immobilie kommen.
Bei fehlenden Regelungen respektive einem fehlenden Testament müssen sich die Erben einigen. «Hier ist Einstimmigkeit erforderlich», so Reinhard. Und es gibt darüber hinaus steuerliche Stolpersteine. «Planen die Erben, gemeinsam Bauland zu überbauen oder eine Immobilie umfassend zu entwickeln, kann dies unerwünschte Steuerfolgen und allenfalls auch Sozialversicherungsabgaben auslösen, weil der Zweck der Erbengemeinschaft, die Auflösung der Erbengemeinschaft und die Aufteilung des Nachlasses unter den Erben nicht mehr verfolgt werden», so Reinhard.
Immobilienvererbung ist auch ein Vorsorgethema
Bei der ZKB rät man zum Beizug eines Rechtsbeistandes (Erbrechtsexperten), wenn die Vermögensverhältnisse komplex beziehungsweise gross sind, es bereits Konflikte in der Familie gibt oder wenn das Fachwissen fehlt oder Unsicherheiten über die rechtlichen Möglichkeiten bestehen.
Und weil es wie im Fall des Hauses an der Goldküste um viel Geld geht, werden Immobilienvererbungen rasch auch zu Vorsorgethemen. Eine frühzeitige Planung, die regelmässige Überprüfung dieser Planung sowie eine professionelle Beratung sind hier laut Reinhard ratsam. «Eine offene Kommunikation mit den potenziellen Erben kann Missverständnisse und Enttäuschungen vermeiden.»