Das Briefing, das die Werbeagentur Jung von Matt vor rund eineinhalb Jahren erhielt, war umfassend. Es galt, den Start der «Neuen Klasse» von BMW mit dem Modell iX3 kommunikativ zu begleiten. Übersetzt: Die umfassende Transformation eines deutschen Automobilherstellers musste in Worte gefasst werden. «Der iX3 ist nicht nur ein Auto, das auf Elektromobilität umstellt, sondern es leitet eine komplett neue Ära für BMW ein», sagt Andreas Ernst, Managing Director & Partner von Jung von Matt Hamburg. Diese Komplexität musste in eine grosse, internationale Kampagne mit präzisen Headlines, Spots und Kommunikationsmassnahmen übersetzt werden. Die komplexe Aufgabe war es, gleich drei strategische Botschaften in eine einzige Kampagne zu integrieren. Zuerst einmal den Technologiewandel. Also die Vermittlung von rationalen Fakten zur Elektromobilität, wie Reichweite, Ladegeschwindigkeit und – um es mit Andreas Ernsts Worten zu sagen – «das Überwinden der tradierten Benzin- und Diesel-Denke». Dazu kam das neue Produkt mit seinen spezifischen Innovationen. Hier standen vor allem das innovative «Heart of Joy»-Steuerungssystem und das neuartige Display im Fokus. Sowie final die Markentransformation, also das emotionale Erbe, was die erfolgreiche Überführung des über Jahrzehnte aufgebauten Markenkerns der Fahrfreude eines BMW in das neue elektrische Zeitalter bedeutete.

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Ingenieurskunst im Fokus

Die Kernfrage, die sich daraus ergab: Welche dieser vielschichtigen Informationen in der Kommunikation sollte die prominenteste Platzierung erhalten? «Die eigentliche Message durfte nicht nur bei der Technologie ansetzen. Es reicht heute einfach nicht, ‹Wir haben jetzt auch einen Stecker› zu sagen», so die Antwort von Ernst und seinem Team. «Denn Stecker haben auch die Mitbewerber.» Der entscheidende Differenzierungsfaktor musste demnach tiefer liegen. Der Vorteil war, dass der iX3 eben nicht nur ein neues Modell ist, sondern BMW mit der Neuen Klasse eine neue Ära einläutet, in der alle BMW-Modelle einen grossen Sprung in Technologie und Design machen. Dies aber basierend auf den traditionellen Werten, was intern bei Jung von Matt dazu führte, die Kampagne «The Promise» zu nennen. Denn auch wenn vieles neu ist, gibt die Vergangenheit der Marke weiterhin ein Versprechen. So entstand ein Kampagnenfilm, der die Ingenieurskunst der Münchner thematisierte. Der Kampagnenfilm beginnt mit älteren, ikonischen BMW-Modellen wie dem M1 und dem X5. «Sie stehen symbolisch für frühere Entwicklungssprünge des Unternehmens», erklärt Ernst. Danach wird das bekannte BMW-Hauptquartier in München abgebildet, das aus vier Türmen besteht und bewusst der Form eines klassischen Verbrennungsmotors nachempfunden ist. Am Ende fahren die Klassiker in die Tiefgarage, und der neue iX3 kommt heraus – als Erster dieser neuen Ära. Und genau das ist wichtig, denn Erster aus einer neuen Ära zu sein, bedeutet nicht, mit der Vergangenheit zu brechen. Der Übergang zur Elektromobilität ist für eine Traditionsmarke wie BMW ein grosser Schritt. Technologie wandelt sich, aber auch bei BMW weiss man um den Grad zwischen beiden Welten, wobei jedoch die eine neu entdeckt werden muss. Dazu sagte Ernst: «Die eigentliche Herausforderung ist nicht die Technik, sondern die Akzeptanz des Kunden: Wie kommuniziert man ein Auto, das zwar neuartig, aber mit Vorurteilen und Unsicherheiten der Konsumenten behaftet ist?» In seinen Augen und basierend auf seiner Erfahrung dreht sich erfolgreiche Kommunikation für ein komplexeres Produkt stets um zwei Ebenen: «Sie muss immer in der Lage sein, den Bauch zu treffen, aber auch den Kopf zu überzeugen.» Rationale Faktoren wie Sicherheit, Preis, Kofferraumvolumen oder technische Spezifikationen sind wichtig. Doch Fakten sind nur die eine Seite. «Meistens ist erst mal der Bauch relevant, und dann kommt der Kopf ins Spiel», erklärt Ernst.

Und dieser Balanceakt zwischen Rationalität und Emotionalität ist in der Automobilwerbung gar nicht neu. Ernst zieht hier einen historischen Vergleich zum Diesel: «Vor zwanzig, dreissig Jahren gab es eine grosse Bewegung vom Benziner zum Diesel im PKW-Segment.» Bis dahin war der Diesel gedanklich eng mit Nutzfahrzeugen verbunden gewesen. So wurden die ersten mit Diesel angetriebenen PKW-Modelle zwar bereits in den 1950er-Jahren lanciert, aber an Popularität gewann er erst durch Modelle wie die sportlichen Sechszylinder-Diesel von Audi und BMW sowie durch eine entsprechende Infrastruktur. Erst um die Jahrhundertwende begann der Diesel-PKW seinen Siegeszug, vor allem bei Menschen, die oft Langstrecke fahren. Selbst in der Schweiz, wo Diesel immer noch teurer als Benzin ist, spiegelt sich das in den Bestandsdaten des Bundesamts für Statistik (BFS) wider. So wurden im Jahr 2000 knapp 142'000 Dieselfahrzeuge in der Schweiz zugelassen, bis 2024 stieg der Bestand auf über 1,2 Millionen PKW an.

Nicht eine für alle

Damit aber die Kampagne weltweit erfolgreich sein kann, entwickelte Jung von Matt einen sogenannten globalen Master der Kommunikation, also die grundsätzliche Form der Kampagne – wie den Slogan «Erster einer neuen Ära». Gleiches galt für die Visuals. Doch was in welchem Land genutzt und wie übersetzt wird, liegt bei den Länder- und Regionenchefs, die die Kampagne mit lokalen Agenturen umsetzen. Grund dafür ist, dass die Marktbedingungen und die Herausforderungen regional stark variieren. So gilt der iX3 zum Beispiel in den USA, einem Land, in dem Full-Size-SUVs dominieren, oft als zu klein.

«Deshalb ist es nachvollziehbar, dass ein BMW-Europa-Marketingmanager ganz andere Challenges und den Schwerpunkt ein Stück weit woanders setzen würde bei solch einem Thema als ein chinesischer oder amerikanischer Marketingverantwortlicher», fasst Ernst es final zusammen.