Der jüngste IEA-Bericht «Renewables 2023» zeigt ein spektakuläres Wachstum von 50 Prozent bei der Installation neuer erneuerbarer Stromerzeugungskapazitäten auf globaler Ebene, das heisst fast 507 Gigawatt (GW) im Jahr 2023. Auf Solarkraft fiel 375 GW und die Windkraft steuerte 108 GW bei, die restlichen 18 GW wurden mit Wasserkraft und Biomasse erzeugt.

Für die Schweiz waren es 1,5 GW Solarenergie und 0,012 GW Windkraft im vergangenen Jahr. Im Jahresdurchschnitt werden die neuen Anlagen das Äquivalent von ungefähr 100 grossen Kernkraftwerken vom Typ Gösgen bei einer 24-stündigen Betriebszeit erzeugen.

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Das bedeutet zwar fast dreimal mehr Installationen als im Jahr 2019, aber immer noch um den Faktor 4 bis 5 zu niedrig, um bis 2050 eine nahezu vollständige Dekarbonisierung des Energiesystems zu erreichen. Schätzungen zufolge müssten bis 2030-2035 mindestens Anlagen für 1500 GW Solarstrom installiert werden und idealerweise nahezu 500 GW Windkraft pro Jahr.

China investiert massive Finanztitel

Das einzige Land der Welt, das den tatsächlichen, enormen Bedarf an Geräten für erneuerbare Energien vorhergesehen hat, ist China. Bereits während der COVID-19-Krise flossen massive Finanzmittel in die Sektoren Photovoltaik, Batterien - die für den Netzbetrieb notwendig werden - und Elektromobilität.

Im Solarbereich beispielsweise wurden in den letzten zwei bis drei Jahren fast 900 GW zusätzliche jährliche Produktionskapazität für Solarmodule installiert. Das ist viel mehr, als der Markt im Jahr 2024 benötigt, aber es ist die richtige Grössenordnung, um die Energiewende weltweit zu schaffen.

Da chinesische Unternehmen untereinander in einem harten Wettbewerb stehen, haben wir Ende 2023 einen spektakulären Preisverfall bei Solarmodulen, aber auch bei Batterien, Elektroautos und chinesischen Windturbinen erlebt. Bei den Herstellungskosten wird es nahezu unmöglich sein, mit China zu konkurrieren.

Droht ein Monopol?

Andererseits birgt diese chinesische Dominanz die Gefahr, sich in ein echtes Monopol zu verwandeln, eine Reihe von Fragen auf. Einerseits stellt sich die strategische Frage: Können wir uns für unsere Zukunft ausschliesslich auf Produkte verlassen, die aus einem einzigen, nichtdemokratischen Lieferland stammen? Ganz zu schweigen von der elektronischen Schnittstelle zum Netzwerk zahlreicher aus dem Ausland steuerbarer Systeme.

Europa möchte zu Recht, zumindest für einen Teil des Marktes, die technologische Unabhängigkeit und die Fähigkeit bewahren, die Produktion in Europa im Falle von Konflikten oder kommerziellen Zwängen wieder auszubauen. Diese «Resilienz» wird ihren Preis haben, aber es geht darum, die Schweizer und europäische Gruppen, die in diesen Produktionssektoren tätig sind, jetzt und so schnell wie möglich zu unterstützen.

Es ist immer noch der richtige Zeitpunkt dafür: Es gibt ein industrielles Ökosystem aus Produzenten, Herstellern von Silizium (z. B. Wacker-Gruppe), Solarzellen (z. B. Meyer Burger-Gruppe), Modulen, Geräteherstellern und Forschungszentren, das teilweise an vorderster Front in diesen Bereichen steht. Darüber hinaus bietet der Teil «Made in Europe» eine grössere Sicherheit, Produkte mit weniger CO2-Auswirkungen zu haben, ohne dass das Risiko besteht, dass Arbeitskräfte ausgebeutet werden.

Schweiz und Europa gut aufgestellt

Gleichzeitig sind viele Schweizer und europäische Unternehmen für weitere Nischenmärkte immer noch gut aufgestellt, sei es zum Beispiel mit der Produktion von gebäudespezifischen Solarmodulen, darunter zum Beispiel die 3S-Produktionslinien im Kanton Bern, oder hochwertige elektronische Systeme von Studer-Innotec, die eine sichere Inselbildung und Entkopplung vom Netz ermöglichen.

Allein die CSEM-Teams in Neuenburg arbeiten beispielsweise mit mehr als zwanzig Schweizer Unternehmen zusammen, die Produkte oder Lösungen für die Energiewende entwickeln und es gibt noch viele mehr in der Schweiz.

Letztlich spielen auch die Verbraucher eine Rolle. Sie können sich für Lösungen entscheiden, die eine lokale Fertigung beinhalten, ohne unbedingt den eigenen Gewinn zu maximieren, sondern unter Berücksichtigung des Beitrags zur Schaffung eines insgesamt nachhaltigeren und zirkuläreren Systems.

 

Der Autor Christophe Ballif ist VP Sustainable Energy bei CSEM