Der Redebedarf in Europa ist hoch. Energiekrise, politische Krisen, ein Krieg in der direkten Nachbarschaft und aufflammende Konflikte in der weiteren Umgebung (Armenien-Aserbaidschan) erfordern Dialog und Austausch. Die wichtigsten Politikerinnen und Politiker in Europa tendieren letzthin dazu, die Gesprächsformate immer mehr zu erweitern. 

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz plädierte etwa für eine deutliche Erweiterung der Europäischen Union mit Blick auf deren geopolitische Rolle. «Eine EU mit 27, 30, 36 Staaten mit dann mehr als 500 Millionen freien und gleichberechtigten Bürgerinnen und Bürgern kann ihr Gewicht in der Welt noch stärker zur Geltung bringen», sagte der SPD-Politiker auf dem Kongress der Parteienfamilie der europäischen Sozialdemokraten (SPE) in Berlin.

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Der französische Präsident Emmanuel Macron etablierte gar ein Format namens Europäische Gemeinschaft. An der ersten Begegnung des Formats in Prag nehmen neben den 27 EU-Mitgliedstaaten auch die Staats- und Regierungschefs einer Reihe weiterer europäischer Staaten wie Grossbritanniens oder der Türkei teil. Insgesamt sollen 44 Länder auf dem Gipfeltreffen vertreten sein. Auf der Agenda des Austauschs stehen die Themen Energie, Klima, der Krieg in der Ukraine sowie Sicherheitsfragen.

Hinter all diesen Gedanken und Projekten der Erweiterung steht die Hoffnung, dass je mehr mitreden, umso umfassendere und bessere Lösungen möglich sind. Und es klingt ja auch verlockend. Eine Debatte von 44 Ländern, die für Europa und in Europa relevant sind, muss doch gute Ergebnisse erzielen. 

Bevor die europäischen Gesprächsformate aber um immer neue erweitert werden, sollte meiner Ansicht nach in bestehenden Formaten mehr darauf geachtet werden, zu stringenten Lösungen und Debatten zu kommen. Dafür benötigt es langfristig sicherlich die Aufhebung des Einstimmigkeitsprinzips in der EU, das viele Diskussionen endlos werden lässt und Lösungen in weite Ferne rückt. 

Zudem sollte die Frage gestellt werden, ob wirklich über jedes Thema alle Staaten miteinander diskutieren müssen. Oder ob es sinnvoll wäre, dass sich ausgewählte Staaten mit Interessen bei einem gewissen Thema oder mit Einfluss in einer Region (siehe Armenien-Aserbaidschan-Konflikt) an die Erarbeitung tragbarer Lösungen machen und dafür eventuell ein Mandat der anderen Staaten erhalten. 

Wenn die Idee weiterhin vorherrscht, dass jeder mit jedem über alles reden und entscheiden muss, ist das Ergebnis wahrscheinlich weniger deutlich und effizient, als wenn es jene tun, die Interesse an einem Thema haben. Ein Interesse, das über schöne Bilder und Gruppenfotos bei einer Zusammenkunft europäischer Staaten hinausreicht. 

Millennials im Brennpunkt

«Let Europe arise. Die nächste Generation übernimmt in herausfordernden Zeiten. Welches Europa wollen die Millennials jetzt?» lautet das diesjährige Hauptthema der Gesprächs- und Ideenplattform Europa Forum. Als Höhepunkt der Jahresaktivitäten findet am 23. und 24. November 2022 das Annual Meeting im KKL Luzern statt.

Zu den namhaften Speakerinnen und Speakern zählen Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Deutschlands früherer Aussenminister Sigmar Gabriel, Bundespräsident a.D. Christian Wulff, Historiker und Publizist Timothy Garton Ash, Schriftstellerin Nora Bossong, Chefin Sicherheitspolitik des VBS Pälvi Pulli, Alena Buyx und Franca Lehfeldt. Sichern Sie sich jetzt Ihr  Ticket.

Stefan Mair
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