Rund 40 Prozent der Arbeitnehmenden arbeiten in der Schweiz nicht bis zum ordentlichen Rentenalter. Die einen unfreiwillig, weil sie auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr gebraucht werden. «Gerade in der Corona-Zeit haben viele das Szenario Frühpensionierung durchgespielt, weil sie die finanziellen Auswirkungen bei einer Kündigung genauer anschauen wollten», stellt Costanza Montagnolo vom Finanzdienstleister Dörig & Partner fest.

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Die meisten Arbeitnehmenden möchten aber freiwillig in Pension gehen, weil sie sich noch diesen oder jenen Wunsch erfüllen möchten, wenn sie körperlich und geistig fit sind. Möglich ist das in der Regel nach Vollendung des 58. Lebensjahres, einzelne Pensionskassen sehen das Alter 60 vor.

Lebenslange Rentenkürzung

Ob eine vorzeitige Berufsaufgabe aber aufgeht, ist eine andere Frage. Denn einen vorzeitigen Ausstieg aus dem Berufsleben gibt es nicht gratis. «Eine Frühpensionierung muss man sich leisten können», sagt Costanza Montagnolo, «man muss sich auch vorbereiten, um entsprechende Vermögenswerte anzusparen.» Denn je nach Anzahl der Jahre, die man vorher aufhört, schenkt der Vermögensverzehr bis zur ordentlichen Pensionierung stark ein. «Die daraus resultierende Rentenkürzung bleibt zudem lebenslang.»

Doch wie viel geht konkret pro Jahr Frühpensionierung verloren? Weil es unterschiedliche Pensionskassenlösungen gibt, sollte der einzelne Fall geprüft werden. «Eine allfällige AHV-Überbrückungsrente aus der Pensionskasse kann helfen, den Vermögensverzehr in den Jahren bis zur ordentlichen Pensionierung und zum Beginn der AHV-Altersrente zu mindern», sagt sie. Diese Möglichkeit sehe nicht jedes PK-Reglement vor.

Ein anderer Faktor ist der Umwandlungssatz. Für die Altersrente ist derjenige Satz entscheidend, der bei Erreichung des ordentlichen Rentenalters gilt. Wenn man früher in Pension geht, wird der Umwandlungssatz aufgrund der längeren Rentenauszahlungsphase gekürzt.

Auch die AHV-Beiträge muss man bis zur Erreichung des ordentlichen Rentenalters weiterhin bezahlen.

Das zeigt: Eine vorzeitige Pensionierung muss bestens geplant werden. «Und zwar je früher desto besser», so Montagnolo. Ab fünfzig sollte man sich zum gewünschten Pensionierungsszenario Gedanken machen, damit genügend Zeit für eine optimale Vorbereitung verbleibt.

Die Steuerersparnis fällt nach der Pensionierung durch weniger Abzüge gering aus.

In ihrer Beratungstätigkeit stellt sie fest, dass die meisten Menschen zu optimistisch planen. Sie sind überzeugt davon, später nicht mehr so viel Geld zu benötigen. Schliesslich habe man weniger Einkommen und zahle auch weniger Steuern, so die Meinung vieler. «Das stimmt im Ansatz», sagt die Finanzplanerin. «Die Steuerersparnis ist aber nach der Pensionierung durch weniger Steuerabzüge – Wegfall der Berufsauslagen, Säule-3a-Einlagen, eventuell Pensionskasseneinkäufe, tieferer Grenzsteuersatz – nicht so hoch.»

Kommt hinzu: Wenn man sich frühpensionieren lässt, hat man grosse Pläne und Wünsche. In der neu gewonnenen Freizeit will man auch etwas unternehmen. Und dafür wiederum benötigt man mehr Geld.

Option Teilpensionierung

Costanza Montagnolo weiss: «Die ersten acht bis zehn Jahre nach einer Pensionierung – gleich in welchem Alter – sind grundsätzlich eher teurer als während der Erwerbszeit.» Deshalb müsse man ein gutes Polster haben. «Wer 100 Prozent gearbeitet hat und mit sechzig aufhört, hat 40 Stunden in der Woche, die er mit neuen Inhalten füllen muss.» Der neue Alltag müsse finanziert werden. «Freizeitaktivitäten sind auch nicht gratis.»Heisst die Zauberlösung Teilpensionierung? Also beispielsweise ab 62 nur noch zu 50 Prozent arbeiten? Mit der AHV-Reform werden neu alle Pensionskassen verpflichtet, Teilpensionierungen zu ermöglichen, und die Bedingungen werden gesetzlich geregelt. Die Pensionskassenrente darf man in bis zu drei Schritten beziehen.

Der einzige Haken: «Eine Teilpensionierung kann nicht selbstbestimmt entschieden werden», so Montagnolo, «man braucht zu dieser Lösung auch das Okay des Arbeitgebers.» Dieser müsse die Möglichkeit geben, den bisherigen Job in einem reduzierten Pensum weiterzuführen. Das sei aber nicht immer möglich. «Oft hat eine Reduktion eine Änderung der Aufgabe oder Tätigkeit zur Folge», sagt Costanza Montagnolo. «Wenn jemand eine leitende Position hatte und diese Aufgabe in einem 40-Prozent-Pensum machen möchte, geht das nicht mehr.»

Das Gespräch suchen

Es brauche das Gespräch zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeberin, um gemeinsam eine für beide Seiten stimmige Lösung zu finden. Die Finanzfachfrau hält den Ansatz für spannend. «Der Ausstieg ist nicht so abrupt von hundert auf null. Und man hat auch die Möglichkeit, steuerlich zu optimieren, weil das Geld gestaffelt bezogen werden kann.» Sie würde vermehrt auf diese Option aufmerksam machen. Vor allem dann, wenn die Frühpensionierung eine zu grosse finanzielle Hürde sei. «Eine Teilpensionierung glättet die Verhältnisse.»

Es gibt weiter die Möglichkeit, auch die AHV vorzubeziehen. Doch das wird in der Praxis selten gemacht. «Die Rentenkürzung von 6,8 Prozent bei einem Jahr und 13,6 Prozent bei zwei Jahren ist beachtlich.» Nach etwa zwölf Jahren stehe man mit einem Vorbezug finanziell schlechter da.

Und wenn die Pensionskasse eine AHV-Überbrückungsrente anbietet, entfällt die Notwendigkeit eines Rentenvorbezugs aus der ersten Säule. «Wir empfehlen diesen nur in Ausnahmesituationen. Vor allem beim Szenario einer Kündigung.»

Viele praktische Tipps zur Frühpensionierung finden Sie hier: «So klappt es mit der Frühpensionierung».