Die Notwendigkeit einer sicheren und kostengünstigen Energieversorgung war bisher eine strategische Notwendigkeit, ein wichtiger Aspekt der wirtschaftlichen Entwicklung. Doch das Wirtschaftswachstum war in der Vergangenheit auch mit steigenden Treibhausgasemissionen verbunden.

Mit zwischenstaatlichen Vereinbarungen und rechtsverbindlichen Verträgen wie dem Übereinkommen von Paris wurde ein Weg zur schrittweisen Eliminierung der Nettoemissionen eingeschlagen. Studien zufolge ist die Elektrifizierung wahrscheinlich die unmittelbarste und kosteneffizienteste Lösung zur Einhaltung dieser Verträge. Die Elektrifizierung des Energiesystems ist ein notwendiger Bestandteil der meisten wissenschaftsbasierten, auf das 1,5-Grad-Ziel ausgerichteten Klimamodelle.

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Der Autor

José Lazuen, Senior Sustainability Analyst, Lombard Odier IM, Zürich.

Saubere Technologien am Wendepunkt

Die Elektrifizierung auf erneuerbarer Basis ist schon heute die kostengünstigste Energiequelle. Abgesehen von saisonaler Knappheit steht erneuerbare Energie unbegrenzt zur Verfügung. Ihr Einsatz ist daher grundsätzlich desinflationär. Beispielsweise sind die Preise für Wind- und Sonnenenergie sowie elektrische Batterien in den letzten zehn Jahren stark gefallen. Die Photovoltaik ist heute die günstigste Elektrizitätsquelle aller Zeiten. Diese Wirtschaftlichkeit stellt einen Wendepunkt auf dem Weg zu netto null dar.

Saubere Technologien erreichen auch sozioökonomische Wendepunkte. Sie entstehen, wenn die Rahmenbedingungen es neuen Technologien oder Praktiken ermöglichen, etablierte Konkurrenten im Hinblick auf Kosten, Funktionalität und Zugänglichkeit zu übertreffen.

Mehr Investitionen in saubere Energie

Der Elektrizitätssektor hat den Wendepunkt erreicht und der Strassenverkehr steht kurz davor. Die jüngste Zunahme der Verkäufe von Elektroautos (2022 wurden weltweit über 10 Millionen verkauft, rund 13 Prozent des gesamten Autoabsatzes) und Elektromopeds (280 Millionen solcher Fahrzeuge fahren derzeit auf unseren Strassen) wird starke sektorübergreifende Feedbackschleifen erzeugen. Beispielsweise ermöglichen die seit 2010 um 90 Prozent gesunkenen Produktionskosten von Batterien für Elektrofahrzeuge den massenhaften Einsatz von Batterien im Stromnetz.

Aus diesen Trends könnte man folgern, dass Verbrennungsmotoren bald keine Rolle mehr für die wirtschaftliche Entwicklung spielen werden. Da sie grosse Verbraucher fossiler Brennstoffe sind, wird deren Verwendung im Alltag ebenfalls unweigerlich sinken. Von 2017 bis 2021 gingen die Investitionen in den Sektor der fossilen Brennstoffe zurück, während jene in saubere Energie konstant blieben. Doch im Jahr 2022 erreichten die Investitionen einen Wendepunkt.

Technologische Revolutionen verlaufen exponentiell, nicht linear.

Zum ersten Mal wurde weltweit über 1 Billion Dollar in kohlenstoffarme Energietechnologie investiert. Ebenfalls zum ersten Mal fliesst jetzt mehr Kapital in erneuerbare Energien als in vorgelagerte Öl- und Gasaktiven. Das bedeutet, dass über 80 Prozent der gesamten Investitionen in den Stromsektor jetzt auf erneuerbare Energien, Stromnetze und Speicher entfallen. Bei einigen Technologien wie Photovoltaik, Batterien und Elektrofahrzeuge steigen die Investitionen jetzt in einem Tempo, das mit dem Ziel weltweiter Netto-null-Emissionen bis 2050 vereinbar ist.

Diese Tatsachen halten klare Botschaften für Anlegerinnen und Anleger bereit: Schliessen Sie sich der von Wissenschaft und Industrie geteilten Konsenserwartung eines exponentiellen Wachstums der Elektrifizierung an. Beobachten Sie die bereits sichtbaren Anzeichen eines strukturellen Rückgangs fossiler Brennstoffe.

Und nutzen Sie die unter Kostengesichtspunkten sich verbessernde Wettbewerbsfähigkeit von Technologien für den Massenmarkt wie erneuerbare Stromerzeugung, Elektrofahrzeuge oder Wärmepumpen. Technologische Revolutionen verlaufen exponentiell, nicht linear. Es ist an der Zeit, sich darauf auszurichten.