Die Energiewende und der Weg zu netto null sind ein wirtschaftlicher Kraftakt, der Gewinner und Verlierer hervorbringen wird – auch beim Spezialthema Wasserstoff. An einer wirtschaftlichen Nutzung von Wasserstoff wird seit Jahrzehnten geforscht. Der beschleunigte Bedarf an Dekarbonisierung rückt die Leistungsfähigkeit von Wasserstoff nun in ein neues Licht.

 

Grüner Wasserstoff muss her

Die Europäische Union will bis 2030 die Produktion und den Import von grünem Wasserstoff auf jeweils 10 Millionen Tonnen pro Jahr hochfahren. Dafür werden rund 500 Terawattstunden an Strom zusätzlich benötigt. Ist das machbar? Gemäss der Internationalen Energieagentur (IEA) wurden im Jahr 2021 innerhalb der gesamten EU nur etwa 1100 Terawattstunden Strom mit erneuerbaren Energien produziert. Daher soll der Ausbau erneuerbarer Energien für die Wasserstoffproduktion konsequent in Angriff genommen werden.

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Der Autor 

Gerhard Wagner, Head Sustainable Equities, Asset Management Zürcher Kantonalbank, Zürich.

Die IEA stellt in ihrer «Global Hydrogen Review 2022» fest, dass sich die Pipeline der Projekte zur Herstellung von emissionsarmem Wasserstoff mit beeindruckender Geschwindigkeit füllt. Wieso jetzt plötzlich? Da wird massiv subventioniert! Die EU ruft 300 Milliarden Euro auf. Ziel des Plans «Repower EU» ist es, die Energieversorgung der EU in drei Dimensionen langfristig zu sichern:

1.  Senkung des Energieverbrauchs

2.  Erzeugung sauberer Energie

3. Diversifizierung der europäischen Energieversorgung

Wasserstoff spielt dabei eine Hauptrolle, da er die Energieversorgung diversifiziert und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern verringert. Allerdings muss Wasserstoff zur Verwirklichung dieses Ziels in grossen Mengen importiert werden. Im Fokus sind deshalb Länder, die einerseits grosse Mengen an erneuerbarem Strom erzeugen können und anderseits über ausreichend Wasser verfügen, etwa Norwegen, Mauretanien, Namibia oder Chile.

Zwischen den USA und Europa hat im Kampf um die Vorherrschaft über die Ressourcen, die für die Energiewende auf dem Weg zu netto null erforderlich sind, ein Subventionswettlauf begonnen. Inflation Reduction Act (IRA) dort, Repower EU hier.

Und was macht die Schweiz? Das Bundesministerium für Energie erarbeitet eine «Wasserstoff-Roadmap», um in der Schweiz verlässliche Rahmenbedingungen für Investoren zu schaffen. Geplante Vorlage: Frühjahr 2023. Einigkeit besteht darin, dass Wasserstoff ein unverzichtbares Element der Schweizer Netto-null-Strategie 2050 sein muss. Ex-Bundesrätin Simonetta Sommaruga mahnte dazu, «vorwärtszumachen». Es liegen diverse Motionen zum Thema «Wasserstoff» vor. Diverse Schweizer Unternehmen (genannt seien hier nur Beispiele) sind beim Thema Wasserstoff bereits am Start: Axpo, H2 Energy, Hydrospider, Ebs Wasserstoff AG, Avia/Schätzle.

 

Was bietet «Wasserstoff» für Anleger?

Weltweit hat das Thema Wasserstoff seit Jahren Investoren angelockt. Zuerst als Private-Equity-Investoren, danach an den Aktienmärkten. Entsprechend haben Emittenten diverse Wasserstoff-Indizes, ETF oder Zertifikate aufgelegt. Deren Kursbilanz ist aktuell ernüchternd. Von 2019/20 bis Anfang 2021 gab es einen regelrechten Hype – danach ging es kontinuierlich nach Süden. Warum? Mit Wasserstofftechnologie verdienen Unternehmen bisher so gut wie nichts. Daran hat auch das Füllhorn der Subventionen diesseits und jenseits des Atlantiks nichts geändert.

Das Thema Wasserstoff ist also nur für risikobewusste Investoren geeignet, die einen langen Atem besitzen. Ein sorgfältiges Research nach einzelnen Unternehmen mit Know-how der neuesten technologischen Entwicklungen ist und bleibt ein Must, um disruptive Unternehmen und das Potenzial von Skalenerträgen zu erkennen und um Geld mit dem Hoffnungsträger grüner Wasserstoff zu verdienen.