Der Ozean ist das grösste Ökosystem der Welt und bedeckt 71 Prozent der Erdoberfläche, doch bisher wurden nur etwa 10 Prozent des Meereslebens erforscht. Der jährliche Wirtschaftswert wird auf 2,5 Billionen Dollar geschätzt, und Millionen von Arbeitsplätzen hängen davon ab. Zudem bieten der Schutz der Biodiversität und Ökosystemleistungen viele neue Geschäftsmöglichkeiten. Gleichzeitig bedroht der Mensch die Gesundheit der Weltmeere erheblich.
Der Autor
Robert-Alexandre Poujade, ESG Analyst and Biodiversity Lead bei BNP Paribas Asset Management
Der grösste Druck auf die Meeresökosysteme wird durch Überfischung sowie Wildfangfischerei verursacht, wodurch Fischarten wie Thunfisch und Haie bedroht werden. Eine verbesserte Fangtechnik würde helfen, den Beifang zu begrenzen und damit die Fischbestände zu schonen. Aquakulturen können eine Lösung sein, sie können gleichzeitig aber auch lokale Ökosysteme durch Fischausbrüche oder chemische Behandlungen stören.
Biologische Vielfalt in Gefahr
Unternehmen, die sich mit dem Schutz von Küstenökosystemen oder dem Tourismus befassen, sollten Mangroven, Lagunen und Seegraswiesen erhalten und naturbasierte Systeme bevorzugen (Mangrovenwälder widerstehen den Gezeiten besser als ein Betondamm). Einige Arten leiden bereits unter den Folgen des Klimawandels, denn das vom Ozean aufgenommene CO2 versauert das Meerwasser. Wissenschafter sind alarmiert wegen der Auswirkungen auf die biologische Vielfalt der Meere, einschliesslich der Korallenriffe, die bei einer globalen Erwärmung von zwei Grad Celsius bis 2050 vollständig verschwinden könnten, mit tiefgreifenden Folgen für die Fischerei oder den Tourismus. Die Erwärmung der Meere führt auch zu grossen Veränderungen an mehreren Fronten: physisch (zum Beispiel Anstieg des Meeresspiegels), kommerziell (zum Beispiel sich ändernde Schifffahrtsrouten) und geopolitisch (zum Beispiel Verteidigungs-/Sicherheitsfragen).
Die biologische Vielfalt der Meere ist auch von verschiedenen Arten der Verschmutzung betroffen, die Säugetiere oder Seevögel direkt bedrohen. Wir müssen daher handeln und die Verschmutzung der Ozeane, die zu 80 Prozent vom Land stammt, begrenzen. Die Plastikverschmutzung betrifft jeden einzelnen Ort im Ozean in einem Ausmass, das man sich kaum vorstellen kann. Düngemittel, die in Küstenökosysteme gelangen, haben mehr als vierhundert «tote Zonen» im Ozean geschaffen. Diese Substanzen zu behandeln und zu verhindern, dass sie in den Ozean gelangen, ist die Aufgabe von Unternehmen, die sich auf Abfallwirtschaft oder Wasseraufbereitung spezialisiert haben. In einem anderen Sektor wie der Schifffahrt könnten Unternehmen Wege finden, um Kollisionen mit Walen zu vermeiden. Die Verringerung der Auswirkungen dieses Sektors auf die biologische Vielfalt der Meere ist eine echte Herausforderung, da sie die Verhinderung der Ausbreitung invasiver Arten umfassen muss, die im Ballastwasser überleben oder sich an den Rümpfen von Booten festsetzen.
Nachhaltige Meeresnutzung im Fokus
Glücklicherweise entwickelt sich die internationale Politik zum Schutz der Gewässer der Welt weiter, wie die Dynamik zeigt, die wir auf der dritten UN-Ozeankonferenz (Unoc 3) in Nizza gesehen haben. Multilateralismus ist in der Tat erforderlich, um die zunehmenden Systemrisiken zu bewältigen und auf dem Weg zu einer «blauen Wirtschaft» voranzukommen, die sozial gerechte, ökologisch nachhaltige und wirtschaftlich tragfähige Industriezweige umfasst. Die Finanzwelt setzt sich zunehmend dafür ein, die Lücke bei der Meeresfinanzierung zu schliessen, was eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den Akteuren und eine verstärkte Investorenverantwortung erfordert, die sich stets an der Wissenschaft orientiert.
Wir müssen eine Rolle spielen, wenn es darum geht, zur Nachhaltigkeit der marinen Ökosysteme beizutragen. Dies beruht zunächst auf der Einbettung von meeresbezogenen Daten in unsere eigenen Analysen und Bewertungen, um unsere Anlageentscheidungen zu verbessern. Darüber hinaus nutzen wir unsere Stewardship-Initiativen, um Unternehmen dabei zu helfen, ihre Geschäftsmodelle auf einen nachhaltigeren Weg zu bringen. Wir erwarten von Unternehmen, dass sie ihre wichtigsten Auswirkungen und Abhängigkeiten auf die Ozeane bewerten und darüber berichten, beginnend mit Unternehmen in vorrangigen Sektoren wie Fisch und Meeresfrüchte sowie Schifffahrt.
Kurz gesagt: Durch Investitionen in Unternehmen und Projekte, die Nachhaltigkeit und Umweltverantwortung in den Vordergrund stellen, können Investoren dazu beitragen, die Plastikverschmutzung zu reduzieren, eine nachhaltige Fischerei zu fördern, den Klimaschutz zu unterstützen und die Lebensräume an den Küsten zu schützen. Aus diesem Grund ist es für Anleger wichtig, sich wieder mit dem Meer zu verbinden.