Die Stromnachfrage durch Rechenzentren in der Schweiz wird in den kommenden Jahren deutlich zunehmen. Während der Stromverbrauch 2013 noch bei etwa 1,7 Terawattstunden (TWh) pro Jahr lag (rund 2,8 Prozent des damaligen Gesamtverbrauchs), wurden 2019 bereits rund 2,1 TWh verbraucht, was 3,6 Prozent entsprach.

Für das Jahr 2024 gehen aktuelle Schätzungen von 3,5 bis 4,5 TWh aus – also 6 bis 8 Prozent des Schweizer Stromverbrauchs. «Diese Entwicklung dürfte sich fortsetzen», sagt Babak Falsafi, Präsident der Swiss Datacenter Efficiency Association (SDEA). Bis 2030 wird ein Anstieg auf rund 6 bis 9 TWh pro Jahr erwartet; das sind etwa 10 bis 15 Prozent des heutigen Landesverbrauchs. 

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Energieeffizienz steigern

Mit wachsender Kapazität steigt auch das Potenzial zur Abwärmenutzung. «Diese wird bislang nur in geringem Umfang genutzt, könnte aber, bei entsprechender Integration in die gebaute Umgebung, einen relevanten Beitrag zur Dekarbonisierung von Wärmeverbünden leisten», so Falsafi. Ein effizientes Gebäude nützt wenig, wenn die Server kaum ausgelastet sind. Die durchschnittliche Serverauslastung liegt nur bei etwa 7 bis 15 Prozent – das heisst, der Grossteil der verbauten Rechenleistung wird nicht effektiv genutzt.

Auch in der Gebäudeinfrastruktur gibt es noch Optimierungspotenzial. Moderne Rechenzentren können heute so gebaut werden, dass sie kaum noch aktiv gekühlt werden müssen und ihre entstehende Abwärme direkt weiterverwenden. Technologische Fortschritte wie Liquid Cooling – also die direkte Flüssigkeitskühlung von Serverkomponenten – ermöglichen den Betrieb ohne klassische Kältemaschinen. Noch einen Schritt weiter geht Immersion Cooling, bei dem die gesamte IT in eine spezielle Flüssigkeit getaucht wird, um die Wärme besonders effizient abzuführen. 

«In der Schweiz gibt es derzeit kaum verbindliche Anforderungen zur Energieeffizienz von Rechenzentren», sagt Falsafi. «In der Praxis heisst das: Wer ernsthaft effizient sein will, muss selbst aktiv werden.» Die grössten Hebel liegen nicht in den Vorschriften, sondern in der Verantwortung der Betreiber sowohl der Rechenzentren als auch der IT.

Faktor für die Raumplanung

Hier kommt die gebaute Umgebung ins Spiel. Ein Rechenzentrum auf der grünen Wiese hat in der Regel keine Abnehmer für seine Abwärme – ein intelligenter Standort im urbanen oder industriellen Raum hingegen kann zu einer wertvollen Quelle für klimafreundliche Wärme werden. «Die Einspeisung von Abwärme in lokale Fernwärmenetze, Industrieprozesse oder Wohnquartiere macht aus einem Rechenzentrum einen aktiven Bestandteil des regionalen Energiesystems», so Falsafi.

Wie beispielsweise beim Unternehmen Energie 360°: Rechenzentren laufen rund um die Uhr und erzeugen konstant Abwärme von rund 30 Grad. «Diese kann mit Wärmepumpen auf 75 Grad erhöht und anschliessend ins Fernwärmenetz eingespeist werden», erklärt Romeo Deplazes, Bereichsleiter Lösungen bei Energie 360°. «Mit der voranschreitenden Digitalisierung nimmt das Abwärmepotenzial von Rechenzentren langfristig zu.» Durch vermehrte Cloud-Angebote, die Nachfrage nach KI-Diensten und die rasant wachsenden Datenmengen brauche es neue und grössere Rechenzentren. «So steigen die Rechenleistung und der Stromverbrauch kontinuierlich – und damit die Abwärme, die wir zum Heizen und für Warmwasser nutzen können», so Deplazes weiter. Daher sollten Rechenzentren auch von Anfang an so geplant und so «platziert» werden, dass die Abwärme maximal genutzt werden kann.

Teil der Infrastruktur

Unternehmen wie die Versicherung Axa nutzen diese Entwicklung, um die eigene Energiebilanz zu verbessern. Zwischen 2020 und 2024 konnten hier die CO2-Emissionen, die durch den Computerbetrieb entstanden, um 18 Prozent gesenkt werden. 

Die Axa Schweiz betreibt keine eigenen Rechenzentren, die meisten Anwendungen laufen über externe Rechenzentren oder Cloud-Services etablierter Betreiber und über zentrale Dienste der Axa Gruppe in europäischen Nachbarländern. Das ermöglicht dem Versicherer laut eigenen Angaben operative Flexibilität und erlaubt ihm gleichzeitig die Nutzung fortwährend moderner und effizienter Infrastruktur. «Wir monitoren aufgrund der uns zur Verfügung stehenden Informationen die CO2-Emissionen unserer Partner für Cloud-Dienste und SaaS-Lösungen und versuchen zusammen mit der Axa Gruppe, Einfluss zu nehmen, um diese Emissionen möglichst tief zu halten», erklärt Josef Frattaroli, Lead Digital Sustainability bei der Axa Schweiz.