Das Gesundheitswesen steht bekanntlich vor grossen Herausforderungen. Darüber hinaus gibt es in der Branche auch ein grosses Potenzial im Bereich Nachhaltigkeit. Insbesondere die Kreislaufwirtschaft kann wichtige Impulse geben, um das Gesundheitswesen «grüner» zu machen. Zum Beispiel im Bereich Krankenversicherer. «Wir verstehen die Kreislaufwirtschaft als System, das den Wert der eingesetzten Ressourcen über möglichst lange Zeit optimiert und unnötigen Ressourceneinsatz vermeidet», erklärt Mario Dini, Head of Corporate Center bei der Swica. Dieses Konzept sei auch auf das Gesundheitswesen anwendbar.

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Als Pionierin in Sachen Gesundheitsförderung und Prävention setzt die Swica auf das Kreislaufwirtschaftsprinzip «Reduce»: Am besten sei und bleibe man gesund, um das Gesundheitswesen erst gar nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Mit kostenlosen Ernährungs- und Bewegungsberatungen sowie psychologischen Sprechstunden begleitet die Swica die Kundinnen und Kunden dabei und beteiligt sich grosszügig an den Kosten von gesundheitsfördernden Massnahmen. Mit koordinierter und datenunterstützter Zusammenarbeit mit Spitälern, Ärztinnen und Therapeuten setzt sich der Versicherer für möglichst gute Qualität und möglichst wenig Verschwendung im Sinne von Fehl-, Über- oder Unterversorgung ein.

Gesundheitsförderung als Hebel

Die Prinzipien aus der Kreislaufwirtschaft lassen sich gemäss Mario Dini zudem im Bereich chronische Krankheiten anwenden. Denn ein gut betreuter, chronisch kranker Mensch hat eine höhere Lebensqualität und verursacht weniger Ressourceneinsatz als ein unbegleiteter Patient.

Für bestimmte Krankheitsbilder wie etwa Diabetes oder die Lungenkrankheit COPD entwickelt die Swica daher mit Partnern evidenzbasierte Programme. «Die zwei grössten Hebel sehen wir in der Gesundheitsförderung und der Prävention sowie in der integrierten, optimierten Gesundheitsversorgung entlang des ganzen Behandlungspfades», sagt Mario Dini. Rund 20 Prozent des heutigen Ressourceneinsatzes könnten nach seiner Schätzung durch die Optimierung dieser Abläufe zielgerichteter eingesetzt oder sogar eingespart werden.

Das Thema Nachhaltigkeit ist in den letzten Jahren in der Pharmabranche immer wichtiger geworden, sagt Marcel Plattner, Präsident der Vips (Vereinigung Pharmafirmen in der Schweiz). «Bei den Produzenten ist das Thema Kreislaufwirtschaft aus ökonomischen und aus ökologischen Gründen interessant», sagt er. Die Kreislaufwirtschaft sei aber nur ein kleiner Aspekt in der ganzen Nachhaltigkeitsdiskussion in der Gesundheitsbranche.

Doch wie sieht es bei den Verpackungen aus? Gibt es Bemühungen, Tablettenverpackungen recyclingfähig zu machen? Solche Bestrebungen sind Marcel Platter nicht bekannt. Die Schachtel und der Beipackzettel könnten von den Konsumentinnen gut recycelt werden, einzig die Kunststoffblister mit den verschiedenen Materialschichten sei noch eine Herausforderung.

Das Thema Wiederverwerten ist im Pharmabereich grundsätzlich schwieriger umzusetzen als anderswo – dies aufgrund von Überlegungen zur Hygiene und Sicherheit. Die in die Apotheken zurückgebrachten Medikamente werden mit Hochtemperaturen im Sondermüll verbrannt. Marcel Plattner: «Bereiche, die man im Hinblick auf Nachhaltigkeit vermehrt anschauen kann, sind zum Beispiel Kombipräparate von Medikamenten mit Medizinprodukten.»

Etwa die Insulin-Pens in Form eines dicken Kugelschreibers, die sehr verbreitet sind. Einmal-Pens werden heute nach Gebrauch weggeworfen. Noch bequemer sind Autoinjektoren, bei denen der Einstich nach dem Aufsetzen auf die Haut quasi automatisch erfolgt. Gemäss Marcel Plattner könnte man solche Produkte theoretisch wiederverwenden oder zumindest auseinandernehmen und das Material wiederverwerten. Beides ist derzeit jedoch kaum durchführbar. Der Grund sind die gesetzlichen Auflagen und Regulatorien, die entsprechende Bemühungen erschweren.

Marcel Plattner ist auch CEO der Firma Gebro Pharma, die Autoinjektoren im Rheumabereich herstellt. Gemeinsam mit der Fachhochschule Nordwestschweiz hat der Hersteller untersucht, wie sich der ökologische Fussabdruck verringern liesse. Vom Resultat seien sie sehr überrascht gewesen, sagt Plattner. «Der grösste ökologische Benefit in diesem Bereich war der Schritt weg vom Arzt.» Wenn sich der Patient die Spritze selbst zu Hause setzt, fällt der Weg zur Ärztin weg und somit die negativen Auswirkungen des Verkehrs. Wenn man die Produkte wiederverwenden oder wiederverwerten würde, hätte dies auf den ökologischen Fussabdruck des Produkts jedoch einen geringeren Einfluss als erwartet. Plattner: «Allerdings ist bei der Untersuchung der Aspekt der Endlichkeit von Rohstoffen nicht berücksichtigt worden, sondern der Fokus lag beim ökologischen Fussabdruck.»

Eindeutiger als in der Pharmaindustrie gestalten sich die Möglichkeiten der Kreislaufwirtschaft aus der Sicht eines Spitals. Bei der Hirslanden-Gruppe hat das Thema Kreislaufwirtschaft eine sehr hohe Priorität, wie Claudia Hollenstein, Head of Sustainability & Health Affairs ausführt. Zum einen gibt es eine klare Strategie und Ziele, um die Abfallmenge zu reduzieren. Dabei helfen die Recyclingstandards, durch welche Batterien, Karton, PET-Flaschen, Essensresten und medizinische Abfälle sauber getrennt und entsorgt oder recycelt werden.

Um die Ressourcen nicht nur sauber zu entsorgen, sondern auch möglichst lange im Kreislauf zu halten, arbeitet die Hirslanden-Gruppe in einem Projekt mit Johnson & Johnson zusammen, um OP-Instrumente und Verpackungsmaterialien zu recyceln. Auch eine medizinische Kunststoffsammlung gibt es in einigen Kliniken. Weiteres Potenzial ist laut Claudia Hollenstein noch vorhanden: «In Bereichen wie Abfallvermeidung, Wiederverwendung oder Abfallreduktion haben wir gerade erst begonnen.» Für sie gelte es derzeit, herauszufinden, welche Handlungsmöglichkeiten im Bereich Einkauf bestehen. «Wir möchten mit Lieferanten und Partnerunternehmen ausloten, welche Möglichkeiten es gibt, weniger Verpackungsmaterial zu verwenden oder auf nachhaltigere Materialien umzustellen», sagt Hostettler. So sei es möglich, mit ihnen einen gemeinsamen Prozess in Bewegung zu setzen. Damit dies gelinge, brauche es gegenseitiges Vertrauen.