Zehn Tipps für den Bau eines Öko-Hauses

Architektur ist ein wichtiger Schauplatz der Klimakrise. Der Bau und Betrieb von Gebäuden ist weltweit für 40 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Dabei kommen zwei Emissionsquellen zusammen: das CO2, das durch die graue Energie entsteht, die gebraucht wird, um die Materialien, die beim Bau verwendet werden, zu produzieren und zu verarbeiten; und die Betriebsenergie, die über die Lebensdauer des Gebäudes hinweg nötig ist, um zu heizen und es mit Strom zu versorgen. Doch wie kann Klimaschutz beim Neubau oder bei der Sanierung eines Hauses gelingen? Wir haben die Frage Martin Kärcher vom Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz gestellt und mit seiner Unterstützung einen Katalog mit zehn Punkten erarbeitet, die es im Auge zu behalten gilt. Dabei werden die Klimaemissionen beider Quellen pro Quadratmeter und Jahr betrachtet. Das macht das Ganze vergleichbar. Hier die wichtigsten Schlüsse vorab: Klimaschutz beginnt schon vor dem Bauen, mit der Standortwahl und einem kritischen Hinterfragen der eigenen Bedürfnisse. Also: Brauchen wir wirklich drei Badezimmer, zwei Arbeitszimmer, einen Hobbyraum und drei Garagenplätze? Zudem: Der wichtigste Hebel ist auch beim Bauen der Verzicht auf alles Fossile, sei es bei den Materialien oder beim Betrieb des Gebäudes. Und schliesslich: «Reduce to the Max», der legendäre Verkaufsslogan für den Smart, gilt auch beim Bauen. «Es geht darum, das Gebäude zu dematerialisieren», sagt Martin Kärcher. Mit schlanken Decken ohne Lüftungseinlagen liessen sich etwa 20 Prozent der Deckenstärke einsparen. Wobei das Schöne daran sei, dass sich damit auch Kosten einsparen liessen. «Rechnen lohnt sich», sagt der Experte für nachhaltiges Bauen. 1. Keine Ölheizung! Faktor 10 ♦ Die Klimaforschung sagt es: Um die Klimawende zu schaffen, müssen wir prioritär unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren. Auch beim Hausbau ist die Heizung deshalb der mit Abstand grösste Hebel, wenn man klimafreundlich bauen will. Wer alles richtig macht bei der Energiegewinnung, kommt mit einem Kilogramm CO₂-Emissionen pro Jahr und Quadratmeter aus. Mit einer Öl- oder Gasheizung sind es zehn Kilogramm. Das ist Faktor 10. 2. Standort und Grösse Wo und wie gross? ♦ Zweitwichtigster Hebel ist die Standortwahl. Denn auch die Alltagsmobilität – also der Weg zur Arbeit, die Autofahrt, um die Kinder zum Sport zu bringen – kann die Klimabilanz eines Hauses mächtig belasten. Das zeigen diese Zahlen: Bei einem Stadtzürcher schlägt die Alltagsmobilität mit vier Kilogramm pro Quadratmeter zu Buche, auf dem Land kann es leicht das Doppelte sein. Und, banal, aber wichtig: Jeder Quadratmeter zählt. 3. Strom selber machen Photovoltaik ist Trumpf ♦ In Deutschland haben bereits 10 Prozent der Häuser Photovoltaikanlagen für die Stromerzeugung. Im Vergleich dazu sind wir in der Schweiz noch nirgends. Dabei kann man praktisch nichts falsch machen. Das Risiko, dass man zu einem schlechten Preis Storm ins Netz einspeisen muss, ist gering. Beim Stromeinkauf sollen ökologische Produkte berücksichtig werden. 4. Weniger Beton Weniger ist mehr ♦ Die Zementindustrie ist für 5 Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich. Die Regel ist deshalb: Beton nur dort, wo es ihn braucht. Beim Einfamilienhaus ist das nur bei den Bauteilen in der Erde der Fall. Sonst gibt es Zement, der weniger CO₂ verursacht. Ach ja, rezyklierter Beton ist gut, weil weniger Kies abgebaut wird. Dem Klima bringt er wenig, weil die Emissionen vor allem beim Stahl und bei der Herstellung anfallen. 5. Holz – ohne Leim Netto null ♦ Holz ist nicht nur heimelig, sondern auch nachhaltig, vor allem wenn es nicht weit transportiert wurde. Bäume binden CO₂, wenn sie wachsen, und speichern es, bis sie verrotten oder verbrannt werden. Zudem ist Holz vielfältig. Es kann Betondecken ersetzen oder für Verkleidungen gebraucht werden. Gut ist, wenn das Holz nicht oder möglichst wenig geleimt ist, denn die Herstellung von Leim ist sehr CO₂-intensiv, genauso wie Spanplatten, wegen der Verarbeitung. 6. (Un-)Backsteine Lob auf den Lehm ♦ Backsteine werden bei 800 bis 1000 Grad gebacken, und zwar in Gasöfen. Klar, dass das dem Klima schadet. Am klimafreundlichsten sind sie deshalb, wenn sie gar nicht gebacken werden. Lehm ist eine gute Alternative bei Bauelementen, die nicht tragend sind. Er hilft, das Raumklima zu regulieren – was wiederum energieintensive Haustechnik überflüssig macht. Noch ist Lehm eine Nische, doch immer mehr Bauherren entdecken diesen wunderbaren Baustoff neu. 7. Minimale Technik Je weniger, desto besser ♦ Küchentürchen mit Motörchen, automatische Storen, an jeder Ecke eine Steckdose: Bei der Gebäudetechnik können sich Bauherren so richtig austoben. Doch das geht auf Kosten des Klimas. Immerhin macht die Gebäudetechnik 15 bis 20 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen aus, die beim Bau eines Hauses entstehen. Vereinfachung und Verzicht bei den Gadgets helfen, die Treibhausgasemissionen niedrig zu halten. 8. Keine Glaspaläste Opak ist optimal ♦ Meterlange Fensterfronten sind in. Fürs Klima aber sind sie ein Desaster. Im Sommer heizt zu viel Glas das Gebäude auf, das dann mit viel Energie wieder gekühlt werden muss. Im Winter kommt die Kälte rein. Zudem verursacht die Herstellung von Glas viel CO2-Emissionen. Die Devise muss also heissen: Fenster sparsam und gezielt platzieren. Doch auch bei den Materialen der Fenster lässt sich einiges tun. Holzrahmen sind besser als solche aus Alu oder Plastik. 9. Richtig dämmen Papierschnipsel tuns auch ♦ Dämmen muss sein, wenn man klimafreundlich bauen will. Doch auch hier gibt es einigen Spielraum, um graue Energie und damit CO2-Emissionen zu vermeiden. Fossile Baustoffe wie Styropor sind nicht nachhaltig, Dämmmaterialien wie Glasfasern oder Steinwolle erfordern aufwendige Herstellungsprozesse und damit viel Energie. Zellulosefasern haben eine gute Dämmwirkung und sind klimafreundlich, allenfalls muss die Schicht etwas dicker sein. 10. Lob aufs Alter Langlebigkeit ♦ Und schliesslich ist auch die Langlebigkeit ein wichtiger Hebel beim nachhaltigen Bauen. Denn: Je länger ein Gebäude seinen Dienst tut, in der die graue Energie umgelegt werden kann, desto besser. Gute Materialien sind wichtig, doch auch beim Einbau gibt es einige Dinge zu beachten. Holzfassaden sollten geschützt sein, sonst verwittern sie schnell. Das ist auch der Grund, warum die alten Berner Bauernhäuser Lauben haben.

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