Gegenüber dem Magazin «Forbes» prognostizierte US-Ökonom Gary Shilling im vergangenen Herbst: «Die Preisblase bei den Büroliegenschaften wird platzen.» Grund sei das veränderte Arbeitsverhalten vieler Menschen: Hybrides Arbeiten ist Standard geworden, Dienstag bis Donnerstag geht man – eventuell – ins Büro, und die Vorbereitungen auf diese Tage sowie das anschliessende Reporting erledigt man am Montag und Freitag. Sichtbar ist diese Entwicklung auch in den amerikanischen Innenstädten. Selbst an der belebten Market Street in San Francisco machen die Geschäfte reihenweise zu. Zuletzt schlossen auch die Amazon-Selbstbedienungsgeschäfte.

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Florierende Zentren, leere Agglos

Auch bei den Zentralbanken schaut man genau hin beim Geschäftsliegenschaftenmarkt. Gemäss der Europäischen Zentralbank (EZB) ist nicht der durchschnittliche Anteil dieser Kredite in den Büchern der Banken das Problem – der liegt bei 5 Prozent –, sondern «die Abweichungen von diesem Wert», wie ein EZB-Vertreter Anfang März an der monatlichen Pressekonferenz ausführte. 

In der Schweiz macht sich laut UBS der Homeoffice-Effekt ebenfalls bemerkbar. Die Unternehmen suchen kaum nach zusätzlichen Flächen. Gegenwärtig sind 6,8 Prozent der Flächen ausgeschrieben – etwas mehr als noch Ende 2022. Auch in den Regionen Zürich und Genf stiegen die Angebotsquoten leicht auf 4,8 beziehungsweise 6,1 Prozent. «Am tiefsten ist das Angebot mit unter 4 Prozent auf dem jeweiligen Stadtgebiet selbst», resümieren die UBS-Fachleute. «In den jeweiligen Agglomerationen ist es hingegen mit 13 und 9 Prozent deutlich höher.»

6,8 Prozent der Büroflächen in der Schweiz sind derzeit zu vermieten.

 

«Das starke Bevölkerungswachstum in der Schweiz führt dazu, dass die langfristige Nachfrage nach Wohnraum die Angebotsquote an Wohnungen deutlich übertrifft», sagt Vontobel-Analyst Matteo Lindauer. «Zudem hat sich in den letzten Jahren die Neubautätigkeit massiv verlangsamt. So wurden in den letzten zwölf Monaten Baubewilligungen für rund 35 000 Wohnungen erteilt – der tiefste Wert in den letzten rund zwanzig Jahren.» Deswegen sind Wohnrenditeliegenschaften an guten Lagen in der Schweiz, wie zum Beispiel der Wirtschaftsraum Zürich und der Kanton Zug, attraktiv für institutionelle Investoren.

Doch das gelte nicht für alle Lagen. «Wohn- und kommerzielle Liegenschaften an B- und C-Lagen werden vermehrt unter Druck geraten und weniger attraktiv sein für institutionelle Investoren», so Lindauer weiter. «Leerstände in den erwähnten Lagen können nicht so schnell absorbiert werden.» Und während sich der Trend zum Homeoffice etabliert hat, sind Neubauten auf den Gewerbeimmobilienmärkten tendenziell rückläufig. «Dennoch sehen wir eine positive Nachfrage nach hochwertigen Büroflächen an erstklassigen Standorten wie Zürich oder Genf im Vergleich zu eher peripheren Regionen, wo wir ein nachlassendes Interesse beobachten», so Lindauer. «Aus diesem Grund sind kommerzielle Liegenschaften an zentralen Lagen in Schweizer Städten attraktive Investitionen für einen längeren Zeithorizont.»  Die rege Einwanderung und der robuste Arbeitsmarkt wirken als Stützen für Büroliegenschaften an exzellenten Orten in der Schweiz.

 

Wohnen im Büro

Das Thema Umnutzung wird aktuell bleiben. «Es besteht die Möglichkeit der Umzonung von Gewerbe zu Wohnzonen, und dies kann man bereits bei einigen Schweizer Immobilienunternehmen beobachten», so Lindauer. «Es gibt spannende Projekte, die Umnutzungslösungen anstreben.» Auch der Faktor Nachhaltigkeit spielt eine zunehmend wichtige Rolle. «Unabhängige Immobilienschätzer bewerten Immobilien mithilfe der Discounted-Cashflow-Methode (DCF)», erklärt Lindauer. «Dabei wird der Marktwert einer Immobilie anhand der Summe der in Zukunft über einen unendlichen Bewertungszeitraum zu erwartenden, auf den Stichtag diskontierten Nettoerträge bestimmt.» Die Diskontierung erfolgt pro Liegenschaft, in Abhängigkeit ihrer individuellen Chancen und Risiken, marktgerecht und risikoadjustiert. «Eine Wohn- oder Geschäftsliegenschaft mit höheren Nachhaltigkeitsmerkmalen hinsichtlich der Wertentwicklung und der zukünftigen Einnahmen wird daher zukünftig besser eingeschätzt.»

Wie es mit der Preisentwicklung weitergehe, hänge von der Entwicklung im Schweizer Transaktionsmarkt ab. «Sollte es dieses Jahr bereits zu Zinssenkungen kommen, würde sich der Abwertungsdruck auf Immobilien entschärfen», sagt Lindauer. «Die Qualität des Portfolios und eine gesunde Finanzierungsstruktur von Schweizer Immobiliengesellschaften haben im derzeitigen Umfeld höchste Priorität.»