Gemäss einer Umfrage des Staatssekretariats für Wirtschaft Seco ist der Anteil der ausschliesslich eigenfinanzierten Unternehmen in der Schweiz zwischen 2016 und 2021 von 62 auf 37 Prozent geschrumpft. Zudem wies jedes zweite KMU einen erhöhten Finanzierungsbedarf aus. Darlehen von Familienmitgliedern, Freunden oder Aktionären haben besonders stark an Bedeutung gewonnen. Auch das Leasing ist wichtiger geworden. Einen Schub hatte es gemäss der Umfrage durch die Covid-19-Pandemie gegeben – der Anteil der eigenfinanzierten KMU ist dadurch weiter gefallen. Für Banken in der Schweiz ist das KMU-Kreditgeschäft attraktiv. Von 2015 bis 2021 ist das Volumen um 28 Prozent auf über 416 Milliarden Franken gestiegen.

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Schweizer KMU sind grundsätzlich sehr gut geführt», sagt Oliver Banz, Leiter KMU Region Zürich bei der Credit Suisse. «Sie haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder schwierige Phasen durchmachen müssen. Auch weil frühzeitig geplant und vorausschauend agiert worden ist, sind die Firmen sehr widerstandsfähig.» Das komme den Firmen auch in der derzeit anspruchsvollen wirtschaftlichen Lage zugute. «Unternehmerinnen und Unternehmer können ihren Finanzierungsbedarf oft selbst gut abschätzen, unter anderem auch, weil sie ihre Auftragsbücher stets im Auge haben», so Banz weiter.

Nicht genutzte Kreditlinien als Reserve

KMU passten sich so jeweils schnell der aktuellen Lage an, planen beispielsweise allfällige Nachfragerückgänge direkt mit ein oder schieben mögliche Investitionen ein wenig hinaus. «Viele KMU haben zudem nicht genutzte Kreditlinien, die sie bei Liquiditätsengpässen in Anspruch nehmen können. Eine Möglichkeit ist auch, eine Hypothek aufzunehmen; und es gibt auch noch alternative Finanzierungsarten wie Factoring oder Leasing.»

Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um mit dem Bankenpartner den Kontakt zu pflegen.

 

Auch wenn die Folgen der Covid-19-Pandemie langsam in den Hintergrund treten – das Makroumfeld mit einer Kombination von teilweise massiv höheren Energiepreisen und drohenden Stromengpässen beeinflusst auch das KMU-Kreditgeschäft. «Wir befinden uns aktuell in einem Umfeld steigender Zinsen, das Geld hat wieder einen Preis. In solchen Zeiten erhalten Unternehmen mit funktionierenden Geschäftsmodellen bessere Finanzierungskonditionen», so Banz. Es gibt indes für umsichtige Geschäftsleitungen Spielräume, die genutzt werden können. «KMU, die ihre Finanzierungskonditionen verbessern möchten, können beispielsweise ihre Eigenkapitaldecke stärken. Eine gute Eigenkapitaldecke ist natürlich nicht nur für die Finanzierungskonditionen vorteilhaft.»

Teure Finanzierung dämpft M&A-Fieber

«Unabhängig von der wirtschaftlichen Lage ist jederzeit ein guter Zeitpunkt, um mit dem Bankenpartner den Kontakt zu pflegen, der fortlaufende Dialog ist sehr wichtig», rät Banz. «Durch den konstanten Austausch können Banken den Unternehmen unter anderem eine Makro-Sicht liefern, sie über aktuelle Trends informieren oder auch einen branchenübergreifenden Einblick ermöglichen.»

Wie beispielsweise zu M&A-Aktivitäten: Vergleichsweise günstige Finanzierungskosten sowie ein starker Schweizer Franken hatten hier laut den Experten des Beratungsunternehmens Deloitte bis zum Sommer für einen Boom vor allem bei ausländischen KMU gesorgt. Umgekehrt übernahmen Interessenten vor allem aus den USA und Deutschland schweizerische KMU. Der Boom der ersten Jahreshälfte dürfte gemäss den Experten bereits wieder abebben: Die Unsicherheiten sind weiter gestiegen, und das ist Gift für KMU-Transaktionen. Die Finanzierung von M&A-Aktivitäten sei teurer und riskanter geworden. Die steigenden Kapitalkosten hätten zudem die Bewertungen vieler KMU reduziert.

Erst ganz am Anfang und damit noch kaum sicht- und spürbar sind die innovativen Finanzierungsformen wie tokenisierte Aktien und Schuldtitel für KMU. An der SME-X, der Handelsplattform der Berner Kantonalbank, ist erst eine tokenisierte Aktie des Spiele-Fintechs Cow Level gelistet. Die Aktie wird lediglich sporadisch gehandelt – zwischen dem 5. September und dem 3. November beispielsweise gab es keinen Abschluss. Die schwache Liquidität hat hier auch einen gewissen Vorteil: Der Aktienkurs bleibt stabil.